Gericht

Haftstrafe für Verkauf von Aufenthaltstiteln

Am Landesgericht Wiener Neustadt ist ein 56-jähriger Beamter zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er soll Aufenthaltstitel an Asylsuchende verkauft haben. Neben dem Hauptangeklagten waren 50 weitere Personen beschuldigt.

Über drei Stunden dauerte die Urteilsverkündung im Schöffenprozess am Landesgericht Wiener Neustadt. Dem mittlerweile suspendierten Beamten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurden Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit vorgeworfen. Der Niederösterreicher muss Gerichtsangaben zufolge zweieinhalb Jahre in Haft.

Beamter verfügte über notwendige EDV-Rechte

Der Hauptbeschuldigte arbeitete laut Anklage bis September 2016 als Beamter im Koordinationsbüro des BFA in der Außenstelle Traiskirchen. Der Geschäftsverteilung nach war der Mann zwar für die Bearbeitung von Aufenthaltsakten nicht unmittelbar zuständig, er verfügte aber über alle Berechtigungen – insbesondere jene in der EDV. Die eingeräumte Befugnis soll der 56-Jährige ausgenutzt haben, indem er ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Aufenthaltstitel nach dem Asylgesetz erteilte.

Die Zweitangeklagte – sie soll dem Beamten die Asylsuchenden vermittelt haben – wurde zu 21 Monaten, 16 davon bedingt, verurteilt. Für einen Aufenthaltstitel verlangten die beiden bis zu 8.000 Euro. Insgesamt sollen so etwa 82.000 Euro zusammengenkommen sein. Die Vorwürfe wurden im April 2017 öffentlich.

51 Angeklagte, 51 Verteidiger, vier Dolmetscher

Bei einer Hausdurchsuchung wurden in der Wohnung des Erstangeklagten Akten mit den entsprechenden Aufenthaltstitel-Anträgen gefunden. Für den Verbleib dieser Schriftstücke in der Privatwohnung gab es laut Staatsanwaltschaft „keine dienstliche Notwendigkeit“. Es sei daher naheliegend, dass der Mann die Akten „im Wissen um die Unrechtmäßigkeit seiner Handlungen“ vor dem Zugriff von Kollegen oder der Dienstaufsicht „verbergen wollte“.

Der Prozess startete am 9. Oktober 2019, neben dem 56-Jährigen und der Bosnierin waren 49 weitere Beschuldigte angeklagt – die Personen sollen großteils Aufenthaltstitel vom Niederösterreicher erhalten haben. Zwei Angeklagte sollen Vermittler gewesen sein. Einer von ihnen, der Drittangeklagte, wurde mit 21 Monaten teilbedingt bedacht. Die Verfahren gegen die übrigen Personen endeten Gerichtsangaben zufolge mit bedingten Haftstrafen im Bereich von zehn bis 16 Monaten. Vereinzelt habe es auch Freisprüche gegeben.