Programmpräsentation im Cafe Landtmann
ORF / Novak
Festspiele Reichenau
Kultur

Reichenau mit Doderer statt Schnitzler

Die Festspiele Reichenau gehen heuer manche neue Wege. Fixstarter der vergangenen Jahre wie Joseph Lorenz fehlen im Ensemble und auch Stücke von Arthur Schnitzler sucht man vergeblich. Stattdessen stehen unter anderem drei Romanadaptionen von Henry James, Heimito von Doderer und Joseph Roth auf dem Programm.

Mit neuen Impulsen wollen Renate und Peter Loidolt, das Intendantenpaar der Festspiele Reichenau, in die 2020er-Jahre starten. Es gehe um das Brechen mit einigen Gewohnheiten und um Chancen für neue Schauspieler.

Es ist die erste Saison in Reichenau, die vollständig ohne den im letzten Jahr verstorbenen Peter Matic geplant wurde. Hauptrollen werden auch an Schauspieler vergeben, die bisher noch nie in Reichenau waren, und einige Schauspielerinnen kehren nach langen Pausen zurück. „Veränderungen tun weh, aber sie müssen sein, wenn man so viele Jahre wie wir Festspielprogramm macht“, sagte Renate Loidolt bei der Präsentation der neuen Saison im Wiener Cafe Landtmann.

Szene aus „Arme Reiche Erbin“
Festspiele Reichenau
Maria Happel und Daniel Jesch in „Arme Reiche Erbin“

Der Auftakt erfolgt dieses Jahr am 3. Juli mit „Arme Reiche Erbin“. Stefan Slupetzky adaptierte Henry James’ Roman „Washington Square“ aus dem Jahr 1881 für die Bühne in Reichenau. Das Stück ist Teil der Reihe über „Frauenschicksale in der Weltliteratur“. Darin zu sehen sein werden unter anderem Wanda Worch und Daniel Jesch, die schon im Vorjahr als Paar in der Adaption von „Die Schönen und Verdammten“ auftraten. Maria Happel kehrt dafür zurück nach Reichenau und führt nicht nur Regie, sondern ist auch auf der Bühne zu erleben.

Neues auch bei Hauptrollen

Einen Tag später ist die Premiere von Carl Zuckmayers Drama „Des Teufels General“ geplant, das zur Zeit des Nationalsozialismus spielt. Für Regisseur Hermann Beil ist es bereits die elfte Inszenierung in Reichenau: „Es ist immer eine relativ kurze Probenzeit. Man quatscht nicht herum, sondern probiert und erfindet und kommt zusammen. Das Schöne ist, dass man sich jedes Jahr neu begegnet, natürlich auch mit neuen Schauspielern.“ Ein neuer Schauspieler übernimmt auch gleich die Titelrolle: der deutsche Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Marcus Bluhm.

Szene aus „Des Teufels General“
Festspiele Reichenau
Für Marcus Bluhm (Mitte) wird es eine Reichenau-Premiere

Johann Nestroy steht am 5. Juli im Neuen Spielraum am Programm – genauer gesagt sein Stück „Umsonst“, das er 1856 in Reichenau schrieb. 2003 wurde es hier auch bereits aufgeführt. Regie führte damals wie heute Michael Gampe. Teil des Ensembles sind heuer neben Toni Slama auch Alina Fritsch, David Oberkogler und Nicolaus Hagg.

Heimito von Doderer zurück in Reichenau

Letzterer hat auch Heimito von Doderers letzten und weniger bekannten Roman „Die Wasserfälle von Slunj“ für die Bühne adaptiert. Bereits zweimal hatte er Werke des Autors bearbeitet, zuletzt „Dämonen“. „Ich glaube, dass Doderer sehr früh erkannt hat, dass Romane wie Drehbücher, wie große Hollywoodschinken geschrieben sind, mit dieser unendlich fantastischen Sprache“, sagte Hagg gegenüber noe.ORF.at. Das neueste Stück, das im Wien vor dem Ersten Weltkrieg spielt und von einer Industriellenfamilie handelt, wird in Reichenau erstmals am 6. Juli aufgeführt. Neben Günter Franzmeier, der eine Hauptrolle übernimmt, ist darin auch etwa wieder Mercedes Echerer zu sehen. Die Regie übernimmt Beverly Blankenship.

Szene aus „Geschichte der 1002. Nacht“
Festspiele Reichenau
Alina Fritsch und Sascha Oskar Weis in „Die Geschichte von der 1002. Nacht“

Die letzte Premiere findet schließlich am 11. Juli statt. Intendantin Renate Loidolt zeichnet für die Bearbeitung und teilweisen Inszenierung von Joseph Roths „Die Geschichte von der 1002. Nacht“ verantwortlich. Als Teil der Reihe „Literatur in Szene“ wird zum Teil gelesen, zum Teil gespielt. Einmal mehr ist darin Alina Fritsch zu sehen, diesmal als Mizzi Schinagl, die als Wienerin eine Nacht mit dem Schah von Persien verbringt.

Komplettiert wird die heurige Festspielsaison mit einem Klavierkonzert von Oleg Maisenberg. In einer Matinee spielt er am 19. Juli Stücke von Franz Schubert. 15.000 Karten sind bereits jetzt weg, der allgemeine Kartenvorverkauf für alle Veranstaltungen in Reichenau beginnt am 20. Februar. Laut Intendant Peter Loidolt wird man in dieser Saison in Reichenau wohl die millionste Karte verkaufen „und das zeigt schon, das wir über 32 Jahre das Publikum und die Künstler für uns gewinnen konnten.“ Ans Aufhören denken er und seine Frau übrigens noch länger nicht. Die Saison 2021 werde schon geplant, hieß es bei der Programmpräsentation.