ABD0008_20150622 – WIEN – …STERREICH: ZU APA0092 VOM 22.6.2015 – Der Komponist Kurt Schwertsik am Freitag, 19. Juni 2015, im Rahmen eines Interviews mit der APA – Austria Presse Agentur in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Kultur

Komponist Kurt Schwertsik wird 85

Kurt Schwertsik gilt als einer der profiliertesten Komponisten Österreichs. Die Werke des ehemaligen Hornisten der Tonkünstler werden weltweit gespielt, sein Vorlass liegt im Archiv der Zeitgenossen in Krems. Am Donnerstag wird er 85 Jahre alt.

Einst provozierten seine unkonventionellen Experimente mit der Tonalität. Heute werden die Arbeiten von Kurt Schwertsik weltweit gespielt, gilt der gebürtige Wiener doch als einer der profiliertesten, wenn auch individuellsten Komponisten Österreichs. Nun steht dem schelmischen Umtriebigen sein 85. Geburtstag am 25. Juni bevor.

„Ich wurde einfach als Freak betrachtet“, erinnerte sich Kurt Schwertsik einst im Interview mit seinem Verlag Boosey & Hawkes an die Zeit, als er sich vom dominierenden Serialismus ab- und der Tonalität zuwandte. Das kam damals, Anfang der 1960er Jahre, der Blasphemie gleich. „Besonders Arnold Schönberg ist mir auf die Nerven gegangen“, erklärte Schwertsik später im „Standard“ diesen Abnabelungsprozess. Für ihn sei die Tonalität schlicht die effizienteste Art gewesen, Musik zu konstruieren.

Geprägt von Marx und Schiske, Stockhausen und Cage

Dabei stammt Schwertsik wie der Zwölftoner aus Wien, wo er am 25. Juni 1935 als Sohn eines Schneiderehepaares geboren wurde. Auch nahm er hier zunächst an der Musikakademie sein Studium der Komposition bei Joseph Marx und Karl Schiske sowie des Horns bei Gottfried Freiberg auf. In Darmstadt und Köln vertiefte er seine Ausbildung dann in Kursen bei den großen zeitgenössischen Komponisten. Prägend waren die Begegnungen mit Karlheinz Stockhausen und John Cage und nicht zuletzt die Freundschaft mit Cornelius Cardew.

Kurt Schwertsik im Jahr 2015
APA/Georg Hochmuth
Kurt Schwertsik wird 85: Musik als Amalgam aus Humor und Intellekt

Von 1955 bis 1959 und 1962 bis 1968 war Schwertsik dann als Hornist Mitglied des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters, von 1968 bis 1989 gehörte er den Wiener Symphonikern an. Beim reinen Dasein als Musiker beließ er es jedoch nie, und so gründete er 1958 gemeinsam mit Friedrich Cerha das Ensemble „die reihe“ als Forum für Neue Musik in Wien.

Der große Tonale der zeitgenössischen Musik

1965 veranstaltete Schwertsik gemeinsam mit Otto M. Zykan in Wien die ersten „Salonkonzerte“ und kreierte 1968 für ein gemeinsam mit HK Gruber und Zykan gegründetes Ensemble den Namen „MOB art & tone ART“. Dieser sollte den bewussten Verzicht auf den „guten Geschmack“, die Einbeziehung von Populärmusik und die Hinwendung zur Tonalität ausdrücken. Denn während sich Kurt Schwertsik zunächst an der Avantgarde der späten 1950er Jahre orientiert hatte, fing er um 1962 an, mit der Tonalität zu „experimentieren“, die sein weiteres musikalisches Schaffen bestimmte.

Die Sängerin Christa Schwertsik, mit der der Komponist seit 1972 verheiratet ist, wurde zur wichtigsten Interpretin seiner zahlreichen Lieder – und machte ihren Mann zugleich zum Stiefvater der beiden Schauspielerinnen Katharina und Julia Stemberger. Beispiele für seine eigenen Arbeiten sind „Liebesträume“ (1962/63), der fünfteilige Orchesterzyklus „Irdische Klänge“ (1980-1992), die Kinderoper „Das Märchen von Fanferlieschen Schönefüßchen“ (1981/82) und seine Opern „Katzelmacher“ (2003) oder „Mozart in Moskau“ (2014).

ABD0010_20150622 – WIEN – …STERREICH: ZU APA0092 VOM 22.6.2015 – Der Komponist Kurt Schwertsik am Freitag, 19. Juni 2015, im Rahmen eines Interviews mit der APA – Austria Presse Agentur in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
APA/Georg Hochmuth
„Ich bin Avantgardist, es merkt nur niemand. Meine Grundhaltung war immer radikal. Deshalb habe ich auch radikale Tonalität geschrieben“, sagte der Komponist einmal in einem Interview

Neben der Arbeit an seinem eigenen Oeuvre widmet sich der Tonsetzer aber auch demjenigen von geschätzten Kollegen. 2006 gründete Schwertsik mit seinem Weggefährten Friedrich Cerha die Joseph-Marx-Gesellschaft, der er heute als Präsident vorsteht. Die Organisation hat das Ziel, die Musik des „international hoch angesehenen, unumstrittenen Oberhaupts des Wiener Musiklebens“, Joseph Marx, zu würdigen.

Auch für das eigene Angedenken hat Schwertsik vorgesorgt, verkaufte er 2015 dem Land Niederösterreich seinen Vorlass an handschriftlichen Werkmanuskripten, Skizzen, Schriften, Aufzeichnungen und Korrespondenzen, die sich nun in Krems im Archiv der Zeitgenossen finden.

Doch nicht nur das eigene Wohl, auch die Ausbildung von Nachwuchstalenten lag Kurt Schwertsik stets am Herzen. So unterrichtete er von 1979 bis 1988 am Konservatorium der Stadt Wien und hatte von 1989 bis 2003 eine ordentliche Professur für Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien inne.

Kurt Schwertsik wird 85

Am 25. Juni wird der österreichische Komponist Kurt Schwertsik 85. Rechtzeitig zum Geburtstag erscheint eine ebenso nachdenklich wie heiter verfasste Autobiographie.

Geehrt und gewürdigt

Für so viel Engagement wurde Schwertsik über seine lange Karriere hinweg immer wieder gewürdigt, etwa 1974 mit dem Österreichischen Staatspreis, 1992 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis, 1997 mit dem Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst sowie 2015 mit dem Silbernen Komturkreuz des Landes Niederösterreich und 2017 mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Die großen Feierlichkeiten zum heurigen Geburtstag fielen indes der Coronavirus-Pandemie zum Opfer, musste das für 28. Mai angesetzte Festkonzert im Wiener Musikverein doch entfallen. Immerhin bringt das Altenberg Trio am eigentlichen Geburtstag seine „Sonatine 2020“ im Rahmen des nach den Coronavirus-Lockerungen spontan aufgestellten Konzertprogramms im Musikverein zur Uraufführung. Dieses Konzert wird am 16. Juli von Ö1 ab 19.30 Uhr ausgestrahlt.