Max Friedrich bei einer Pressekonferenz 2006
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Wissenschaft

Kinderpsychiater Max Friedrich wird 75

Der bekannte Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich – mit persönlichen Wurzeln in Niederösterreich – wird am Sonntag 75 Jahre alt. Seine Themenschwerpunkte waren der Gewaltschutz, der Missbrauch von Kindern sowie die Betreuung von traumatisierten Opfern.

Max Friedrich wurde am 26. April 1945 in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) geboren. 1964 maturierte er in Gänserndorf. Das Medizinstudium schloss Friedrich 1971 ab, bis 1977 ließ er sich zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie ausbilden. Es folgte bis 1980 die Zusatzausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie. 1976 bis 1991 arbeitete Friedrich an der Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters am Wiener AKH. Mit 1. Oktober 1991 wurde er zunächst supplierender Vorstand der Klinik, ehe er 1995 zum ordentlichen Universitätsprofessor und Vorstand der Klinik avancierte, was er bis 2013 blieb.

Friedrich – mit einer Gerichtsmedizinerin verheiratet und Vater von vier Kindern – war viele Jahre auch als psychiatrischer Sachverständiger in der Gerichtsbarkeit, speziell in der Strafjustiz, tätig. Als es darum ging, Kindern, die Opfer von Sexualstraftätern geworden waren, entwürdigende Vernehmungen vor Gericht zu ersparen, engagierte er sich für schonende Befragungen im Ermittlungsverfahren. Diese Praxis, die Betroffene vor einer neuerlichen Konfrontation mit ihren Peinigern bewahrt, ist mittlerweile im Gerichtsalltag verankert und nicht mehr wegzudenken.

Max Friedrich bei einer Pressekonferenz im August 2006, mit einem Schreiben von Natascha Kampusch
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Max Friedrich präsentiert am 28. August 2006 bei einer Pressekonferenz in Wien eine Nachricht Natascha Kampuschs

Ins Rampenlicht kam Max Friedrich auch durch die Betreuung von Natascha Kampusch, nachdem dieser 2006 die Flucht aus achtjähriger Gefangenschaft geglückt war. Die Rolle, die er dabei einnahm, war nicht ganz unumstritten. Von manchen Seiten wurde Friedrich vorgeworfen, er wäre in medialer Hinsicht zu freizügig mit Informationen umgegangen, die er erfahren hatte bzw. die ihm Natascha Kampusch anvertraut hatte.

„Tatort Kinderseele“

Friedrich, der zahlreiche Bücher verfasst hat („Tatort Kinderseele: Sexueller Missbrauch und die Folgen“, „Kinder ins Leben begleiten: Vorbeugen statt Therapie“, „Irrgarten Pubertät: Elternängste“), hat sich auch regelmäßig kritisch zum Schulwesen geäußert. Was sein eigenes Fach betrifft, machte er wiederholt auf die unzureichende Versorgung psychisch erkrankter Kinder in Wien aufmerksam. Und er warnte im Bereich der Jugendkriminalität vor einer Steigerung der Gewaltintensität. „Die Spirale von der Aggression über die Gewalt hin zur Brutalität hat leider deutlich zugenommen“, bemerkte Friedrich dazu bereits 2011.

Ungefähr zur selben Zeit legte sich ein Schatten über Max Friedrichs Gutachtertätigkeit. Eine seiner Expertisen bewirkte, dass ein Vater wegen angeblich schweren sexuellen Missbrauchs seiner Tochter zu mehrjähriger Haft verurteilt wurde – zu Unrecht, wie sich später herausstellte. Der vermeintliche Kinderschänder saß 21 Monate im Gefängnis, ehe im Zug einer Wiederaufnahme des Verfahrens Friedrichs methodisches Vorgehen bei der Gutachtenerstellung erschüttert wurde. Max Steller, Professor am Institut für Forensische Psychiatrie in Berlin, qualifizierte Friedrichs Methoden als „fehlerhaft und kontraindiziert“, also nicht anwendbar. Der zu Unrecht Verurteilte wurde entlassen und bekam 120.000 Euro Haftentschädigung zugesprochen.