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„Menschen im Blickpunkt“

Als die Windräder laufen lernten

Die Windkraft ist heute ein wesentlicher Faktor der Wende hin zur Öko-Energie. Ein Waldviertler hat das schon vor 40 Jahren erkannt. Ernst Johann Aigner hat im Jahr 1984 selbst ein Windrad gebaut, das zehn Jahre lang das größte Österreichs war.

Es ist heute noch in Betrieb und ragt auf einem Hügel in Kirchschlag im Bezirk Zwettl wie ein Riese in den Himmel: Das Windrad, das Ernst Johann Aigner vor 36 Jahren baute. Heute fällt es im Vergleich zu den modernen Windkraftanlagen aber in die Kategorie „Zwerg“. Aufgebaut auf einem früheren Strommasten ist es 21 Meter hoch, heute wird hundert Meter höher gebaut. Aber damals, im Jahr 1984, war das eine echte Pionierleistung.

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Ernst Johann Aigner, der Windkraftpionier, hier auf einem Archivbild aus den 90er-Jahren

Die hunderten Stunden Eigenleistung miteingerechnet, so erzählt der inzwischen 72-jährige Pionier heute, waren es 400.000 Schilling, die das Projekt kostete. Auch für heutige Verhältnisse viel Geld. Ob es sich in den Jahrzehnten bezahlt gemacht hat, kann er gar nicht beantworten, aber reich werden wollte er damit ohnehin nicht, sagt der Elektro-Ingenieur: „Ich wollte etwas für die Zukunft der Energie leisten. Damit weniger verbrannt wird oder vielleicht sogar einen Anstoß liefern, Autos anders zu betreiben.“ Ziele, über die heute intensiv diskutiert wird, damals war er allein mit seinen Projekten.

Nur für Wärmegewinnung

Ins Netz wollte er den gewonnenen Strom ohnehin nie speisen. Er betrieb und betreibt damit die Heizungen und das Warmwasser für zwei Wohnhäuser, wofür er ausgeklügelte Heizungstechnik in die Kachelöfen einbaute, die mit seinem Insel-Stromerzeuger verbunden ist. Und heute wie damals funktioniert das klaglos – sofern das Rad wieder läuft, denn die Rotorblätter mussten ausgetauscht werden. So kleine Rotoren – 10 Meter sind sie lang – aber fand er nach europaweiter Suche erst in Neapel, von wo er sie importierte und jetzt zusammen mit seinem Sohn Robert auf sein Windrad montierte. Bald soll sich alles wieder drehen, erzählt er bei einem Besuch des ORF Niederösterreich.

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Das Windrad wurde damals auf einen Strommast montiert

Eigentliches Ziel: Wasserkraft

Dabei war die Windkraft gar nicht sein erstes Ziel, eigentlich habe er sich mehr für die Wasserkraft interessiert, aber das sei im Waldviertel noch schwerer zu verwirklichen gewesen als ein Windrad, so habe er sich dafür entschieden, sagt er. Trotz seiner ungewöhnlichen Projekte war er nie als Spinner verschrien: „Nein, ich habe nur Zuspruch bekommen, auch von den Nachbarn, deren Häuser ja relativ nahe am Windrad stehen. Ich hatte nie Gegenwind.“

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Der inzwischen 72-Jährige erkannte schon früh die Notwendigkeit der Energiewende

Ins große Windgeschäft einzusteigen war kein Thema für Ernst Johann Aigner. Allerdings sollte er sein Windkraftprojekt für Nähereibetriebe in Bangladesh adaptieren. Das hat sich aber nicht gerechnet: „Mit dem, was das alles zusammen gekostet hätte, können die 100 Jahre lang mit Diesel fahren. Das war zu dieser Zeit einfach noch zu früh.“

So ist sein Waldviertler Windrad das einzige seiner Art geblieben. Als Symbol für den Pioniergeist eines Mannes, der schon früh die Notwendigkeit der Energiewende erkannt hat.