Landesklinikum Melk
ORF/Veronika Berger
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Coronavirus

Covid-Klinikum erwartet „neue Normalität“

Nach etwa zwei Monaten als Coronavirus-Schwerpunktspital zieht das Landesklinikum Melk eine erste Bilanz. Nach einer kurzen Zeit des Vollbetriebs hat sich die Lage beruhigt. Grund zur Entwarnung sieht man aber nicht. Eine „neue Normalität“ stellt sich ein.

Am 13. März wurde der erste Patient mit einer Coronavirus-Infektion ins Landesklinikum Melk eingeliefert. Seither wurden insgesamt 125 Menschen auf der eigens eingerichteten Station behandelt. Der Höchststand gleichzeitig aufgenommener Patientinnen und Patienten umfasste 55 belegte Betten sowie sieben weitere Personen, die eine intensivmedizinische Betreuung brauchten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Covid-Station am Landesklinikum in Melk ausgelastet und „in Vollbetrieb“ gewesen, wurden bei einem Treffen zwischen Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) und der Klinikleitung Anfang dieser Woche Bilanz gezogen.

„Neuland“ für medizinische Teams

Mittlerweile kann das Melker Spitalspersonal auf etwas mehr als einen Monat Erfahrung im Umgang mit dem Coronavirus zurückblicken. Das Landesklinkum übernahm damit „Pionierarbeit“ in Niederösterreich, betonte Pernkopf bei seinem Besuch. Die Erfahrung im Umgang mit den betroffenen Patientinnen und Patienten habe man an andere Spitäler Niederösterreichs weitergeben können, sagte auch Rupert Strasser, Ärztlicher Direktor am Landesklinikum Melk.

Die Umstellung zur Covid-Spezialklinik sei laut Strasser groß gewesen, denn auch in Melk habe man im Umgang mit dem neuen Virus „Neuland“ betreten. „Wir waren selbst überrascht, Covid-Spital Nummer eins zu werden.“ Dennoch hätte das Personal die neuen Aufgaben und die damit verbundenen Maßnahmen mit großem Engagement mitgetragen – auch in Zeiten, als einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter infiziert waren und einige weitere unter Quarantäne gestellt werden mussten.

Intensivstationen von besonderer Bedeutung

Medizinisch habe man in Melk etwa die Erfahrung gemacht, „dass intensivpflichtige Patientinnen und Patienten meist recht lange auf der Intensivstation bleiben müssen. Das bedeutet, dass die Bettenanzahl der Covid-Station alleine nichts darüber aussagt, wie sehr ein Spital gerüstet ist. Das Nadelöhr sind immer die Intensivstationen“, so Strasser.

Lagebesprechung vorm Landesklinikum Melk
ORF/Veronika Berger
Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (l.) und Rupert Strasser, Ärztlicher Direktor im Landesklinikum Melk (2.v.r.), berieten mit einem Expertenteam das weitere Vorgehen

Pernkopf: „Berater wurden Lügen gestraft“

Pernkopf sieht durch die Erfahrungen mit der Krise und die plötzliche Notwendigkeit von ausreichend Intensivbetten die politische Entwicklung des niederösterreichischen Gesundheitssystems der letzten Jahre bestätigt: „Sogenannte Gesundheitsexperten, die uns noch vor wenigen Monaten geraten haben, die Anzahl der Kliniken zu reduzieren und statt der vielen kleineren Spitäler in den Regionen auf weniger Standorte zu setzen, wurden durch die Coronakrise Lügen gestraft.“

Auch Strasser betontet, dass jede zusätzlich verfügbare Ressource in den letzten Wochen von immenser Bedeutung war. Überraschend war diese Erfahrung mit Blick nach Südtirol oder in andere Regionen aber nicht. Des weiteren habe man in Melk verdeutlicht bekommen, dass auch junge Menschen sehr schwere Krankheitsverläufe hatten. „Das Coronavirus ist entgegen vieler Annahmen also keine Erkrankung alter Menschen. Gestorben sind bei uns zwar vor allem ältere Patientinnen und Patienten mit medizinischen Vorerkrankungen, wir haben aber auch junge Menschen mit wirklich sehr schweren Verläufen behandelt.“

Schutzmaskenpflicht für Personal, Besuch und Patienten

Ähnlich dem österreichweit vorherrschenden Trend waren auch die Zahl der hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit Coronavirus-Infektion in Melk zuletzt rückläufig. Derzeit werden auf der Covid-Station sieben Patientinnen und Patienten behandelt. Laut Strasser sei es vor allem auf die Einschränkungen und Maßnahmen der letzten Wochen zurückzuführen, dass die Situation in den Kliniken nun wieder entspannter ist.

Strassers Einschätzung nach bleibe die Lage für das Klinikpersonal nur dann zu bewältigen, wenn viele Einschränkungen weiterhin Gültigkeit behielten, auch im Spital – etwa mit Maskenpflicht für alle und zumindest teilweise aufrechtem Besuchsverbot. Obwohl der Druck der Angehörigen von Patientinnen und Patienten steige, speziell das Besuchsverbot zu lockern, plädiert Strasser für ein „defensives Vorgehen“ und empfiehlt, in allen Belangen der Klinik- und Patientensicherheit bundeseinheitliche Lösungen anzustreben.

Weil sowohl ein therapeutisches Medikament gegen das Coronavirus als auch eine entsprechende Impfung bislang fehlen, müsse man sich auch nach den letzten Lockerungen auf eine „neue Normalität“ in den Landeskliniken einstellen: „Auch wenn wir langsam wieder einen Normalbetrieb aufnehmen, wird es kein Normalbetrieb werden, wie wir ihn gewöhnt waren. Er wird unter anderen Sicherheitsmaßnahmen stattfinden müssen, weil wir viele Sicherheitsmaßnahmen weiterhin aufrecht erhalten müssen“, so Strasser. Unter Einhaltung der als notwendig erachteten Sicherheitsmaßnahmen werde der bisher eingeschränkte Klinikalltag aber Schritt für Schritt wieder seinen gewohnten Betrieb aufnehmen – vorausgesetzt, die Zahlen der Neuinfizierten lassen es weiterhin zu.