Am 3. Juli hätten die Festspiele Reichenau mit der Premiere von „Arme reiche Erbin“ (Henry James/Stefan Slupetzky) in die Saison starten sollen. Heuer gibt es aber zum ersten Mal seit 1988 in Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) einen Sommer ohne Festspiele.
Eingeschränkte Vorbereitung und ungewisse Durchführung
Nach dem seit Montag geltenden Veranstaltungsverbot bis Ende Juni gab das Intendantenpaar, Renate und Peter Loidolt, Dienstagmittag bekannt, dass alle für heuer geplanten Produktionen auf nächstes Jahr verschoben werden. In einer Aussendung heißt es, dass bei eingeschränkter Vorbereitung und ungewisser Durchführung die gewohnte künstlerische Qualität ab Anfang Juli nicht geboten werden könne.
„Wir ersuchen alle Festspielgäste, uns nicht mit Zuschriften zu überhäufen, die wir derzeit noch nicht beantworten können. Alle Karteninhaber für 2020 werden – so rasch es dem Festspielbüro möglich ist – schriftlich verständigt. Unsere Webseite wird laufend aktualisiert“, heißt es in der aktuellen Aussendung der Intendanten der Festspiele Reichenau.
Auch das Landestheater Niederösterreich in St. Pölten gab am Dienstag bekannt, dass die noch ausständigen fünf Produktionen in die nächste Spielzeit verschoben werden sollen. „Wir wollen versuchen, alle Produktionen, die im März, April und Juni stattgefunden hätten, auf jeden Fall zur Aufführung zu bringen“, unterstrichen Marie Rötzer als künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin Olivia Khalil.
Die Planungen für die kommende Jubiläumsspielzeit unter dem Motto „200-Jahre-Welt-Bürger*innen-Theater“ liefen entsprechend auf Hochtouren. Man strebt hier eine Präsentation am 12. Mai an, sollten die Entwicklungen dies zulassen. Über die entstehenden Verluste könne man indes zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine abschließende Aussage treffen.
Grafenegg und Theaterfest überlegen noch
Die weiteren großen Kulturveranstaltungen in Niederösterreich, die im Sommer über die Bühne gehen sollen, überlegen derzeit noch die weitere Vorgehensweise. So hätte etwa in Laxenburg (Bezirk Mödling) am 14. Juni das Theaterfest Niederösterreich mit insgesamt 20 Spielorten im ganzen Bundesland den Kultursommer in Niederösterreich einläuten sollen. Das wird aufgrund der aktuellen Verordnungen nicht passieren.
Ob sich der gesamte Spielbetrieb des Theaterfests nun in den Hochsommer verlegen lässt, soll sich bis Ende April entscheiden, sagt Werner Auer, der Obmann des Theaterfests. Er pocht jedenfalls gegenüber dem Land auf eine einheitliche Lösung für alle betroffenen Bühnen.
Für den Konzertsommer in Grafenegg (Bezirk Krems) fallen Mitte April weitere Entscheidungen, hieß es auf Nachfrage von noe.ORF.at. Hier wäre man am 18. Juni traditionell mit der Sommernachtsgala in die Saison gestartet, das wird nicht passieren können. Das Grafenegg Festival würde traditionsgemäß Mitte August eröffnet werden, allerdings mit diversen Orchestern, Künstlerinnen und Künstlern der ganzen Welt.
Beim großen Fotofestival La Gacilly in Baden, das Anfang Juni starten würde, wird die Situation derzeit evaluiert, hieß es. Bereits fix abgesagt sind hingegen unter anderem das Viertelfestival sowie die Ybbsiade.
Festspielhaus St. Pölten streckt Bewerbungsfrist
Das Festspielhaus St. Pölten hat unterdessen die Ausschreibung für seine neue künstlerische Leitung verlängert. Aufgrund der durch die Maßnahmen gegen das Coronavirus bedingten „stark eingeschränkten Reisefreiheit“ und „einer kaum zu garantierenden Gesprächskultur“ wird das Ende der Bewerbungsfrist einer Aussendung vom Dienstag zufolge von ursprünglich 23. März auf den 15. Mai verschoben.
Die Neubesetzung der Position ab der Saison 2022/2023 für die Dauer von zunächst vier Spielzeiten wurde im Februar bekannt gegeben. Die derzeitige künstlerische Leiterin Brigitte Fürle ist seit der Spielzeit 2013/14 im Amt und strebte eigenen Angaben zufolge keine Verlängerung des Engagements über den Sommer 2022 hinaus an – mehr dazu in Fürle verlässt das Festspielhaus 2022 (noe.ORF.at; 30.1.2020).