Mädchen schreibt etwas in ein Heft
Pixabay / picjumbo_com
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Bildung

NÖ ist Hochburg des Hausunterrichts

547 Pflichtschulkinder in Niederösterreich besuchen derzeit keine öffentliche Schule. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ hervor. Niederösterreich ist damit Spitzenreiter beim Hausunterricht.

Seit Einführung der Schulpflicht unter Maria Theresia darf jeder und jede die eigenen Kinder auch zuhause unterrichten – dafür braucht es keine pädagogische Ausbildung, sondern es ist lediglich eine fristgerechte Meldung bei der Bildungsdirektion zu Schulbeginn notwendig. Ähnlich ist es auch, wenn Kinder eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht besuchen. Die Schulbehörde darf den Hausunterricht nur dann untersagen, „wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die … Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist“. In Niederösterreich war das im aktuellen Schuljahr nur zwei Mal der Fall, heißt es.

Hohe Erfolgsquote in Niederösterreich

Jene Kinder, die zuhause unterrichtet werden, müssen jedoch von der 1. Klasse Volksschule bis zum Ende der Pflichtschulzeit – nach der 9. Schulstufe – am Ende des Schuljahres an einer „normalen“ Schule eine Externistenprüfung über den Unterrichtsstoff absolvieren. Schaffen die Kinder diese Externistenprüfung nicht, müssen sie die Schulstufe im darauffolgenden Jahr an einer öffentlichen Schule wiederholen. Auffällig ist, dass Niederösterreich mit knapp 550 Kindern zwar Hochburg des Hausunterrichts ist (im etwa gleich schülerstarken Oberösterreich sind nur knapp 200 Kinder dafür angemeldet; in Wien etwas weniger als 300), die Erfolgsquote bei der jährlichen Prüfung hier aber im Schuljahr 2018/19 im Schnitt bei 95,3 Prozent lag.

In Österreich stecke die Entwicklung des Hausunterrichts im internationalen Vergleich noch in den Kinderschuhen und sei primär ein Thema in bildungsbürgerlichen Familien, die die Pflichtschulzeit in der Regel im Hausunterricht auch schaffen würden, sagt Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann von der Universität Wien. Der Bildungswissenschaftler sieht den Hausunterricht allerdings kritisch: Man nehme den Kindern dadurch die wichtige Schulerfahrung weg, denn wo sonst solle man lernen, mit Menschen auszukommen, so Hopmann. Das sei auch demokratiepolitisch wichtig. Noch problematischer stuft er einige private Schulen mit teilweise „ideologisch irrwitzigen Veranstaltungen“ ein. Organisierter häuslicher Unterricht in Form von Vereinen sei jedoch grundsätzlich verboten, sagt Anita Weber, Pressesprecherin im Bildungsministeriums.

Politisches Thema nach Tod einer 13-Jährigen

Auch politisch war der Hausunterricht zuletzt ein Thema: Nach dem Tod eines 13-jährigen Mädchen aus einer streng-religiösen Familie im Bezirk Krems, die ihre Kinder zuhause unterrichtet hatte, forderte die SPÖ im Parlament „eine dringende Reformierung der gesetzlichen Vorhaben.“ Die jährliche Externistenprüfung als alleinige Bedingung für Hausunterricht trage als „geschlossenes System ein Gefährdungspotenzial in sich“, so die SPÖ. Das Bildungsministerium will das Schulpflichtgesetz grundsätzlich ändern. Auf die Frage von SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid, ob eine Änderung des derzeitigen Schulpflichtgesetzes geplant sei, heißt es in der parlamentarischen Beantwortung allerdings nur „Ja“. Änderungen beim häuslichen Unterricht finden sich nicht explizit im Regierungsprogramm.