Chronik

Erntehelfer: Verband verteidigt die Branche

Die Obst- und Gemüsebranche hat sich am Donnerstag zu den Missständen in einem Spargelbetrieb im Marchfeld geäußert. Man habe keinerlei Verständnis für Verstöße gegen Sozialstandards, man solle aber auch nicht die ganze Branche verurteilen.

Die Gewerkschaft PRO-GE und die Szenoieri-Kampagne für die Rechte von in Österreich tätigen Erntehelfern hatten am Mittwoch von einem Skandal auf einem Spargelbetrieb im Bezirk Gänserndorf berichtet. Demnach deckte eine Rumänin „unhaltbare Zustände“ auf.

Sie und ihre Landsleute, die seit Ende April als Erntearbeiter auf dem Spargelfeld gearbeitet hatten, hätten für vier Euro Stundenlohn 14 Stunden am Tag an sechs bis sieben Tagen die Woche schuften müssen und seien teils zu acht in einem schimmligen, desolaten Zimmer untergebracht gewesen. Dafür wurden ihnen vier Euro pro Kopf und Nacht vom Lohn abgezogen.

Verband: „Individuelles Fehlverhalten“

Die Obleute des Österreichischen Branchenverbandes für Obst und Gemüse (ÖBOG), Josef Peck und Franz Windisch, verurteilten am Donnerstag die Zustände. Für Verstöße gegen Sozialstandards, für Lohndumpung und unzumutbare Unterbringungen habe man keinerlei Verständnis. Aber es solle auch nicht aufgrund eines „individuellen Fehlverhaltens“ die ganze Branche verunglimpft werden.

Von den 2011 bis Ende 2019 eingebrachten 3.703 Anzeigen wegen Unterentlohnung seien lediglich 27 der Landwirtschaft zuordenbar, und nur fünf rechtskräftige Entscheidungen seien in dem Zeitraum auf den Agrarsektor entfallen, betonen Peck und Windisch in einer Aussendung des Österreichischen Branchenverbandes für Obst und Gemüse.

AK fordert bei Verstoß Entzug der EU-Subventionen

Auch die Arbeiterkammer (AK) meldete sich am Donnerstag zu dem Fall zu Wort. „Wer keine ordentlichen Löhne und Unterkünfte bietet bzw. das Arbeitsrecht nicht einhält, sollte in Zukunft mit dem Entzug der EU-Subventionen rechnen müssen“, forderte AK-Expertin Maria Burgstaller. Der Kollektivvertrag für Erntehelfer in Niederösterreich sieht einen Stundenlohn von 8,66 Euro brutto bzw. 7,07 Euro netto vor. Die Unterbringung darf maximal 1,31 Euro pro Tag kosten.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Spargelbetrieb im Marchfeld hatte die Landarbeiterkammer Niederösterreich am Mittwoch im Interview mit noe.ORF.at gefordert, dass die gesetzlichen Standards für Unterkünfte von Erntehelfern konkretisiert werden müssten. Präsident Andreas Freistetter nannte als Beispiel, dass etwa festgelegt werden sollte, für wie viele Personen eine Unterkunft geeignet ist.

Die Marchfelder Spargelbauern, die im Verein Genuss Region Marchfeld organisiert sind, wollen in ihren Statuten „explizit erwähnen, dass diese Standards einzuhalten sind“, sagte Obmann Werner Magoschitz. Bei Verstößen gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards wird mit einem Ausschluss aus dem Verein gedroht – mehr dazu in Diskussion über Erntehelfer-Unterkünfte (noe.ORF.at, 17.6.2020).