Ein Blick auf die Regierungsbank im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates zum 3. Corona-Gesetzespaket im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg
APA/ROBERT JÄGER
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Coronavirus

Drittes Coronavirus-Paket schützt Mieter

Der Nationalrat hat am Freitag auch Erleichterungen und einen Schutz für Mieter beschlossen. noe.ORF.at hat mit dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich über die neuen Rechte und Pflichten gesprochen.

Wer aufgrund der Coronavirus-Krise von Kurzarbeit oder Jobverlust betroffen ist und deshalb die Miete nicht mehr bezahlen kann, muss keine Delogierung oder Vertragskündigung befürchten. Mieterinnen und Mieter haben bis 31. Dezember Zeit, die Mietrückstände zurückzuzahlen. Das sind kurz zusammengefasst die wesentlichsten Punkte, die das neue Coronavirus-Paket in Sachen Miete vorsieht.

Schutz nur bei Mietrückständen von April bis Juni

Zu beachten ist dabei allerdings vor allem, dass nur Mietrückstände für die Monate April bis Juni 2020 geschützt sind, betont Michael Schwarz, Präsident der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich: „Wenn Sie einen Mietzinsrückstand aus März haben, oder vielleicht später aus Juli oder August, hilft ihnen dieses Gesetz nicht.“

Wer bis Juni in Zahlungsrückstand gerät und erst im Juli wieder Miete zahlt, sollte außerdem darauf achten, dass auf dem Zahlschein auch tatsächlich vermerkt ist, dass der bezahlte Betrag die Juli-Miete ist. „Sonst würde das nämlich auf den April verbucht werden und Sie wären den Juli ausständig“, so Schwarz. Und damit „hätten Sie wieder einen Kündigungsgrund gesetzt“.

Heranziehen der Kaution nicht zulässig

Wird die Miete für April bis Juni nicht bezahlt, kann diese bis Ende des Jahres nicht bei Gericht eingeklagt werden. Außerdem dürfen Mieterinnen und Mieter nicht aus Gründen des Mietzinsrückstandes gekündigt werden. Interessant dabei sei, dass eine Kündigung aus diesem Grund bis Ende Juni 2022 nicht möglich sei, so Schwarz: „Das heißt der Gesetzgeber geht davon aus, in den nächsten zwei Jahren haben Sie alle Folgen aus der Coronakrise überwunden und können auch die letzten Rückstände zahlen.“

Ebenfalls ausgeschlossen sei, dass die Mietrückstände durch die Kaution aufgerechnet werden indem der Vermieter diese heranziehe, so Schwarz, denn „damit würde ein neuer Rückstand entstehen, weil Sie manchmal auch die Kaution auffüllen müssen.“ Sämtliche Regelungen gelten allerdings nur für die eigene Wohnung und etwa nicht für Geschäftsräume.

Michael Schwarz, Präsident der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, in seiner Kanzlei
ORF
Michael Schwarz, Präsident der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, rät dazu, bei Zahlungsschwierigkeiten auf jeden Fall das Gespräch mit seinem Vermieter zu suchen

Mieter muss Schaden durch Pandemie nachweisen

Darüber hinaus müssen Mieterinnen und Mieter, die in Zahlungsverzug geraten, auch nachweisen, dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit tatsächlich aufgrund der Pandemie beeinträchtigt wurde. „Wenn Sie etwa ein Beamter sind, dessen Einkommen völlig unverändert ist, werden Sie sich auf diesen Grund nicht berufen können. Wenn Sie ein Selbständiger sind, etwa ein Frisör oder ein Psychotherapeut, dessen Einnahmen weggebrochen sind, genau dann können Sie sich auf diese Bestimmung berufen“, so Schwarz.

Außerdem sieht das Gesetz vor, dass Räumungsexekutionen auf Antrag der Mieterinnen und Mieter für bis zu sechs Monate aufgeschoben werden. Hier gebe es allerdings auch eine Interessensabwägung zwischen dem Mieter und dem Vermieter, so Schwarz: „Das heißt das Gericht muss bei der Beurteilung des Aufschubantrages beurteilen, wer braucht die Wohnung dringender. Es kann durchaus sein, dass der Vermieter in diesem Fall die Wohnung dringender benötigt als der Mieter und dann würde die Räumung nicht aufgeschoben werden.“

Mehr Flexibilität bei Verlängerung von Mietverträgen

Das Coronavirus-Paket umfasst außerdem eine Lösung für Mietverträge, die während der Coronavirus-Krise enden. Wer einen befristeten Mietvertrag hat, der nun auslaufen würde, sollte auf jeden Fall mit seinem Vermieter sprechen, rät Schwarz, denn „der Vermieter hat die Möglichkeit, Ihnen eine Mietvertragsverlängerung zu gewähren, die kürzer ist als die sonst notwendigen drei Jahre.“

Mieter und Vermieter können somit einvernehmlich eine Verlängerung vereinbaren, „ohne dass der Vermieter Gefahr läuft, dass daraus ein unbefristeter Mietvertrag entsteht“, so Schwarz. Das schütze einerseits den Vermieter vor „einem neuen unbefristeten Vertrag“, aber auch den Mieter, weil dieser „eine kürzere Verlängerung mit seinem Vermieter aushandeln kann“. Der Experte geht davon aus, dass auch die Vermieterinnen und Vermieter daran interessiert seien, dass die Mieterinnen und Mieter bleiben, „weil man in Zeiten der Pandemie sehr schwer neue Mieter finden wird“.

In jedem Fall rät der Anwalt dazu, mit seinem Vermieter zu sprechen. „Vielleicht gibt es ein weiteres Entgegenkommen, vielleicht kommt er Ihnen bei der Miethöhe entgegen. Das ist alles möglich und das sollte man nicht unversucht lassen.“