Aktion „Gemeinsam Gartln“ des Payerbacherhofs
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„Nachhaltig erholt“

Der fremde Garten als gefragtes Urlaubsziel

Der Zugang zum Grünen wird Urlaubern immer wichtiger, besonders in diesem Jahr. Ein Hotelier in Payerbach bietet Beete für Gartenliebhaber ohne eigenen Garten an. Einen anderen Zugang zum Thema hat das Gut Guntrams in Schwarzau am Steinfeld (beide Bezirk Neunkirchen).

Die Idee entstand während des Lockdowns. „Wir dachten, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen“, sagt Heinz Hübner, Eigentümer des Payerbacherhofs, heute. Gemeinsam mit seinen Söhnen legte er im Frühjahr auf einem ungenutzten Grundstück einige hundert Meter vom Hotel entfernt einen Garten an.

Das Konzept dahinter: Interessierte Gäste, die zumindest eine Woche im Hotel übernachten, können im Garten mithelfen und ihr eigenes Gemüse anpflanzen. Nach deren Abreise kümmern sich die Hoteliers weiter darum. Wenn die Gäste später zurückkommen, können sie ihre eigenen Lebensmittel ernten. Eine erneute Übernachtung ist dann zwar nicht mehr nötig, als Maßnahme zur Kundenbindung könnte das Projekt aber trotzdem funktionieren.

Gut Guntrams
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Hotelgäste können im Garten mithelfen – bei Bedarf auch mit Tipps der Eigentümer

„Nachhaltig erholt“

Die Reisesaison sieht für viele heuer anders aus als geplant, doch sie muss nicht unbedingt schlechter sein. Eine neue Serie zeigt im Sommer einmal pro Woche, wie Urlaub in Niederösterreich besonders umweltnah und -verträglich ausfallen kann.

Innovation in schwierigen Zeiten

„Wir liegen im Großraum von Wien, in einer Stunde ist man mit dem Zug bei uns. Gerade in der Stadt gibt es viele Leute, die keinen Zugang zu Gärten haben“, sagt Hübner. Momentan ist nur ein kleiner Teil des Grundstücks als Garten angelegt, im Erfolgsfall kann das Projekt „Gemeinsam Gartln“ aber erweitert werden.

Nach der schwierigen Zeit des Lockdowns im Frühjahr stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage im Payerbacherhof laut Hübner generell wieder etwas: „Wir sind zufrieden. In der Stadthotellerie und in anderen Gegenden ist es sicher schwieriger. Mittlerweile haben wir etwa 70 bis 80 Prozent der normalen Auslastung.“ Vor allem die Absage der Festspiele Reichenau sei schmerzhaft gewesen, mit eigenen Initiativen wie auch einem eigens gestalteten Alternativprogramm aus den Bereichen Musik, Schauspiel und Literatur habe man diesen Einbruch aber abfedern können.

Auslastungsrekord für Gut Guntrams

Während Tourismusbetriebe vor allem in den Ballungsräumen mit teils extremen Umsatzausfällen kämpfen, gibt es einzelne Unternehmen, die bisher von der Krise großteils verschont blieben. Tendenziell handelt es sich dabei um Unterkünfte im Grünen. Perfektes Beispiel dafür ist das Gut Guntrams in Schwarzau am Steinfeld, das erst seit drei Jahren Übernachtungsgäste empfängt. Seit Anfang Juli läuft das Geschäft dort sogar „besser als jemals zuvor“, sagt Eigentümer Stefan M. Gergely.

Gut Guntrams
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Die „Gartenlofts“ von Gut Guntrams sind direkt in die Natur eingebunden

Der Wiener Gastronom und studierte Biochemiker kennt die Gegend aus seiner Kindheit und Jugend. Das Grundstück, auf dem Gut Guntrams heute steht, gehört seiner Familie seit Generationen. Gergely wuchs in der Natur auf „und das hätte die beste Bildung nicht ersetzen können“, sagt er heute.

Landwirtschaftlicher Betrieb im Zentrum

Von außen ist das, was Gut Guntrams ausmacht, kaum zu sehen. Lediglich ein schweres Eisentor verweist auf diesen Namen – und daneben ein Automat, an dem 24 Stunden am Tag regionale Produkte gekauft werden können. Wenn sich das Tor öffnet, offenbart sich jedoch eine einzigartige Mischung aus Bio-Landwirtschaft, Artenschutzprojekt, Hotellerie, Gastronomie und Architektur.

„Erstens einmal ist es ein landwirtschaftlicher Betrieb, biologisch bewirtschaftet und 3,4 Hektar groß“, erklärt Betreiber Reinhard Adelsberger. Hier produziere man etwa Säfte oder auch Marmeladen. Als zweites und drittes Standbein agieren der Übernachtungsbetrieb und ein Lokal, jeweils im höherpreisigen Segment angesiedelt, eingebettet in die natürliche Umgebung und gleichzeitig Ausdruck moderner Architektur.

Weiter Blick auf das Thema Nachhaltigkeit

Er habe versucht, „etwas zu bewegen“, erklärt Gergely. Trotz seiner geringen Größe strebe sein Gut an, „über die klassischen Kriterien wie biologischer Landbau und Photovoltaik hinauszugehen und den Begriff der Nachhaltigkeit umfassender zu sehen.“ Das fängt bei der Sammlung alter Sorten an und geht über Renaturierungsprojekte bis hin zum Austausch mit Interessierten, die vor allem aus Städten kommen.

Gut Guntrams
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In der „Arche Guntrams“ werden alte Obst- und Gemüsesorten gesammelt und Ansätze in Bezug auf Nachhaltigkeit erforscht

„Die Sortenvielfalt liegt uns sehr am Herzen, und wir erzählen es auch den Gästen“, sagt auch Adelsberger. So gebe es etwa regionale und saisonale Speisekarten, „zum Beispiel Streuselkuchen mit dem James-Grieve-Apfel oder dem Klarapfel, einer Frühsorte.“

Als erzieherisches Unterfangen möchte Gergely sein Projekt aber nicht bezeichnen. „Der Zeigefinger ist nicht meines.“ Es gehe darum, die Menschen selbst entdecken zu lassen. Das passiere zum Beispiel beim gemeinsamen Ernten, etwa von Wiesenkräutern. Die Gäste würden dann den daraus gewonnen Sirup bekommen, erzählt Gergely: „Das sind Versuche, einen Stadt-Land-Austausch zu befördern. Nur Natur und Artenschutz ist zu wenig. Ich muss auch das menschliche Umfeld mitnehmen.“