Betriebsversammlung der Postbus-Fahrer in Hollabrunn
ORF/Thomas Puchinger
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Chronik

Fronten im Postbus-Streit verhärtet

Im Raum Hollabrunn hat es Mittwochfrüh Einschränkungen im Postbus-Verkehr gegeben. Der Zentralbetriebsrat hatte zu einer Betriebsversammlung geladen. Der Streit zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung der ÖBB-Tochter Postbus spitzt sich damit immer weiter zu.

Streit um neue Dienstpläne Grund für die Versammlung ist ein Streit über die neuen Dienstpläne. Diese sehen auch Dienstteiler vor – das heißt, Lenker sind in der Früh und am Abend im Einsatz, die Zeit dazwischen wird nicht bezahlt.

Der Streit um die neuen Dienstpläne beim Postbus scheint derzeit zu eskalieren. Nicht nur, dass man sich in den Details des Dienstplanes uneinig ist, selbst bei der Frage, wie viele Busse im Raum Hollabrunn Mittwochfrüh stillstanden, gehen die Angaben des Unternehmens und des Betriebsrates weit auseinander. Sieben Busse seien in der Früh ausgefallen, sagte ÖBB-Sprecher Christopher Seif. Damit seien 12 Prozent der Postbusse, die normalerweise in und rund um Hollabrunn im Einsatz sind, nicht unterwegs gewesen – der Großteil sei aber planmäßig gefahren.

Geht es nach dem Zentralbetriebsratsvorsitzenden Robert Wurm, der zu der Betriebsversammlung in der Dienststelle Hollabrunn geladen hatte, sehen die Zahlen anders aus. Er habe Rückmeldungen erhalten, dass zumindest 44 Busse in der Region mit Verspätung unterwegs gewesen seien – das würde laut Wurm bedeuten, dass es auf rund 120 Streckenabschnitten zu Einschränkungen kam.

Druck auf Lenker, nicht an Versammlung teilzunehmen

Rund 30 Buslenker, darunter auch zahlreiche Betriebsräte, fanden sich jedenfalls ab 4.00 Uhr Früh in Hollabrunn ein. Nach Angaben des Zentralbetriebsratsvorsitzenden seien auch in den Außenstellen, wie etwa in Pulkau, die Busse eine Zeit lang stillgestanden.

Außerdem kritisierte Wurm, dass das Unternehmen massiven Druck auf die Beschäftigten ausüben würde. „Da stehen ganz brave Arbeitnehmer“, sagte Wurm gegenüber noe.ORF.at. Er könne daher nicht verstehen, „dass man denen schon mit Kündigung droht und dass man dem Betriebsrat, der diese Sitzung einberuft, sofort sagt, alle Kosten, die jetzt erhoben werden, werden dir strafrechtlich vorgeschrieben.“

In einem Schreiben des Postbus-Vorstands an Wurm, das noe.ORF.at vorliegt, wurde der Betriebsratsvorsitzende am Dienstag darauf hingewiesen, dass eine Versammlung zwischen 4.00 und 8.00 Uhr den Betriebsablauf in „nahezu in der größtmöglichen unzumutbaren Weise“ störe, da Schüler und Arbeitnehmer im ländlichen Raum auf die Verbindungen angewiesen seien. Das Unternehmen forderte Wurm darin auf, die Versammlung auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. Ansonsten könne der Betriebsinhaber auf Unterlassen klagen. Zudem könnten auch „etwaige Schadenersatzansprüche“ durchgesetzt werden.

ÖBB: „Dinge falsch dargestellt“

ÖBB-Sprecher Christopher Seif wies zurück, dass es Druck auf die Lenker gegeben hätte. Seitens Postbus müsse man auch Störungen der Betriebsabläufe durch Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit in Kauf nehmen. Allerdings müsse der Einberufer – wie auch in dem Schreiben an Wurm erläutert wurde – eine vom Gesetzgeber vorgesehene Interessensabwägung durchführen, um den Betriebsablauf eben nicht in unzumutbarer Weise zu stören.

Darüber hinaus sei die Kritik am Dienstteiler unzulässig und viele Dingen würden falsch dargestellt werden, betonte Seif: „Dass der Lenker oder die Lenkerin 16 Stunden Einsatzzeit hat, stimmt eben nicht, weil eben der Dienstbeginn und das Dienstende an einem Ort stattfinden. Und deswegen kann auch die Zeit dazwischen, eben diese neun Stunden, von jedem sinnvoll genützt werden.“

Busfahrer sprechen von „gestohlener Lebenszeit“

Auslöser für die Diskussion ist ja, dass der Zentralbetriebsratsvorsitzende im Vorfeld kritisiert hatte, dass die Lenker diese neun unbezahlten Stunden nicht für sich nutzen könnten und brachte gegenüber noe.ORF.at ein Beispiel: „Jetzt fängt der Kollege in Hollabrunn an, dort parkt er seinen privaten Pkw, steigt in den Bus, fährt die drei Stunden und steht dann in Pulkau. In Pulkau darf er mit dem Bus nicht in die Dienststelle fahren und sein Pkw ist in Hollabrunn, 60 Kilometer weiter weg. Der hat gar keine Möglichkeit. Der muss in Pulkau neun Stunden sitzen bleiben, bis er weiter fahren darf“, so Wurm.

ÖBB-Sprecher Seif kontert: „Die Aussage des Zentralbetriebsrat, dass ein Lenker seinen Dienst irgendwo, kilometerweit von seinem Startort beenden muss, ist schlichtweg falsch.“ Auch die Häufigkeit, mit der Dienstteiler in Kauf genommen werden müssten, würde falsch dargestellt werden. Demnach würde der Dienstteiler mit Fahrten in der Früh und am Abend in Hollabrunn lediglich drei von zehn Dienstorte betreffen und selbst hier seien es maximal zwei Dienste im Monat, so der ÖBB-Sprecher.

Johannes Hofmann ist seit 37 Jahren Postbuslenker und nahm an der Betriebsversammlung teil. Dem Dienstteiler kann er nichts abgewinnen. „Das ist eine Frechheit, es ist sozial unverträglich. Es ist ganz einfach so, dass man heute sagt: Wir haben Dienstzeiten, dass wir Personen in die Arbeit bringen, dass wir Kinder in die Schule bringen. Du fährst am Nachmittag bis am Abend wieder.“ Dass die Zeit dazwischen unbezahlt bleibe und das Unternehmen von Freizeit spreche sei „schlichtweg nicht okay“, so Hofmann. Auch Johann Schreiner, Postbus-Betriebsrat in Poysdorf, übte massive Kritik: „Das ist für mich gestohlene Lebenszeit“.

Betriebsversammlung der Postbus-Fahrer in Hollabrunn
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In der Dienststelle in Hollabrunn fand ab 4.00 Uhr Früh die Betriebsversammlung statt

ÖBB: Lenker haben sich für Dienste beworben

Aus diesem Grund müsse daher auch die Zeit dazwischen als Dienstzeit bezahlt werden, argumentiert Wurm. Zudem entspreche der Dienstplan auch nicht dem Kollektivvertrag. Von den ÖBB wird das allerdings bestritten. „Die Dienstnehmer beginnen und beenden ihren Dienst an einem Ort und wir haben keine Dienstpläne zusammengestellt, die es einem Mitarbeiter unmöglich machen würden, diese neun Stunden auch sinnvoll zu nutzen“, so ÖBB-Regionalsprecher Christopher Seif.

Zudem hätten sich für alle Dienstpläne mit geteilten Diensten Lenkerinnen und Lenker freiwillig gemeldet. „Kein Lenker muss damit zwei Dienste am Tag fahren, der dies nicht möchte“, betonte Seif.

Die Geschäftsführung der Österreichischen Postbus AG beharrt jedenfalls auf die neue Dienstzeit-Regelung. Diese werde auch schon bei anderen Bus-Unternehmen angewendet, heißt es. Es würden sämtliche gesetzlichen Bestimmungen und Vereinbarungen eingehalten. Laut Unternehmen seien von den geteilten Diensten nur die Linien in Pulkau, Ravelsbach und Ernstbrunn betroffen.

Misstrauensantrag gegen Vorstand geplant

Am Mittwochnachmittag findet eine eine Aufsichtsratssitzung statt. Der Zentralbetriebsrat plant dabei, nach eigenen Angaben, einen Misstrauensantrag gegen den Vorstand einzubringen.