Wirtschaft

Flughafen pocht auf AUA-Rettung

Der Flughafen Wien in Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha) pocht auf eine Rettung der von der Krise schwer gebeutelten Austrian Airlines (AUA). Vorstandsdirektor Günther Ofner ortet andernfalls einen „dramatischen Rückschlag für den Wirtschaftsstandort“.

Mit einem Marktanteil von rund 43 Prozent war die AUA bis zum Beginn der Krise die größte Fluglinie in Schwechat – der sogenannte Hauptcarrier. Die 100-Prozent-Tochter der deutschen Lufthansa bekam die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie jedoch massiv zu spüren. Erst kürzlich hatte die Fluglinie um 767 Millionen Euro Staatshilfe angesucht. Vom Flughafen Wien kommt Unterstützung in dieser Sache.

„Das Drehkreuz – die Verknüpfung von Zubringerkurzstreckenflügen nach Wien und der Langstrecke von Wien in die Welt hinaus – ist ein ganz entscheidender Faktor für den Standort“, sagte Flughafenvorstandsdirektor Günther Ofner am Donnerstag im Gespräch mit noe.ORF.at. „Die österreichische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren deshalb so positiv entwickelt, weil sich sehr viele Unternehmenszentralen angesiedelt haben, die von Wien aus mit über 20.000 Mitarbeitern zum Beispiel ihre Beteiligungen in Osteuropa betreuen. Würde das Drehkreuz wegfallen und diese Möglichkeit, dass Kurz- und Langstrecke verbunden werden, dann wäre das ein dramatischer Rückschlag für unseren Wirtschaftsstandort“, so Ofner.

Flughafen fordert Standortgarantie für AUA

Der Flughafen unterstütze daher die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die AUA die Krise überwindet, sagte Ofner. Als Gegenleistung für eine mögliche Staatshilfe spricht er sich aber für eine Standortgarantie seitens der AUA in Schwechat aus, „damit das Geld, das die Österreicher hier ausgeben, auch wirklich hier in Österreich eingesetzt wird“.

Auf eine mögliche Unterstützung vom Flughafen für die angeschlagene Fluglinie, etwa in Form von geringeren Lande- oder Servicegebühren, ging Ofner nicht ein. „Das Positive ist, dass der Standort Wien-Schwechat zu den mit Abstand kostengünstigsten im Lufthansa-Konzern gehört. Hier hat die AUA die besten Konditionen, sehr günstige und entgegenkommende Preise, wie alle anderen Carrier, die hier arbeiten. Das heißt, aus dieser Sicht haben sie sehr gute Voraussetzungen, um nach der Krise wieder durchzustarten.“

AUA Flugzeug aus Temesvar mit 24 Stunden Helferinnen in Schwechat gelandet
ORF/Nina Pöchhacker
Die AUA hat ihren Flugplan vorerst bis Ende Mai massiv reduziert

Wizz Air fliegt ab 1. Mai: PR-Gag oder Signal?

Durchstarten will schon ab 1. Mai die Fluglinie Wizz Air, die ab Freitag vier Destinationen anfliegen möchte. „Die Wiederaufnahme von Verbindungen ist natürlich ein gutes Zeichen, aber es ist noch nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagte Ofner. „Die Voraussetzung, dass Flugbetrieb wieder in größerem Umfang starten kann, ist, dass es zumindest europaweite gemeinsame Regeln dafür gibt, unter welchen Voraussetzungen man sicher und gesund mit dem Flugzeug reisen kann und es muss natürlich die entsprechenden behördlichen Verfügungen geben, was zum Beispiel die Einreiseerlaubnis betrifft.“

Neben der Maskenpflicht und der Bereitstellung von Desinfektionsmittelspendern besteht am Flughafen nun auch die Möglichkeit, sich auf das Coronavirus testen zu lassen. „Wenn jemand abfliegen will und am Zielort einen aktuellen Gesundheitspass braucht, kann er einige Stunden vor Abflug am Flughafen einen PCR-Test absolvieren“, sagte Ofner. „Umgekehrt könnten Menschen, die ankommen, sich am Flughafen testen lassen und haben innerhalb weniger Stunden ein Ergebnis.“ Dieser PCR-Test muss von den Passagieren selbst bezahlt werden und kostet rund 200 Euro.

Ofner: „Der Einschlag wird beträchtlich sein“

Welche Auswirkungen die Krise letztlich auf den Flughafen und seine Beschäftigten hat, ist weiterhin unklar. „Es ist heute leider noch nicht wirklich absehbar, wie lange die Rückkehr des Flugverkehrs dauern wird. Wir müssen davon ausgehen, dass es mindestens zwei, drei Jahre dauern wird, bis wir wieder auf das ursprüngliche Niveau kommen werden“, sagte Ofner. „Das hat natürlich Rückwirkungen auf alle Firmen, die hier tätig sind, und auch auf unser eigenes Unternehmen.“

Die rund 6.000 Mitarbeiter befinden sich derzeit in Kurzarbeit, der Flughafen schnürte ein massives Sparpaket mit mehr als 200 Millionen Euro, alle nicht unmittelbar erforderlichen Bauprojekte wurden gestoppt. „Damit hoffen wir, diese schweren Monate überbrücken zu können. Der Einschlag wird aber beträchtlich sein“, sagte Ofner. Betroffen ist auch das Projekt der Dritten Piste, das „wahrscheinlich in weitere Ferne rückt“, so Ofner. „Das Gute ist, dass das Projekt endgültig und unanfechtbar genehmigt ist. Die Entscheidung, wann und in welchem Umfang es realisiert wird, werden wir erst in einigen Jahren treffen können.“

Thomas Birgfellner (ORF) über die Situation in der Flugbranche

ORF-Reporter Thomas Birgfellner berichtet vom Wiener Flughafen über die Situation in der Flugbranche und hat dazu den Luftfahrtexperten Kurt Hofmann vor dem Mikrofon.

Luftfahrtexperte und -journalist Kurt Hofmann zeigte sich am Donnerstag im Interview mit noe.ORF.at überzeugt, dass sich der Flughafen um die Rettung der AUA bemühen wird. „Ein Flughafen wie Wien braucht einen Hauptcarrier. Wenn dieser verschwindet, hat auch der Flughafen ein Problem“, so Hoffmann.

noe.ORF.at: Alle Augen sind derzeit auf die AUA gerichtet. Wie ist Ihre Einschätzung, wie es weitergehen kann?

Kurt Hofmann: Die Zeit drängt. Die AUA hat nicht mehr viele Wochen, um eine gute finanzielle, nachhaltige Lösung zu bekommen, in welcher Form auch immer. Sie ist leider in guter Gesellschaft mit vielen anderen Fluglinien zurzeit in Europa, die Staatshilfe benötigen und sich durch die Krise kämpfen.

noe.ORF.at: Das Besondere an der AUA ist aber, dass sie keine österreichische Firma ist, sondern eine 100-Prozent-Tochter der deutschen Lufthansa. Was bedeutet das im Hinblick auf eine mögliche Staatshilfe?

Hofmann: Die AUA bezahlt Steuern in Österreich, sie ist Arbeitgeber hier und macht für den Standort wichtige Aufgaben. Die AUA ist nicht die einzige Fluglinie, die in Fremdbesitz ist. Es sollte eigentlich eine mögliche Lösung geben. Die AUA befindet sich wieder einmal in ihrer langjährigen Geschichte in einem Überlebenskampf. Nur für diesen kann sie dieses Mal nichts. Die Krise hat die gesamte Branche, auch die Hotellerie, in ein Loch gerissen.

noe.ORF.at: Wizz Air bietet ab Freitag vier Flüge an. Die AUA hat den Neustart von 18. Mai auf 18. Juni verschoben. Wie wird es weitergehen?

Hofmann: Ich kann mir vorstellen, dass dieser Neustart (der AUA; Anm.) noch einmal verschoben wird. Wir wissen nicht, wann welche Reiserestriktionen aufgehoben werden. Der Fall mit Wizz Air ist sicher auch ein PR-Gag. Wizz Air war eine der letzten Fluglinien, die aufgehört haben, zu fliegen, und sagen jetzt, wir sind auch die ersten. Bei der AUA würde es mich nicht wundern, wen es noch später wird."

noe.ORF.at: Gibt es ein realistisches Datum?

Hofmann: Es gibt Fluglinien, die angekündigt haben, heuer nicht mehr zu starten. Auch ein Vorstandsmitglied der Austrian Airlines hat das erst kürzlich in den Mund genommen, vielleicht heuer nicht mehr zu fliegen. Ich glaube das aber nicht. Aufgrund der Restriktionen wird die Frage sein, wann und vor allem wohin man fliegt. Die Lufthansa hat 799 Flugzeuge, 700 davon stehen. Sie hatte Tage, an denen kein einziger Passagier ein Ticket gebucht hat. Das ist schon einzigartig in der Geschichte der Luftfahrt. Wie wir wissen, verliert die Lufthansa pro Stunde eine Million Euro.

Wie wird der Flughafen bezüglich eine AUA-Rettung durch Staatshilfen vorgehen?

Hofmann: Der Flughafen (Wien-Schwechat; Anm.) wird sich sehr bemühen und der Lufthansa Hilfen geben. Ein Flughafen wie Wien braucht einen Hauptcarrier. Wenn dieser verschwindet, hat auch der Flughafen ein Problem, um langfristig wieder in einen größeren Drehscheibenmodus zu kommen.

Das Gespräch führte Thomas Birgfellner, noe.ORF.at