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Chronik

Daten-Überwachung: Neue Wege gefordert

Auch in schweren Kriminalfällen dürfen Ermittler aus rechtlichen Gründen nicht auf Daten zugreifen, die über Internetkommunikation versendet oder empfangen worden sind. Die Polizei fordert deshalb nun, in Ausnahmefällen eine Überwachung zuzulassen.

Vergangene Woche wurde ein Fall bekannt, in dem ein 44-Jähriger über Jahre hinweg seine drei minderjährigen Kinder und die Tochter einer befreundeten Familie schwer sexuell missbraucht haben soll – mehr dazu in Kinder schwer missbraucht: Mann in Haft (noe.ORF.at; 2.7.2020). Die Ermittler kamen auf die Spur des Beschuldigten, nachdem eine Anzeige beim Bundeskriminalamt eingegangen war. Der Mann hatte Bilder seiner Taten mit dem Handy an weitere Verdächtige verschickt.

Österreich schiebt Riegel vor

Genau hier wird die Ermittlungsarbeit oft schwierig, die Suche nach dem Täter ist häufig langwierig und kompliziert. Denn die Polizei darf laut Gesetz Internetkommunikation – also WhatsApp oder andere Messenger-Dienste – nicht überwachen, erklärt der Leiter des Landeskriminalamtes, Omar Haijawi-Pirchner: „Wir haben im österreichischen Strafrecht oder in der Strafprozessordnung keine Befugnis, die Überwachung von Daten einer Nachrichtenübermittlung oder Nachrichten im Internet bzw. über den Messenger zu ermöglichen.“

In Fällen schwerster Kriminalität bzw. wenn es um den Schutz von Kindern geht, dürfe der Datenschutz nicht im Vordergrund stehen, meint Haijawi-Pirchner, und fordert, dass in solchen Fällen Inhalte und Kommunikationen überwacht und auch im Nachhinein ausgeforscht werden dürfen. Österreich sei eines der wenigen Länder Europas, das hier einen Riegel vorschiebt. Verläuft die Kommunikation über SMS oder Telefon, dürfen die Sicherheitsbehörden übrigens im dringenden Verdachtsfall eine Überwachung veranlassen, erklärt Haijawi-Pirchner.

„Bundestrojaner“ wurde 2019 Abfuhr erteilt

Die Forderung nach mehr Möglichkeiten bei der Überwachung von sensiblen Daten ist nicht neu. Im Frühjahr 2018 wurde von der damaligen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung ein „Sicherheitspaket“ beschlossen. Das Gesetzespaket enthielt auch eine rechtliche Grundlage für die Installation einer speziellen Software auf Mobiltelefonen und Computern.

Mit diesem „Bundestrojaner“ hätte unter anderem die Überwachung von verschlüsselten Messenger-Diensten, wie WhatsApp, ermöglicht werden sollen. Das Paket stieß jedoch auf Kritik und wurde im Dezember 2019 vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt – mehr dazu in VfGH kippt „Sicherheitspaket“ weitgehend (news.ORF.at,;11.12.2019).