Gasthaus mit Gästen
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Wirtschaft

Gastronomie: Großes Hoffen auf Gäste

Wochenlang hat die Gastronomie dem 15. Mai entgegengefiebert. Nach zwei Monaten massiver Umsatzeinbrüche durften die Betriebe am Freitag wieder für Gäste öffnen. Der große Ansturm auf die Lokale blieb zwar großteils aus. Reservierungen fürs Wochenende lassen aber wieder Lichtblicke zu.

Zu Mittag waren die meisten Gasthäuser noch recht leer. Gut gefüllt waren hingegen viele Reservierungslisten für die Abendtische. Nichtsdestotrotz ließen sich vor allem viele Stammgäste nicht davon abhalten, ihre wochenlang geschlossenen Stammwirtshäuser bereits am Vormittag aufzusuchen. Für die Umsätze der Branche stellen sie in vielen Fällen das Fundament dar, eine Einnahmequelle, auf die sich Gastronomen verlassen können.

Gerade in der derzeitigen Krise braucht es aber auch abseits der Stammtische eine gute Auslastung, betonte etwa Johann Schulz gegenüber noe.ORF.at. Sein Gasthaus in Altlengbach (Bezirk St. Pölten) fasst 300 Personen. In den letzten Jahren wurde sein Betrieb mehrfach um- und ausgebaut, die Krise traf ihn hart. Dennoch blickt Schulz optimistisch in die Zukunft. „Es wird nach wie vor schwer bleiben. Wir hoffen, dass wir dieses Jahr jetzt noch einigermaßen gut schaffen. Meine Mitarbeiter stehen hinter mir und wissen genau was Sache ist, obwohl sie jetzt nicht mehr so viele Stunden haben und derzeit weniger arbeiten als vor der Krise. Aber wir bauen das wieder auf“, so Schulz. Am bevorstehenden Wochenende sind bereits viele Tische reserviert und geben ihm Hoffnung.

Reservierungspflicht in Gasthäusern

Ähnlich sieht die Situation bei Gastwirt Patrick Friedrich in Wimpassing (Bezirk Tulln) aus. Auch er kann sich über die ersten Reservierungen nicht beklagen, startet aber dennoch mit einem reduzierten Personalstock. Bevor er wieder vollen Betrieb aufnehmen kann, müsse er erst abwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt. Erste Lichtblicke macht er aber aus. „Man merkt einfach, dass die Leute wieder hinaus wollen und wieder ins Gasthaus gehen möchten.“ Mittags war er noch mit Vorbereitungen beschäftigt, die meisten Abendtische waren aber bereits am Vormittag reserviert.

Dass man neuerdings nicht mehr spontan ins Gasthaus gehen kann, sondern einen Tisch reservieren muss, bringe der Gastronomie laut Friedrich auch Vorteile. „Für die Gäste ist es zwar ungewohnt, wenn sie im Voraus planen müssen und etwa angeben müssen, wie viele Personen zum Stammtisch kommen. Für uns ist es organisatorisch aber einfacher, sobald wir wissen, wie viele Personen wir zu welcher Uhrzeit erwarten.“ Das gäbe Planungssicherheit und mindere das Risiko.

Trotz der massiven finanziellen Einbußen möchte Friedrich die Krise auch als Chance begreifen. Während der letzten zwei Monate, als sein Gasthaus geschlossen sein musste, erzielte der Gastwirt mit Lieferservice 30 Prozent seines sonstigen Umsatzes und ist in seiner Branche damit sogar unter den Spitzenreitern. „Anderen ist es noch schlechter gegangen. Die Situation regt auch zum Nachdenken an, wie man gewisse Dinge auch in Zukunft anders lösen kann.“

Gastronomie von Lock-down besonders getroffen

Die Gastronomie zählt in Niederösterreich zu den am stärksten von der Krise getroffenen Branchen. Obwohl jetzt wieder Gäste im Lokal bedient werden dürfen, ist langfristig noch keine deutliche Entspannung in Sicht. Die erforderlichen Mindestabstände reduzieren beispielsweise die maximal zulässige Personenanzahl in einem Lokal.

Gewinne zu machen, sei derzeit noch unrealistisch, sagt etwa Johannes Schulz. Zu viele Faktoren seien außerdem noch ungewiss. Er hofft darauf, dass sich möglichst viele Menschen durch die geforderten Sicherheitsauflagen auch tatsächlich sicher fühlen und Lokale aufsuchen. So ist es beispielsweise erforderlich, sich beim Betreten eines gastronomischen Betriebs die Hände zu desinfizieren, in Schutzmasken zu bedienen oder ausschließlich abwischbare Speisekarten aufzulegen.

Worauf man in der Branche nach Wochen des Stillstands nun hofft, sind deutliche Lichtblicke in Form zahlreicher Gäste. Die Zeit des Lock-downs wiedergutzumachen, sei jedoch unmöglich, hört man unter Gastronomen. Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) ließ am Freitag im Rahmen eines Wirtshausbesuchs anklingen, dass derzeit Unterstützungskampagnen geplant seien. Ähnlich wie in Wien, wo jeder Haushalt einen Gutschein für die lokale Gastronomie zugeschickt bekommen soll, will man auch in Niederösterreich nach Maßnahmen suchen.

„Wir haben hier einige Marketingmaßnahmen geplant und natürlich müssen wir unsere Wirtshäuser in der derzeitig schwierigen Situation unterstützen“, so Danninger gegenüber noe.ORF.at. Wie genau die Unterstützung aussehen könnte, will der Landesrat erst in wenigen Tagen bekanntgeben.

Pulker: „Einige werden die Krise nicht überleben“

Mario Pulker, Vertreter der Wirte in der Wirtschaftskammer, zieht nach dem ersten Tag der Wiederinbetriebnahme der Gastronomie eine gute Bilanz. Viele Lokale seien bereits am Freitag gut besucht gewesen. Im „NÖ heute“-Interview betonte er aber, dass die weitere Entwicklung der Situation entscheidend für die Frage sei, wie viele Gastronomen ihre Betriebe aus der Krise wieder herausführen können.

noe.ORF.at: Nach zwei Monaten ist heute zum ersten Mal wieder in den Lokalen ausgeschenkt und serviert worden. Wie sind denn die ersten Rückmeldungen, die Sie erhalten haben?

Mario Pulker: Alle sind froh, dass sie nach dieser langen Zeit, wo sie keine Gäste bewirten konnten, jetzt wieder aufsperren konnten. Und unsere Betriebe waren gut gebucht und gut besucht und wir hoffen, dass das jetzt auch so weitergehen wird und dass nicht nur die Wochenenden gut besucht sind, sondern dass die Gäste auch unter der Woche wieder unsere gastronomischen Betriebe aufsuchen.

noe.ORF.at: Es sagen ja einige Wirte, dass sie zwar aufsperren, aber das auf Dauer nicht rentabel ist, einige warten überhaupt noch zu. Wie lange kann denn so ein Corona-Sonderbetrieb laufen?

Pulker: Das ist natürlich jetzt die große Frage, weil keiner von uns kann in eine Glaskugel hineinschauen und weiß, wie lange wir mit dieser Krise noch leben müssen. Umso wichtiger ist es, dass unsere Mitgliedsbetriebe ganz genau kalkulieren und schauen, welche Mitarbeiter stelle ich jetzt ein, welche hole ich zurück aus der Kurzarbeit, wie gehe ich damit um, dass ich vielleicht nicht mein ganzes Lokal nutzen kann, weil ich ja diesen einen Meter Sicherheitsabstand einhalten muss. Das heißt, jetzt ist Kalkulation gefragt.

Schaltung Ziegler Pulker
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Mario Pulker im Gespräch mit Robert Ziegler

noe.ORF.at: Denken Sie, dass für einige Betriebe der Ausfall so hart war, und die Regeln, die es jetzt gibt, dass sie gar nicht mehr aufsperren?

Pulker: Es wird natürlich Betriebe geben, die diese Krise nicht überleben werden. Das hat sich aber teilweise auch schon in den letzten zwei Jahren abgezeichnet. Wir haben viele Betriebe, die sich gemeldet haben, die im letzten und vorletzten Jahr negative Bilanzen hatten, die über diese berühmten 15 Jahre Entschuldungsfrist haben, die ein negatives Eigenkapital haben. Für die wird es natürlich doppelt schwer und da wird es traurigerweise natürlich auch einige geben, die das nicht überleben werden.

noe.ORF.at: Kommen wir noch zu den Hotels und Pensionen: Die sollen ja in zwei Wochen aufsperren können, allerdings ist da noch vieles unklar, wie das genau funktionieren soll. Wie soll das denn Ihrer Meinung nach ablaufen?

Pulker: Vieles ergibt sich ja schon daraus, dass viele Hotels natürlich auch eine Gastronomie dabeihaben, und das haben wir dann schon in dieser Verordnung für die Gastronomie drinnen. Jetzt werden die Bäder geöffnet, das heißt, alle Regelungen, die die öffentlichen Bäder betreffen, zum Beispiel der Abstand bei den Liegeflächen, werden auch in den Hotels umzusetzen sein. Wir warten jetzt quasi stündlich auf die Veröffentlichung der Verordnung, aber was wir vom Gesundheitsministerium mittlerweile wissen, ist, dass es hier keine großen Veränderungen oder Neuigkeiten geben wird, die uns negativ betreffen könnten.

Das Gespräch mit Mario Pulker führte Robert Ziegler, noe.ORF.at