Ein Mann geht mit Einkaufstüten über eine Straße.
APA/dpa/Martin Gerten
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Wirtschaft

Onlineshops: Heimischer Handel im Umbruch

Ob im Geschäft oder über den Onlineshop: Es wird mehr gekauft. Der Online-Verkauf wächst aber viel schneller als der stationäre Handel. Das stellt heimische Unternehmen vor Herausforderungen. In St. Pölten wurde nun über Unterstützungsmöglichkeiten diskutiert.

Kleidung, Elektronik und Bücher – diese Produkte sind die Bestseller im Online-Geschäft. Von 2016 bis 2019 gaben Österreicherinnen und Österreicher etwa 17 Prozent mehr Geld für Online-Einkäufe aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der „KMU Forschung Austria“. Der Handel in den niedergelassenen Geschäften wächst auch – nur nicht so stark. 2018 und 2019 lag der Anstieg bei etwa einem Prozent. Dieses Plus kommt vor allem von Einkäufen in Baumärkten, Parfümerien und über den Lebensmittelhandel.

Online einkaufen als Bestandteil des Alltags

Kleiner Händler gegen großen Konzern – so einfach ist es nicht, sagt Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts. Große Online-Plattformen seien keine Händler, sondern IT-Unternehmen, die im großen Stil Daten sammeln und mit deren Verkauf Geld verdienen. Heimische Händler sollten sich damit nicht vergleichen, so Gatterer. Er hielt beim Diskussionsabend in St. Pölten eine Keynote zum Thema. Sein Zukunftsinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main und in Wien beschäftigt sich mit Konsumtrends.

2019 kauften etwa 4,4 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich Einzelhandelswaren in Onlineshops oder über Online-Plattformen ein. Dem Onlinehandel die Schuld zu geben, sei nicht die Lösung: „Wir alle sind aufgewachsen, die Welt so einzuteilen. Dieses ‚Entweder-oder‘ ist nicht mehr die Welt, in der wir leben, aber so schauen wir hin. Entweder stationär oder online – nein, wir sind real-digital. Das ist unsere Welt. Wir können das nicht mehr trennen“, sagte Gatterer bei seiner Keynote.

Zukunftsforscher Harry Gatterer, Februar 2020 St. Pölten
ORF
Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts: Der Onlinehandel sei nicht das Problem, sondern wie damit umgegangen wird

Wettbewerb mit unterschiedlichen Bedingungen

Für die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) eines der größten Probleme: 56 Prozent der Online-Einkäufe gehen ins Ausland. Sie fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen. „Wettbewerb beflügelt, aber wir verlangen eine Unterstützung, dass hier diese Verzerrungen, die beachtlich sind, wegkommen“, sagte Sonja Zwazl, Präsidentin der WKNÖ. Bei Abgaben und Gebühren seien österreichische Händler gegenüber der Konkurrenz aus dem Ausland oft benachteiligt.

„Diese Riesenkonzerne zahlen 9,2 Prozent Steuern. Unsere Unternehmen zahlen 23 Prozent Steuern. Das kann es nicht sein. Das werden wir nicht schaffen, auch wenn wir die kreativsten Köpfe und Unternehmer haben. Da braucht es fairen Wettbewerb“, so Wolfgang Ecker, Landesgruppen-Obmann des Wirtschaftsbundes Niederösterreich und Spitzenkandidat bei der bevorstehenden Wirtschaftskammer-Wahl.

Diskussion „Handel im Umbruch“ mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft
ORF
Vertreter der Politik, der Wirtschaftskammer, des Gemeindebundes und des Handelsverbandes skizzierten Handlungsmöglichkeiten

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will brachte bei der Diskussion die Mietvertragsgebühr ins Spiel. Wenn Händler ein Geschäftslokal mieten, müssen sie Gebühren für den Vertrag zahlen. Meist für einige Jahre in die Zukunft, wie Will bei der Diskussion kritisierte: „Wir sind davon überzeugt, dass die Einhebung einer Gebühr nicht mehr zeitgemäß ist und im Hinblick auf die fehlende staatliche Gegenleistung nicht gerechtfertigt.“

Folgen für Ortskerne

„Diese Mietvertragsgebühr kann ganz schnell abgeschafft werden, wo wir dem stationären Handel wirklich einige tausend Euro sparen und was letztendlich ein Stück mehr an Wettbewerbsfähigkeit ist“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei der Veranstaltung. Sie betonte auch, dass der Druck auf kleine Geschäfte Konsequenzen für die Infrastruktur in einem Ort hat: „Es verödet der gesamte Stadtkern und es fällt der Ort der Begegnung weg – eben, dass man sich am Dorf- oder am Stadtplatz begegnet. Darüber hinaus gehen natürlich auch Arbeitsplätze verloren.“

Um dem entgegenzuwirken, plädierte Harry Gatterer dafür, die heimischen Konkurrenten als Partner zu sehen. „Diese Technologien sind für einen kleinen Händler zu groß. Das kann man nicht schaffen“, so der Zukunftsforscher. Wenn viele kleine Händler hingegen zusammenarbeiten, könnten sie die Technologien gemeinsam zu ihrem Vorteil nutzen.