Online-Konzert aus dem Casino Baden
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Kultur

Online-Konzerte öffnen Tür zur ganzen Welt

Manche Künstlerinnen und Künstler gehen aufgrund der Coronavirus-Krise völlig neue Wege. Statt des eigentlich geplanten Festivals „Beethoven Frühling“ setzt Pianistin Dorothy Khadem-Missagh auf Online-Konzerte. Publikum aus der ganzen Welt verfolgt die Übertragungen aus Baden.

Bereits im Vorjahr wurde aufgrund des heurigen Beethoven-Jubiläumsjahres der „Beethoven Frühling“ ins Leben gerufen, ein jährliches Festival an besonderen Beethoven-Orten. Die erste Edition sollte mit Konzerten von Baden bis Gneixendorf (Krems) und Wiener Neustadt bis Heiligenstadt (Wien) stattfinden. Statt aufgrund der besonderen Umstände abzusagen oder zu verschieben, geht der Beethoven Frühling nun als Online-Festival über die Bühne.

Seit dem 15. Mai gibt es jeden Freitag um 18.00 Uhr ein Live-Konzert auf der Website des Festivals, das es danach auch zum Nachsehen gibt. Am 29. Mai trat die Pianistin und künstlerische Leiterin des Festivals Dorothy Khadem-Missagh mit ihrem Trio Vision im Festsaal im Casino Baden auf. Im anschließenden Interview mit noe.ORF.at sprach sie darüber wie wichtig ihr Kultur und Kunst in der aktuellen Zeit sind und dass es ihr Ziel ist, vor allem junges Publikum für die Klassik-Welt zu begeistern.

noe.ORF.at: Wie war für Sie die Achterbahnfahrt der Gefühle in den letzten Wochen?

Dorothy Khadem-Missagh: Das war sehr unerwartet für uns alle. Ich glaube, global standen wir plötzlich vor Herausforderungen, die keiner vorhersehen konnte. In der Kultur genau so, denn wir leben davon, unsere Kunst mit einem Publikum teilen zu können und das war in diesem Moment natürlich aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Natürlich hat uns das gerade im ersten Jahr ein bisschen eingebremst, aber nicht lange, weil aus der Krise eine ganz neue Chance heraus entstanden ist und die haben wir am Schopf gepackt.

noe.ORF.at: Wann war der Zeitpunkt da, zu dem Sie gesagt haben, eine Online-Konzert-Reihe, das ist es?

Dorothy Khadem-Missagh: Wir haben es sehr lange nicht gewusst. Wir haben verschiedene Szenarien durchüberlegt, absagen, verschieben auf den Herbst, verschieben auf nächstes Jahr, aber im Endeffekt wissen wir alle nicht, was uns in den nächsten Monaten noch erwartet. Wir waren umgeben von diesen Nachrichten und alle sagen ab nach der Reihe. Das war auch für mich ein sehr bedrückendes Gefühl, denn wir brauchen Kultur, sie belebt uns, sie inspiriert uns und gibt uns auch Kraft. Das ist ja auch die Grundidee des Beethoven Frühlings. Neue Zeiten sind angebrochen, ausgelöst durch eine Krise. Uns hat die neue Möglichkeit, die uns geboten wurde, besonders gefreut, dass wir im Casino Baden Streaming-Konzerte machen dürfen. Eigentlich haben wir in einer kurzen Zeit, innerhalb einer Woche, alles umgesetzt.

noe.ORF.at: Wie fühlt es sich an? Man erreicht sehr viele Menschen mit den Streaming-Konzerten im Internet, viel mehr noch als bei einem einzigen Konzert im Saal. Aber wie ist es, in einem leeren Saal mit leeren Sitzen zu spielen?

Khadem-Missagh: Es war früher unvorstellbar, aber wenn man sich auf Neues einlässt, dann entdeckt man auch, es bringt Möglichkeiten, die unter normalen Umständen gar nicht da gewesen wären. Wir sitzen ja beispielsweise jetzt hier im Casino mitten im Saal. Wir haben die Bühne im Publikumsbereich gemacht und nicht wie gewöhnlich auf der Bühne selbst.

Online-Konzert aus dem Casino Baden
ORF / Fuchs
Das Trio Vision beim Online-Konzert am 29. Mai im Festsaal des Casinos Baden

noe.ORF.at: Jetzt ist es ein ganz besonderes Auftaktjahr heuer für dieses Festival? Wie blicken Sie nun in die Zukunft?

Khadem-Missagh: Wir haben den Beethoven Frühling als eine junge Initiative ins Leben gerufen. Es ist ein junges Team, das das gemeinsam mit mir hier auch umsetzt. Wir sind alle mit Begeisterung und Euphorie dabei, weil es auch darum geht, in der Klassik-Welt, die vielleicht eher mit einer älteren Generation assoziiert wird, Schwung hinein zu bringen. Ich würde mir wünschen, dass ich mit diesem Festival auch meine eigene Generation, die jungen Leute ansprechen kann. Diese Musik ist zeitlos und sie berührt uns alle. Der Beethoven Frühling war immer als ein jährliches Festival gedacht, aber dass wir jetzt gerade im ersten Jahr online durchstarten, das hätte keiner gedacht.

noe.ORF.at: Wie groß ist der Erfolg bis jetzt? Was können Sie dazu sagen? Wie überregional ist das Festival?

Khadem-Missagh: Es ist besonders schön zu sehen, dass diese Online-Möglichkeit uns die Tür in die ganze Welt öffnet. Wir haben Zuseher von Japan bis in die USA. Es ist sehr schön, diese Rückmeldungen zu sehen. Die Musik ist ja eine universale Sprache und gerade auch jetzt ist es gerade sehr wertvoll, dass wir hier von Herz zu Herz sprechen können.

Das Gespräch führte Benedikt Fuchs, noe.ORF.at