Sujet Kinder als Einbrecher
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Chronik

Kinder auf Einbruchstour

Seit einigen Jahren nimmt ein Phänomen der organisierten Kriminalität zu: Kinder werden von Familienclans – vorwiegend aus Osteuropa – zu Einbruchstouristen ausgebildet und nach Westeuropa geschickt. Eine eigene Ermittlergruppe für den Osten Österreichs wurde deswegen gebildet und mittlerweile sogar aufgestockt.

Die Kinder sind oft erst zehn Jahre alt, wenn sie erstmals auf Einbruchstour gehen. Von ihren Familienclans ausgebildet, werden sie mit Autos in westeuropäische Länder gebracht, um dort rasch hintereinander mehrere Einbrüche in Häuser zu begehen. Diese Vorgangsweise führte dazu, dass die Polizei seit 2015 europaweit zusammenarbeitet, um des Systems „Kinder-Einbrecher“ Herr zu werden. In Wien wurde 2017 eine Ermittlergruppe des LKA für den gesamten Osten des Bundesgebietes gegründet, die im Jänner 2019 aufgestockt wurde. Ihr Chef ist Andreas Lang.

Dilemma Strafunmündigkeit

Der Maria Anzbacher (Bezirk St. Pölten) berichtet von einem Dilemma, das durch die Jugend der Kriminellen für die Ermittlungen entsteht. Denn unter 14 Jahren ist man nicht strafmündig. Aufgegriffene Kinder-Einbrecher müssen der Jugendwohlfahrt übergeben werden, von wo aus sie problemlos wieder untertauchen können, was sie in der Regel auch tun, so Lang.

160 Akten wurden inzwischen angelegt, 85 junge Täterinnen und Täter ausgeforscht, allerdings nur die Hälfte auch festgenommen. In mehr als 130 Fällen gibt es zwar Hinweise, aber noch keine Identität.

Fotos von Kindern als Einbrechern und von Tatwaffen
ORF/LPD
Die Kinder sind nicht strafmündig und werden der Jugendwohlfahrt übergeben, von wo aus sie wieder untertauchen

Schaden in Millionenhöhe

Die Schadenssumme bewegt sich auf die Millionengrenze zu. Dabei sei die Beute der einzelnen Einbrüche selten sehr groß. Die Gesamtsumme, die sich aus den vielen Einbrüchen ergebe, mache es aus, betont Hans-Peter Seidl von der Abteilung Einbruchsdiebstähle im Bundeskriminalamt.

Schwerpunkte dieser kriminellen Aktivitäten sind die Städte und hier vor allem Wien und sein Umfeld. Etwa ein Fünftel entfällt auf Landgemeinden, meist in unmittelbarer Nähe von Autobahnen.

Die Kinder-Einbrecher seien nur kurz in einem Land und würden nach getaner „Arbeit“ gleich wieder ins nächste weitergebracht. Seidl berichtet von intensiven Kontakten in zahlreiche westeuropäische Länder, mit deren Polizei-Datenbanken die Spuren der Einbrüche in Österreich abgeglichen werden.

Verdächtige Kinder melden

Gruppenleiter Andreas Lang mahnt zur Vorsicht: „Sollten unbekannte Kinder sich längere Zeit in der Nähe oder in Häusern aufhalten und sich verdächtig benehmen, so sollte man nicht zögern, die Polizei über 133 zu rufen. Man kann natürlich nicht alle Kinder unter Verdacht stellen, aber oft ist es wichtig, solche Beobachtungen abzuklären.“ Und noch eines sei klar, so Lang: Die Kinder seien nicht nur Täter, sondern eigentlich Opfer einer kriminellen Organisation – nicht selten der eigenen Eltern.