Elektroauto beim Aufladen an einer E-Tankstelle
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„Mutter Erde“

Langsame Wende hin zum E-Auto

Mehr als 10.000 Elektroautos sind auf Niederösterreichs Straßen unterwegs – mehr als in jedem anderen Bundesland, aber weniger als ursprünglich geplant. Bis 2030 hat sich das Land ehrgeizige Ziele gesetzt, bis dahin gilt es noch etliche Hürden zu überwinden.

Für den Pensionisten Roland Mader-Kubicek war es eine Mischung aus emotionaler und logischer Entscheidung. Seit zwei Jahren steht ein Elektro-Smart in seiner Garage in Hinterbrühl (Bezirk Mödling). „Es hat mich interessiert und mit meiner Photovoltaikanlage war es zwangsläufig die weitere Folge“, erklärt er. „Man gewinnt die Energie selbst und das Fahren kostet nichts, wenn man die Anschaffungskosten nicht berücksichtigt.“

Ein weiterer Wunsch Mader-Kubiceks war es, seinen Akku im Auto auch als zusätzlichen Stromspeicher im Haushalt zu verwenden, die Energie also aus dem Fahrzeug retour zu leiten. Damit könnte er etwa seinen Kühlschrank betreiben, wenn das Auto gerade nicht anderweitig gebraucht wird. „Da habe ich sogar vor etwa einem Jahr eine Anfrage getätigt. Das ist aber noch nicht so weit, dass man das verwerten kann“, sagt der Pensionist.

Smart mit Elektromotor
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Mader-Kubicek lädt sein E-Auto in der eigenen Garage

Ute Teufelberger, Verantwortliche für E-Mobilität beim Energieversorger EVN, spricht von „Zukunftsmusik“, die Technologie „wird aber kommen“. Der Fachbegriff dafür lautet „Vehicle to Grid“, bei der EVN laufen dazu bereits Forschungsprojekte. „Die Technologie gibt es bereits bei den Autoherstellern, sie ist aber noch nicht praktikabel.“ Teufelberger rechnet damit, dass sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren zur Marktreife kommt.

Ambitionierte Ziele für E-Autos bis 2030

Es ist ein sehr kleiner Teil einer sehr großen Debatte. In der Klima-Strategie des Landes spielen E-Autos eine entscheidende Rolle. Bis 2030 sollen die meisten Neuwagen elektrisch fahren – doch der Weg dorthin ist noch ein weiter. Nur etwa jeder zwanzigste verkaufte Neuwagen wird derzeit rein elektrisch betrieben.

Details dazu gibt es bei der Statistik Austria. Demnach wurden in Niederösterreich heuer im ersten Halbjahr etwa 1.000 reine Elektro- und 2.400 Hybridautos neu zugelassen, gleichzeitig aber mehr als 11.000 Benziner und 7.500 Diesel. Eine andere Dimension bekommen diese Zahlen, wenn man sie mit dem Vorjahreszeitraum vergleicht. Seitdem gab es bei Elektro- und Hybridautos eine Steigerung, während Händler bei Benzin- und Dieselfahrzeugen extreme Einbußen verzeichneten.

Smart mit Elektromotor
ORF
Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt, dass heuer im ersten Halbjahr mehr Elektro- und Hybrid-, aber weniger Benzin- und Dieselautos verkauft wurden

Bei der Energie- und Umweltagentur (ENU) des Landes rechnet man damit, dass in zehn Jahren mehr als die Hälfte der Neuwagen elektrisch fährt. Dass derzeit noch mehr als 90 Prozent der verkauften Autos mit einem Verbrennungsmotor angetrieben werden, „tut natürlich weh“, sagt ENU-Geschäftsführer Herbert Greisberger. „Es gibt noch immer eine gewisse Skepsis der Bevölkerung der E-Mobilität gegenüber, aber das ist durch die Erfahrung mit dieser E-Mobilität vergleichsweise einfach zu überwinden.“ Wichtigster Ansatzpunkt sei die Autoindustrie, die mit angekündigten günstigeren Modellen mit besserer Reichweite für den nötigen Schwung sorgen könnte.

Geringer Anteil an privaten Käufern

Solche Neuwagen werden allerdings eher als Firmenautos genutzt. Bundesweit entfallen etwa drei Viertel der E-Auto-Neuzulassungen auf Unternehmen und Behörden. „Das ist aber ein generelles Phänomen des Neuwagenmarktes“, sagt Greisberger, „die typische Privatperson verlässt sich eher auf den Gebrauchtwagenmarkt.“ Dieser sei bei E-Autos derzeit noch nicht gut entwickelt, das könnte sich in den nächsten Jahren aber ändern.

Wo, wie und wie schnell das Auto geladen werden kann – diese Fragen halten derzeit noch viele Interessenten von einem Kauf ab. In den vergangenen Jahren haben in Niederösterreich mehrere Anbieter öffentliche Ladestellen errichtet. Die EVN betreibt derzeit landesweit 1.300 dieser Ladepunkte, darunter 40 Schnellladestationen. Für den Fall, dass die Ziele des Landes erreicht werden, wäre das zu wenig. „Wir haben derzeit noch einen niedrigen Bestand an Elektroautos“, sagt EVN-Expertin Ute Teufelberger. „Entsprechend und analog zur Steigerung der Elektroautos wollen wir auch die Ladeinfrastruktur ausbauen.“ Zuerst wolle man aber noch neue Technologien abwarten. „Es gibt eine Tendenz in Richtung Standardisierung, das sehen wir sehr positiv“, sagt Teufelberger.

Erleichterungen für Wohnungsbesitzer angekündigt

Neun von zehn Mal laden die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher ihr E-Auto bei sich zu Hause. In einem Einfamilienhaus wie etwa bei Roland Mader-Kubicek ist das naturgemäß leichter als in einer Wohnung. Dort, also in Mehrparteienhäusern, gibt es momentan noch Probleme, räumt auch die EVN-Expertin ein.

Bisher müssen Wohnungseigentümer die Erlaubnis aller Nachbarn einholen, um auf eigene Kosten eine Lademöglichkeit zu installieren. Nach einer Gesetzesänderung auf Bundesebene soll hier künftig eine einfache Mehrheit ausreichen. „Das wird es für den Einzelnen um einiges einfacher machen“, sagt Teufelberger. Einen Entwurf der entsprechenden Gesetzesnovelle soll es noch im Herbst geben. Der Anreiz für ein E-Auto könnte dadurch deutlich steigen – zumindest für den Eigentümer der Wohnung und zumindest, wenn dieser im Haus einen eigenen Garagenplatz hat.