Portrait von Ludwig von Köchels
Wikipedia/ Quelle unbekannt
Wikipedia/ Quelle unbekannt
Kultur

Köchel: Ein Verzeichnis geht um die Welt

Wo auch immer auf der Welt eine Komposition Wolfgang Amadeus Mozarts erklingt, schwingt ein Name mit: Ludwig Ritter von Köchel. Denn nach wie vor bestimmt seine Ordnung der Mozart-Werke, das Köchel-Verzeichnis (KV), die Durchnummerierung der Kompositionen. Vor 220 Jahren kam Ludwig Köchel in Krems-Stein zur Welt.

Eingebettet in das prachtvolle Ensemble historischer Gebäude steht das weiß getünchte Köchel-Haus: Doch hier wurde er nicht geboren, der weltberühmte Ludwig Ritter von Köchel, wie die Tafel links vom Eingang irrtümlich besagt. Dessen Eltern haben hier, im Mazzetti-Haus vier Jahre lang gewohnt. Geboren wurde der berühmte Sohn am 14.1.1800 ein paar Häuser weiter, im großen Passauerhof, einem Haus mit prächtigem Innenhof aus dem 13. Jahrhundert.

Sein Vater Johann Georg Köchel war Gutsverwalter des Bistums Passau für die Wachau. Die beiden Kremser Severin Endelweber und Manfred Permoser haben für Interessierte eine virtuelle Köchel-Promenade für Krems-Stein mit Musikbeispielen zusammengestellt, um Aufklärung in der Causa Köchel zu leisten.

Köchel Haus
ORF
Köchels Geburtshaus, der Große Passauerhof

Wie es zu der Verwechslung, die bis heute unzählige Touristen und Besucher der Steiner Altstadt in die Irre führt, gekommen ist, erklärt Manfred Permoser, Wissenschafter der Musikuniversität Wien: „Das ist, wenn man so möchte, einem historischen Irrtum geschuldet. Der Theologe und Heimatforscher Anton Kerschbaumer glaubte zu Ende des 19. Jahrhunderts, das Geburtshaus Köchels gefunden zu haben. Was er nicht bedachte, war, dass sich die Konskriptionsnummern, also die Hausnummern, im Laufe der Jahre geändert haben und immer wieder neu verteilt wurden.“ In der Straße gibt es in Krems/Stein ein weiteres Wohnhaus der Familie Köchel. Genug also, um für Verwirrung und das eine oder andere falsche Schild zu sorgen.

Portrait von Ludwig von Köchels
Wikipedia/ Quelle unbekannt
Ludwig Ritter von Köchel

Anregung stammt von einem Steiner Arzt

Mit vollem Namen heißt der berühmte Steiner Bürger Ludwig Alois Friedrich Ritter von Köchel und sein Verzeichnis aus dem Jahr 1842: „Chronologisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amadeus Mozart’s. Nebst Angabe der verloren gegangenen, angefangenen, übertragenen, zweifelhaften und unterschobenen Compositionen desselben.“ Dieser lange Titel zeigt, dass Köchel durchaus selbstkritisch und mit notwendiger Distanz an seine Arbeit herangetreten ist. Sein Verzeichnis bietet somit bereits die Ansätze einer kritisch-historischen Werkausgabe und hat vielleicht auch deshalb mehr als eineinhalb Jahrhunderte wissenschaftlicher und praktischer Auseinandersetzung überstanden. 626 Werke sind im Köchel-Verzeichnis (KV) versammelt.

Man kann Köchels Arbeit nicht hoch genug schätzen, auch wenn es von Leopold Mozart Vorarbeiten gab und Wolfgang Mozart selbst ab Februar 1784 ein „handschriftliches Verzeichnüss aller meiner Werke“ führte. Dieses „Verzeichnüss“ blieb aber unvollständig, und so war es Köchel, der als erster den Versuch unternahm, eine komplette Auflistung herauszubringen. Die Anregung zu seinem Lebenswerk verdankt Köchel dem gleichfalls aus Stein an der Donau stammenden Arzt und Schriftsteller Franz Lorenz. Dieses Unterfangen begann Köchel in Zeiten langer Postkutschenfahrten und Jahren, in denen man auf Briefe und Pakete oft mehrere Wochen warten musste. Die hohen Bücher der heute verwendeten Mozart-Gesamtausgabe, die auf Köchel zurückgeht, ergeben aneinander gereiht rund eineinhalb Meter.

Haus
ORF
Das Mazzetti-Haus, hier haben Köchels Eltern vier Jahre gewohnt

Trotz Veränderungen bleibt Köchels Verzeichnis die Basis

Ab der dritten Auflage aus dem Jahr 1937 wurden die Nummern etlicher Werke geändert. Besonders viele Umstellungen brachte die sechste Auflage aus dem Jahr 1964 von Franz Giegling, Gerd Sievers und Alexander Weinmann. Mit diesen Änderungen wurden neue Erkenntnisse über die Chronologie der Werkentstehung und den Zusammenhang einzelner Werke berücksichtigt. Außerhalb der Wissenschaft, heißt es, haben sich diese Änderungen nicht durchgesetzt. Musikverlage, Konzertveranstalter, Autoren populärer Handbücher und die Musikindustrie verwenden nach wie vor Köchels ursprüngliche Nummerierung. Oftmals werden auch beide Nummerierungen angegeben, so etwa beim Werk KV 110 (KV6 75b).

1993 beauftragte der Verlag Breitkopf & Härtel ein Expertenteam unter der Leitung des US-amerikanischen Musikwissenschaftlers Neal Zaslaw mit der Erarbeitung einer Neuausgabe des Köchel-Verzeichnisses. Die Arbeit sei als Manuskript abgeschlossen, ist dazu auf Wikipedia zu lesen, und soll in deutscher Sprache in Buchform erscheinen. Ein Erscheinungstermin ist aber noch nicht bekannt.