Die Warnliste des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) wird laufend länger. Wer einen Kredit nicht regelmäßig bedienen kann, das Konto massiv überzieht oder den Kreditrahmen sprengt, findet sich dort wieder. Vor fünf Jahren kamen im Jahr 13.000 neue Einträge hinzu, 2019 waren bereits 20.000. Mittlerweile ist jeder zweite gelistete Mensch jünger als 35 Jahre alt, so Gerhard Wagner vom KSV.
Der Anteil junger verschuldeter Frauen steigt besonders
In der Schuldnerberatung Niederösterreich kann man den Trend zu immer höheren Schulden bestätigen. Die männlichen Klienten unter 25 Jahren hatten 2019 im Durchschnitt 28.000 Euro Schulden, im Jahr 2016 waren es noch 20.000 Euro.
„Die Männer sind schon noch in der Überzahl, aber die jungen Frauen holen leider sehr stark auf“, erklärt Michael Lackenberger, der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, gegenüber noe.ORF.at. Betrugen die Schulden junger Frauen unter 25 im Jahr 2016 im Durchschnitt 16.059 Euro, so stiegen sie jedes Jahr um rund 2.000 Euro auf zuletzt 23.014 Euro.
Konsumverhalten neue Hauptursache für Überschuldung
Laut KSV sind es traditionell vor allem junge Großstädter, die sich durch überbordendes Konsumverhalten verschulden. Diese Entwicklung ist nun auch am Land angekommen. Michael Lackenberger ergänzt: „Wir hatten bisher immer Jobverlust oder Einkommensverschlechterung als Hauptverschuldungsursache. Im Vorjahr war es erstmalig das Konsumverhalten. Wir merken in der Beratung, dass sich Jugendliche bis 25 hauptsächlich durch Konsumkredite verschulden.“
Onlinebestellungen tragen zur schwierigen Situation bei, heißt es bei der Schuldnerberatung. Zudem verliere Sparen bei jungen Menschen zunehmend an Bedeutung. Lackenberger kritisiert, dass Banken nach wie vor Kredite viel zu leicht an junge Menschen vergeben würden. Hinzu komme noch die psychologische Ebene. Seit einigen Jahren werde die individualisierte Werbung immer aggressiver und perfider, die auf Tablets, Mobiltelefonen und Computern an das jeweilige Nutzungsverhalten angepasst aufscheint. Der Konsumdruck steige und Junge seien besonders gefährdet, dem Druck nicht standhalten zu können, heißt es in der Schuldnerberatung Niederösterreich.
Umgang mit Geld im Schulunterricht verankern
Eines lässt sich für alle Schuldnerinnen und Schuldner statistisch festmachen. Je geringer der Bildungsabschluss, desto größer ist der Gefährdungsgrad. Während beispielsweise Akademiker nur 3,4 Prozent der Klienten der Schuldnerberatung ausmachen, so sind dies bei Menschen mit Lehrabschluss 46,9 und bei Pflichtschulabschluss 41 Prozent.
Deshalb fordern der KSV und die Schuldnerberatung Niederösterreich, dass bereits Schulkinder den richtigen Umgang mit Geld lernen sollten. Es brauche mehr praxisorientierte und projektbezogene Vermittlung des Umgangs mit den eigenen Finanzen. Der KSV bietet regelmäßig Veranstaltungen an Schulen an. Bei der Schuldnerberatung gibt es dafür den Kurs „NÖ Finanz Card“ für Kinder und Jugendliche. In dem fünfstufigen Programm, so Lackenberger, lernen Kinder und Jugendliche einen Haushaltsplan zu erstellen, Fallen in Verträgen zu erkennen und verführerische Produktplatzierungen online sowie verlockende Preisgestaltungen im Handel zu durchschauen.