„Religion und Glaube“ – so lautet das Motto, das Intendant Michael Lakner der laufenden Saison verpasst hat. Hier geht es nun um einen historischen militärischen Konflikt zwischen Russland (dargestellt durch pelzbemützte Chargen) und der Türkei (im Outfit radikalmuslimischer IS-Kämpfer) und somit auch zwischen Christentum und Islam. Robert Kolar und Regisseur Leonard Prinsloo haben eine Textneufassung des Librettos von Richard Genee und F. Zell alias Camillo Walzel erarbeitet, die manchen erkenntlichen Gegenwartsbezug hervorbringt, aber infolge gelegentlicher Aufwärmung übelster Klischees und bedauerlicher Textundeutlichkeit wenig Mehrwert erzeugt, schreibt Ewald Baringer (Austria Presse Agentur) in seiner Kritik.
Die Titelrolle wird von einer Frau gespielt, die als Hosenrolle einen Mann darstellt, der eine Frau mimt. Daraus ist heutzutage eher wenig an Erotik abzuleiten, auch wenn die Partie mit Bea Robein schauspielerisch wie stimmlich hervorragend besetzt ist. Was an der Fürstin Lydia (Regina Riel meistert die anspruchsvolle Rolle stimmlich respektabel, wird aber kostümmäßig von der sonst fantasievollen Ausstatterin Monika Biegler wenig vorteilhaft ausstaffiert) so begehrenswert erscheint, bleibt ebenso unbegreiflich wie die martialische und doch sentimentale Erscheinung des peitschenknallenden Generals Kantschukoff (Reinhard Alessandrini).
Die aus heutiger Sicht unerträglich dämliche Handlung wird durch Ironie ansatzweise erträglicher. Dazu tragen u.a. Robert Kolar als Sergeant, Robert Herzl als Eunuch und Pope und nicht zuletzt Franz Suhrada als wienerischer Pascha – alternierend mit Rene Rumpold – bei. „Mich fasziniert besonders die Parodie auf den Krieg, gerade in einer Zeit, in der militärische Konflikte omnipräsent waren“, erklärt Prinsloo. „Aber auch das Spiel mit Sexualität und Pikanterie, dass sich wie ein roter Faden durch das Spiel zieht, ist bemerkenswert für diese Zeit.“
Und so kommt es im Finale zum umfassenden Gender-Tausch: Männer in Strapsen, Frauen in Anzügen tanzen über die Bühne. Dazu wandern Skelette als Memento mori über den Hintergrund (Videokonzept: Aron Kitzig). Das allein macht die Chose aber auch nicht prickelnd. Und einmal mehr bestätigt sich die Vermutung, dass es oft schon gute Gründe dafür gibt, warum Raritäten, auch wenn sie einstmals erfolgreich waren, eben Raritäten im Repertoire geblieben sind, berichtet Ewald Baringer (APA) in seiner Premierenkritik.