Politik

„Sozialhilfe neu“ gekippt: Kritik und Jubel

Der Verfassungsgerichtshof bringt ein Prestigeprojekt der gescheiterten ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zu Fall, und zwar Kernpunkte der „Sozialhilfe neu“. Von der ÖVP Niederösterreich heißt es, das Erkenntnis des VfGH sei zu akzeptieren. SPÖ, Grüne und NEOS begrüßen den Entscheid. Die FPÖ übt massive Kritik.

Sowohl die Verknüpfung mit Sprachkenntnissen wie auch Höchstsätze für Kinder sind laut VfGH verfassungswidrig. Im Grundsatzgesetz selbst sieht der VfGH aber keinen unzulässigen Eingriff in die Zuständigkeit der Länder. Zwar sei die Gewährung von Leistungen bei sozialer Hilfsbedürftigkeit „an sich Sache der Länder, der Bund ist jedoch zuständig, auf diesem Gebiet Grundsätze für die Landesgesetzgebung aufzustellen“, hieß es in einer Pressemitteilung am Dienstag.

Der ursprünglichen Vorgabe im Gesetz, dieses bis zum Ende des Jahres umzusetzen, hatten bisher nur Ober- und Niederösterreich Folge geleistet. Der Entscheid habe nun keine unmittelbare Auswirkung, so der VfGH. Zwar könnten die Ausführungsgesetze auch verfassungswidrig sein, hieß es zur APA, solange diese aber durch den VfGH nicht aufgehoben werden, sind sie anzuwenden. Für eine allfällige Aufhebung bedarf es einer neuerlichen Anrufung des VfGH in dieser Frage, denn von sich aus tätig werden die Verfassungshüter grundsätzlich nicht.

„Erkenntnis des VfGH ist zur Kenntnis zu nehmen“

Von der ÖVP Niederösterreich heißt es dazu, dass „das Erkenntnis des VfGH zur Kenntnis zu nehmen“ ist. „Jetzt gilt es abzuwarten, wie sich eine kommende Bundesregierung diesem Thema nähert“, so der ÖVP-Landtagsabgeordnete Anton Erber. „Für uns bleibt der Grundsatz: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein.“

Die FPÖ Niederösterreich bezeichnete es am Dienstag als „grob fahrlässig" die Sozialhilfe nicht an Deutschkenntnisse zu koppeln. „Für Zuwanderer, die schon aus tausenden Kilometern Sozialleistungen riechen, sind mit dem VfGH-Entscheid wieder sämtliche Geldhähne aufgedreht“, so FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer. „Die Österreicher, die arbeiten gehen, etwas leisten und Steuern zahlen, dürfen sich bedanken.“

Der zuständige Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) kündigte gegenüber noe.ORF.at an, dass das Gesetz in Niederösterreich vorläufig ausgesetzt und nicht vollzogen werde. Auch aus der ÖVP heißt es, dass der Landtag tätig werden müsse und das Gesetz angepasst werden soll.

SPÖ, Grüne und NEOS begrüßen Entscheid

Die SPÖ, die Grünen und NEOS Niederösterreich begrüßten den Entscheid hingegen. SPÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl sagte, dass der Entscheid „die Reparatur nach sozialen Gesichtspunkten mit Hauptaugenmerk auf die kleinsten Betroffenen" ermögliche. „Gott sei Dank haben wir in Österreich unsere Gerichte, welche im entscheidenden Moment eingreifen und die Bürgerinnen und Bürger vor den halsbrecherischen Manövern von ÖVP und FPÖ schützen“, so Schnabl. „Ein guter Tag für die Kinderrechte in unserem Land“, sagte SPÖ-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig.

Sehr zufrieden mit der Entscheidung des VfGH zeigte sich auch Silvia Moser, Landtagsabgeordnete und Sozialsprecherin der Grünen. „Niederösterreich hat in vorauseilendem Gehorsam und völlig unnötig bereits im Juni die Ausführungsgesetze zum Sozialhilfegrundgesetz beschlossen und muss sie nun schleunigst ändern. Andere Bundesländer waren klüger und haben die Entscheidung des VfGH abgewartet“, so Moser.

Von NEOS Niederösterreich-Sozialsprecherin Edith Kollermann hieß es am Dienstag: „Die Landesregierung wäre gut beraten gewesen, ein Begutachtungsverfahren durchzuführen und auf die Kritikpunkte von Expertinnen und Experten sowie der Oppositionsparteien im Landtag zu hören.“ NEOS habe bereits bei der Beschlussfassung im Landtag auf die Rechtswidrigkeit verwiesen, so Kollermann.