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Wissenschaft

Wadsak: „Der Klimawandel findet statt“

Die aktuelle Sonderausstellung im Haus für Natur im Museum Niederösterreich in St. Pölten beschäftigt sich mit dem Klimawandel. ORF-Meteorologe Marcus Wadsak war zu einem Vortrag eingeladen und warnt im Interview vor den Folgen des Klimawandels.

Marcus Wadsak, ORF-Wetter-Moderator und Meteorologe, setzt sich in seinem aktuellen Buch „Der Klimawandel – Fakten gegen Fake und Fiction“ mit der Diskussion um die Glaubhaftigkeit der Klimaveränderungen auseinander. Auch das ist ein Teilaspekt, der in der Ausstellung „Klima und ich“ im Haus für Natur in St. Pölten behandelt wird.

Ronald Lintner, der neue wissenschaftliche Leiter des Hauses für Natur, setzt in seiner Arbeit stark auf Diskussion und Dialog und holte Wadsak daher für einen Vortrag ins Haus. Wir haben den Klimaexperten am Rande seines Besuches im Musuem Niederösterreich zum Interview gebeten.

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Markus Wadsak, Chef der ORF-Wetterredaktion, warnt vor den Folgen des Klimawandels

noe.ORF.at: Wir haben in Niederösterreich in diesem Jahr bereits viele Wetterkapriolen erlebt, mit Trockenheit, Starkregen oder Sturmböen. Sie, Herr Wadsak, werden oft zu Vorträgen wie diesem im Haus für Natur, eingeladen. Wie ist die Stimmungslage bei den Menschen, mit denen Sie in Diskussion kommen?

Marcus Wadsak: Sehr unterschiedlich! Es gibt eine Gruppe, die sehr engagiert und informiert ist, die auch zugibt, dass wir längst betroffen sind vom Klimawandel. Man muss ja nur die Gletscher beobachten oder auf die Landwirtschaft schauen, was sich da verändert hat allein in den letzten 20 Jahren. Dann gibt es eine Gruppe, der ist es relativ egal oder sie sagt, ‚Juhu, es wird wärmer‘ oder ‚Mir ist es lieber, wenn der Sommer heiß ist‘. Allerdings muss man dazu sagen, dass es immer mehr Menschen gibt, die unter der Hitze leiden. Und dann gibt es eine ganz kleine Gruppe, die das noch immer nicht wahrhaben will. Ich sage, gestützt auf Fakten: Der Klimawandel findet statt und hat deutlich zugenommen!

noe.ORF.at: Nie dachte man in Österreich, dass wir einmal von Wasserknappheit in unserem Land sprechen würden.

Wadsak: Natürlich, es wird immer heißer, wir erleben immer längere Trockenphasen. Gerade Niederösterreich war 2018 und 2019 extrem betroffen davon. Hier fehlt bereits wahnsinnig viel Niederschlag, das spürt man langfristig in der Landwirtschaft. Ich wohne mittlerweile seit zehn Jahren im Burgenland. Wir erleben heuer beim Neusiedlersee den tiefsten Wasserstand seit dem Messbeginn 1965. Ja, all das sind Folgen der Erderwärmung und des vom Menschen gemachten Klimawandels.

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In der Ausstellung bekommt man einen vielfältigen Eindruck über die klimabestimmenden Faktoren

noe.ORF.at: Jetzt hat die Coronavirus-Krise die Diskussion um den Klimawandel verdrängt. Finden Sie das schade?

Wadsak: Ich habe nicht das Gefühl, dass die Diskussion verdrängt wurde. Wir haben gegenwärtig zwei Krisen. Wir können von der einen für die andere vielleicht etwas lernen. Wir haben gesehen, dass man Maßnahmen ergreifen kann, wenn man sie ergreifen muss. Ich glaube, die Dringlichkeit beim Thema Klimawandel ist genauso gegeben. Und die Maßnahmen sind dringend nötig, denn es bleibt uns nicht mehr viel Zeit, unser Klima zu stabilisieren.

Noch haben wir die Möglichkeit, die Kurve zu kratzen, die Kurve flach zu halten. Ich sehe viele Parallelen. Es ist doch nicht auszuschließen, dass wir uns nicht um mehrere Probleme gleichzeitig kümmern können. Wir müssen mit der Coronavirus-Krise klarkommen. Wir müssen, da wie dort, die Kurve flach halten, die Temperaturen beim Klimawandel dürfen nicht exponentiell steigen.

noe.ORF.at: Sie sind ein Experte, sitzen täglich vor den Wetterkarten, beobachten die Kapriolen. Ich stelle es mir schwer vor, da optimistisch zu bleiben, oder?

Wadsak: Der Optimismus ist mir zum Glück in die Wiege gelegt, zudem vertraue ich auf wissenschaftliche Fakten und die besagen, dass wir es bei einem starken Wandel unserer Lebensgewohnheiten noch schaffen können, die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Aber wir müssen rasch und konsequent handeln.

noe.ORF.at: Die Ausstellung hier im Haus für Natur heißt ‚Das Klima und ich‘ und zielt auf die persönliche Auseinandersetzung mit den Klimaveränderungen ab. Wie lauten Ihre persönlichen Konsequenzen?

Wadsak: Man sucht zuerst nach den Dingen, die nicht weh tun, die keinen Verzicht bedeuten. Ich habe da ein paar Dinge gefunden. Ich pendle täglich vom Burgenland nach Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich bin in 40 Minuten in Wien, das schaffe ich mit dem Auto nie und kann sogar die Fahrzeit nutzen. Ich fahre auch alle anderen Distanzen, wenn es mir möglich ist, nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich habe auf das Fliegen verzichtet und verbringe meine Urlaube in Österreich. Es ist wunderschön in unserem Land. Meine Eltern wohnen im Weinviertel, die besuche ich oft. Und das Dritte ist: Ich genieße, gerade seit ich im Burgenland wohne, regional produzierte und biologische Lebensmittel. Ich verzichte nicht auf Fleisch, aber ich konsumiere es sehr selten, und wenn dann in Bio-Qualität.