Ärztin bei der Untersuchung mit einem Stetoskop
APA/HELMUT FOHRINGER
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Coronavirus

Zweite Welle: Ärzte drohen mit Schließungen

Laut einer Umfrage der Ärzteinitiative „Plattform Freiwilligkeit“ sei nur ein Drittel der befragten Hausärzte bereit, ihre Ordination im Fall eines zweiten Lockdowns bedingungslos offen zu halten. Die Versorgung sei gefährdet. Die ÖGK weist das zurück.

184 Hausärztinnen und Hausärzte aus Niederösterreich nahmen an der Befragung teil. „Mehr als die Hälfte der Befragten stellt zwei Bedingungen für eine Dienstbereitschaft während eines möglichen zweiten Lockdowns“, so Oliver Rückert, Hausarzt und Obmann der Ärzteinitiative der Plattform Freiwilligkeit. „Es müsste sowohl geeignete Schutzausrüstung gratis zur Verfügung gestellt werden als auch im Vorfeld eine Zusage für einen Kosten- und Einkommensausgleich erfolgen.“ Etwa 55 Prozent der befragten Hausärztinnen und Hausärzte gaben an, bei einem weiteren Lockdown in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, heißt es in der Auswertung der Umfrage.

Umfrage: 45 Prozent will Kassenverträge früher kündigen

Nach Angaben der Initiative denke aber auch unabhängig von einem Lockdown fast die Hälfte der befragten Hausärztinnen und Hausärzte in Niederösterreich über eine berufliche Veränderung nach. 45 Prozent wollen alle Kassenverträge bzw. nur den ÖGK-Kassenvertrag früher als geplant kündigen.

Begründet werde das nach Angaben der Aussendung vor allem mit mangelnder Wertschätzung seitens der Öffentlichkeit (55 Prozent), mangelnder wirtschaftlicher Perspektive (57 Prozent), mangelndem Respekt seitens des Vertragspartners ÖGK (73 Prozent) sowie einem ungeeigneten Leistungs- und Honorarkatalog (91 Prozent). In der Gruppe der 51- bis 55-Jährigen würden mehr als 60 Prozent darüber nachdenken oder seien sich bereits sicher, die Kassenverträge früher als geplant zu kündigen. „Diese Gruppe ist groß und enorm wichtig. Daher ist es dringend an der Zeit, die Alarmsignale wahrzunehmen und sinnvolle Strategien zum Erhalt der hausärztlichen Versorgung zu entwickeln“, so Rückert.

ÖGK: Vertragspartner bestmöglich unterstützt

Seitens der ÖGK heißt es dazu in einer schriftlichen Stellungnahme an noe.ORF.at, dass man die Vertragspartner in den vergangenen Monaten „bei ihrer Tätigkeit für die Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Maßnahmen unterstützt“ habe, etwa der telefonischen Krankmeldung, der telemedizinischen Krankenbehandlung oder Befundbesprechung. Künftig wolle man Videokonsultationen weiter forcieren und arbeite derzeit an „einer attraktiven Lösung für unsere Vertragspartner“, heißt es.

Bezüglich einer möglichen zweiten Welle sei man vorbereitet, man habe die gesetzten Maßnahmen analysiert und könne bei Bedarf erfolgreiche Maßnahmen wieder einsetzen, sofern sie nicht sowieso weiter bestehen. Zur tatsächlichen finanziellen Situation am Ende des Jahres könne man derzeit noch nichts sagen, heißt es von der ÖGK. „Den – fachgruppenweise völlig unterschiedlichen – Frequenz- und Umsatzrückgängen im 1. Halbjahr werden Nachholeffekte und damit höhere Frequenzen und Umsätze im 2. Halbjahr gegenüberstehen.“

Hausärzte seien zur Versorgung verpflichtet

In puncto Vertragskündigung schreibt die ÖGK in der Stellungnahme: „Im Übrigen sind unsere Vertragspartner gesamtvertraglich verpflichtet, die Versorgung unserer Anspruchsberechtigten sicherzustellen. Eine Ordinationsschließung wegen befürchteter Umsatzrückgänge wäre daher gar nicht zulässig und würde außerdem zu weitaus höheren Honorareinbußen führen als bei geöffneten Ordinationen. Die ÖGK kann nur für tatsächlich erbrachte Leistungen Honorare bezahlen. Etwaige Ausgleichsansprüche sind von den Ärztekammern – wie auch von anderen Interessenvertretungen – an den Bund zu richten. Wir haben aber rasch reagiert und sind sofort unseren Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern durch verbesserte Akontierungsregelungen und Vorschusszahlungen entgegen gekommen.“

Die Bereitstellung der notwendigen Schutzausrüstung sei laut ÖGK im Fall einer zweiten Welle kein Problem. Die Anschaffung über das Gesundheitsministerium bzw. über das Rote Kreuz habe sich gut bewährt, heißt es. „Die Österreichische Gesundheitskasse hat das Gesundheitsministerium bei der Bedarfserhebung und der Verteilung unterstützt. Eine gesamthafte Steuerung der Beschaffung sollte auch in Hinblick auf den Herbst sichergestellt werden“, schreibt die ÖGK in der Stellungnahme.