Thomas Tost aus St. Pölten weiß, wie es ist, auf ein lebensrettendes Organ zu warten. Ihm wurde eine Spenderlunge implantiert. „Ich habe natürlich für die deutschen Patienten gehofft, dass die Entscheidung auch in Richtung Widerspruchslösung, wie in Österreich, geht, aber es ist eine demokratische Entscheidung, die zu respektieren ist“, sagt Tost. Aufgrund einer chronischen Krankheit litt er seit seiner Kindheit an zahlreichen Entzündungen, die seine Lunge zerstörten.
Zweieinhalb Monate wartete er damals auf das Organ. Das ist jetzt 15 Jahre her. Er erinnert sich: „Es hat sowas unrealistisches, wenn man hört, man steht jetzt auf der Warteliste für ein Organ. Nach der Transplantation wird man munter und sobald die Schmerzen weniger werden und man wieder in das normale Atmen hineinkommt, ist es ein unglaubliches Gefühl.“
Keine Folgen für Österreicher auf Warteliste
In Österreich ist jeder Bürger Organspender, der sich nicht ins sogenannte Widerspruchsregister eintragen lässt. Diese Regelung gilt in 20 EU-Staaten. Eine Auswirkung auf heimische Patienten hat die deutsche Ablehnung der Widerspruchsregelung nicht, sagt Niederösterreichs Transplant-Beauftragter Christoph Hörmann, Leiter der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum St. Pölten.
Eurotransplant, die Vermittlungsstelle für Organspenden von acht EU-Staaten, sorgt für eine gerechte Vergabe von Spenderorgane innerhalb der Organisation. „Eurotransplant stellt sicher, dass die Anzahl der Organe, die in Österreich während des Jahres entnommen werden, gleich der Anzahl der implantierten Organe ist. So gesehen wird die Entscheidung Deutschlands auf österreichische Patienten auf der Warteliste keinen direkten Einfluss haben“, sagt Hörmann.
Um die Hälfte weniger Spender in Deutschland
In Deutschland muss man einer Organspende zu Lebzeiten explizit zustimmen. Daher stehen deutlich weniger Organe zur Verfügung. „In Österreich haben wir im Jahr durchschnittlich 20 bis 25 Spender pro Million Einwohner, in Deutschland ist es ungefähr die Hälfte. Das heißt speziell für die Patienten, die eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz haben, dass sich die Wartezeit mehr als verdoppelt. Es sterben aufgrund der Wartezeiten auch mehr Menschen auf der Warteliste“, gibt Hörmann zu bedenken.
Schwierig sei das Thema Organspende häufig für Hinterbliebene. Der Hirntod wird von zwei unabhängigen Ärzten, die nichts mit der Transplantation zu tun haben, nach streng festgelegten Richtlinien diagnostiziert. Sollten die Angehörigen berichten, dass der Verstorbene sich zu Lebzeiten gegen eine Organspende ausgesprochen hat, wird darauf Rücksicht genommen – auch wenn kein Eintrag im Widerspruchsregister vorliegt, sagt Hörmann.
Der Betroffene, Thomas Tost, rät daher, sich mit der Frage zu beschäftigen: „Ich bin ein rational denkender Mensch. Ein Toter braucht seine Organe nicht mehr. Es ist natürlich schwierig, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Ich würde jedem empfehlen, mit Angehörigen zu besprechen, ob man Organe spenden möchte.“