Pk mit Baumschlager
ORF/Fuchs
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Chronik

Gerasdorf: Kopfschuss führte zu Tod

Im Fall der Bluttat in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) ist ein Kopfschuss als Todesursache des 43-jährigen Tschetschenen bestätigt worden. Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, wurde der Mann auch mehrmals am Oberkörper getroffen.

Die genaue Anzahl der Schüsse, die auf den 43-Jährigen abgefeuert wurden, nannte Gudrun Bischof von der Staatsanwaltschaft Korneuburg bei einer Pressekonferenz mit Verweis auf das schriftliche Obduktionsgutachten nicht. Kolportiert wurden bisher fünf. Nach Angaben von Polizeisprecher Chefinspektor Johann Baumschlager wurden am Tatort in Geradorf zwei Faustfeuerwaffen sichergestellt. „Die vermeintliche Tatwaffe wurde bisher nicht aufgefunden“, sagte Baumschlager bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag.

Großteils unklar blieben weiter die Hintergründe bzw. das Motiv für die Tat. Es hätten Befragungen im Umfeld des Opfers sowie im Umfeld der Beschuldigten stattgefunden, sagte der Polizeisprecher. Der Tatablauf werde immer klarer, aber: „Wir können nicht ausschließen, dass es sich einerseits um einen Auftragsmord handelt, andererseits könnte aber auch ein Streit eskaliert sein“, sagte Baumschlager. Der mutmaßliche Schütze schweige „beharrlich“, der zweite Verdächtige, ein 37-Jähriger, habe auch „noch keine Details“ genannt. Beide befinden sich in U-Haft, die vorerst bis 20. Juli rechtswirksam ist, wie die Behörden am Donnerstag bekanntgaben.

Staatsanwältin Gudrun BIschof
APA/HERBERT PFARRHOFER
Staatsanwältin Gudrun Bischof informierte über aktuelle Erkenntnisse nach der Obduktion

Polizeischutz für Familie des Erschossenen

Die Familie des am Samstag in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) erschossenen Mamichan U. alias Martin B. befindet sich aktuell unter Polizeischutz, wie Baumschlager festhielt. Gefragt nach einer Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden in der gegenständlichen Causa sagte Baumschlager, diese sei „in diesem Fall“ selbstverständlich.

Bischof von der Staatsanwaltschaft Korneuburg verwies darauf, seitens der Anklagebehörde sei unter anderem die Sicherstellung der beteiligten Fahrzeuge sowie mehrerer Mobiltelefone angeordnet worden. Ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet des Schießwesens sei „mit der Rekonstruktion der Schussabgabe“ beauftragt worden. Die Frage, ob einer oder beide Verdächtigen auf den 43-Jährigen gefeuert haben, könne erst nach Vorliegen dieser Expertise abschließend geklärt werden. Die vorläufige Haftfrist für die beiden Beschuldigten endet Bischof zufolge am 20. Juli.

Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion
APA/HERBERT PFARRHOFER
Am Tatort konnten zwei Faustfeuerwaffen sichergestellt werden, so der Sprecher der Landespolizeidirektion Johann Baumschlager

Opfer und Verdächtige waren Konventionsflüchtlinge

Eingegangen wurde im Rahmen der Pressekonferenz in St. Pölten auch auf den Flüchtlingsstatus der in der Causa Beteiligten. Wie zuvor von der APA berichtet, handelt es sich bei Mamichan U. seit seiner Flucht nach Österreich 2007 um einen anerkannten Konventionsflüchtling. Ein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus war im Laufen, der 43-Jährige hatte Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegt.

Auch die beiden Beschuldigten galten als anerkannte Konventionsflüchtlinge, der 37-Jährige laut Baumschlager seit 2003, der 47-Jährige seit 2004. Auch bei ihnen war die Aberkennung des Flüchtlingsstatus im Laufen, wogegen sich die beiden beim Bundesverwaltungsgericht beschwert hatten, sagte der Polizeisprecher.

Kadyrow sieht westliche Verschwörung

Indes meldete sich am Donnerstag nach tagelangem Schweigen der tschetschenische Regionalpräsident Ramsan Kadyrow zu der Bluttat zu Wort. Er beklagte darin eine Instrumentalisierung tschetschenischer Exilblogger durch westliche Geheimdienste, die gegen Russland und ihn arbeiten würden.

„Ich habe gewartet und beobachtet, wie sich die Gerüchte rund um die Ereignisse in Wien entwickeln. In Folge habe ich mich noch einmal von einer voreingenommenen Informationsmaschine überzeugen können. Sie hat die These einer Beteiligung von mir verbreitet, ohne dass es offizielle Erklärungen der (österreichischen, Anm.) Ermittlungsorgane geben würde“, schrieb er auf Russisch im Onlinedienst Telegram.

Moskau nimmt Kadyrow in Schutz

Auch das Außenministerium in Moskau hat am Donnerstag zur Tötung des gebürtigen Tschetschenen Stellung bezogen und stellte sich dabei hinter Kadyrow. „Wir stellen mit Bedauern fest, dass in einer Reihe Publikationen über eine mögliche Beteiligung der tschetschenischen Regierung bei der Ermordung spekuliert wurde. Wir weisen diese Anspielungen äußerst kategorisch zurück und denken, dass diese Spekulationen unangebracht sind und eine objektive Aufklärung stören“, reagierte Ministeriumssprecherin Marija Sacharowa auf eine Anfrage des liberalen Moskauer Fernsehsenders „Doschd“ (Regen). Sie betonte, dass die russische Botschaft in Wien in der Causa aktiv mit den zuständigen österreichischen Behörden zusammenarbeitet.