Vom internationalen Bühnenboden wie den Salzburger Festspielen, zum Heuboden des elterlichen Bauernhofes in Kirchberg an der Pielach (Bezirk St. Pölten) – das gab es immer wieder einmal, wenn sich die Sopranistin Christina Gansch zu Hause erholen wollte. Doch dieses Mal dauert es länger, geschickt bedient sie nach wie vor den Heuwender oder den Heukran im Stadel und kümmert sich um die jungen Kälber. Das Mithelfen auf dem Bauernhof ist für sie kein Problem.
Der künstlerische Stillstand der letzten Monate traf die junge aufstrebende Sopranistin und ihren ebenfalls singenden Ehemann Henry Neill aus England sehr hart, erzählte sie: „Mein Mann hat in Wien mittlerweile einen Job in einem Krankenhaus angenommen. Wir haben von einem Tag auf den anderen nicht mehr gewusst, was wir tun sollen. Eine Absage nach der anderen kam herein.“ Das Sommerprojekt in diesem Jahr wäre die Rolle der Marzelline in Ludwig van Beethovens „Fidelio“ beim renommierten Opernfestival von Glyndebourne in England gewesen. Diese Absage habe sie ganz besonders getroffen.
Neue Angebote kommen auf sie zu
Derzeit nutzt sie die Zeit, um neue Rollen einzustudieren und Kraft zu tanken für die kommenden Aufgaben und die Engagements, die zum Glück wieder eintrudeln. „Es kommen jetzt wieder die ersten Anfragen herein für die Jahre 2022 und 2023, es wird also schon weiter geplant. Das lässt mich schon wieder Hoffnung schöpfen. Seit diese Angebote da sind, schlafe ich wieder sehr viel ruhiger“, sagte sie nachdenklich im Gespräch.
Ihren warmen vollen Sopran und ihre herausragenden schauspielerischen Fähigkeiten loben Kritiker, Dirigenten und Regisseure. Besonders geschätzt wurde und wird sie vom russischen Jungstar am Dirigentenhimmel Teodor Correntsis und dem amerikanischen Regisseur und Mozartexperten Peter Sellars. Die beiden Künstler haben sie auch vom Sazburger Opernstudio in die regulären Opernproduktionen übernommen.
Eine musikalische Reise vom Pielachtal nach London
Sie habe bereits gesungen bevor sie noch richtig reden konnte, erzählte ihre Mutter Michaela Gansch. Früh habe man ihr Talent erkannt und immer weiter gefördert. „Ich war als Kind sehr aktiv und habe ganz viele verschiedene Dinge gemacht: Ob Ballett, Klavierunterricht, Lauftraining oder Gesangsstunden, ich habe sehr lange vieles ausprobiert und ausgeübt. Das Singen fiel mir aber immer am leichtesten“, ergänzt Christina Gansch.
Ein Glücksfall war der Unterricht in Kirchberg an der Pielach bei der Gesangspädaggin Marianne Gansch, die mit der Familie von Christina Gansch den Namen teilt aber nicht verwandt ist. In der Musikschule habe sie bei ihr die Liebe zur Musik, die richtige Technik und den nötigen Freiraum, viele Gesangsstile auszuprobieren, kennen- und schätzen gelernt.
Opernsängerin am Bauernhof
Nach umjubelten Auftritten in London, Paris, Hamburg oder Salzburg lebt Sopranistin Christina Gansch nun coronabedingt mit ihrem Mann in Wien oder auf dem Bauernhof ihrer Eltern im Pielachtal.
Nahtloser Übergang vom Studium zu Engagements
Es folgte die Aufnahmeprüfung ans Mozarteum in Salzburg. Das Studium schloss sie mit Auszeichnung ab und ging dann an das Royal College of Music in London. Mit der bestandenen Audition wurde ihr ein Vollstipendium für das Studium in London angeboten. Ab diesem Moment habe sie gewusst, dass sich der Beruf Opernsängerin als Lebensgestaltung ausgehen könne, sagte sie.
In London machte sie ihren Abschluss zum „Master of Music“. Es folgten Engagements in Hamburg, München, in die Schweiz und der Wechsel an das „Young Singers Project“ der Salzburger Festspiele, dem Nachwuchsprogramm in Salzburg. Dort entdeckten sie Correntsis und Sellars. Ihr Repertoire ist heute sehr breit gefächert und reicht von Barockopern (Händel) bis zu impressionistischen Werken wie „Pelleas und Melisande“ (Debussy). Die Rolle der Melisande sang sie bereits in Glyndebourne. Allein um sie wieder singen zu hören, sollte die Coronavirus-Krise bald überwunden werden können.