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Wirtschaft

AMS startet Pilotprojekt Männerberatung

Das Coronavirus hat den Arbeitsmarkt schwer getroffen, besonders schwer haben es einmal mehr Langzeitarbeitslose. Für die männlichen Klienten startete das AMS NÖ inmitten der CoV-Krise im April eine neue Initiative: ein Männerberatungszentrum.

Robert Theuerkauf kann wieder lachen. Seit ein paar Wochen hat der gelernte Schlosser wieder eine berufliche Perspektive. Davor war er viele Jahre auf Jobsuche, hat hunderte Bewerbungen geschrieben, allerdings vergeblich. „Viele haben gar nicht reagiert, einmal war eine Firma dabei, die gesagt hat, ich bin zu alt, zu teuer und damit war es eigentlich erledigt“, schildert Theuerkauf seine Erfahrungen: „Und irgendwann gibt man die Hoffnung auf.“

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Nach vielen Jahren in der Arbeitslosigkeit will Robert Theuerkauf (re.) nun mit einem Handwerksexpress-Service neu durchstarten

Seit April besucht der 58-Jährige aber das Männerberatungszentrum in Amstetten – ein Pilotprojekt in Niederösterreich. Ziel ist es hier Männer, die schon länger arbeitslos sind und nicht gleich vermittelt werden können, innerhalb eines halben Jahres Schritt für Schritt wieder auf einen Job vorzubereiten und dabei auch so manche private Probleme zu lösen. Denn oft liegt die Ursache für die Arbeitslosigkeit ganz wo anders, weiß Projektleiter Leopold Kaiblinger, „wie etwa finanzielle Probleme, Kinderbetreuungspflichten oder gesundheitliche Einschränkungen.“

Die Entwicklung von Zukunftsperspektiven

Erst wenn diese Probleme gelöst sind, beginnt laut Projektleiter Kaiblinger die sogenannte Zukunftsphase, „in der wir gemeinsam eine Zukunftsperspektive entwickeln.“ Im Gegensatz zum Beratungsgespräch beim AMS geht es hier nicht primär um Arbeitsmarktthemen, „sondern um vermittlungshemmende Faktoren, die wir lösen müssen“, erklärt AMS-Landeschef Sven Hergovich: „Dort wollen wir zusätzlich unterstützen, weil wir niemanden am Arbeitsmarkt zurücklassen wollen.“

Männer und Frauen kämpfen in diesen Situationen oft mit unterschiedlichen Herausforderungen. Deshalb wurde Anfang April – neben sieben bereits bestehenden Frauenberatungsstellen – das erste Männerberatungszentrum gestartet. „Häufige Problemlagen, die wir bei Männern sehen, sind Suchtproblematiken, aber auch psychische Probleme oder gesundheitliche Einschränkungen und hier wollen wir noch zielgerichteter und besser unterstützen“, ergänzt Hergovich.

„Wollen Angst nehmen“

In der Praxis scheint das zu funktionieren. „Wir merken, dass sich von Mann zu Mann manches leichter redet und man öffnet sich auch sehr stark“, freut sich Kaiblinger, für den eine offene Kommunikation ganz wesentlich ist. Während der 24-wöchigen Begleitung haben die Klienten Einzel- und Gruppenberatung. Die Kommunikation erfolgt dabei oft auch – ganz bewusst – virtuell, etwa über Videokonferenzen oder eine App am Handy. „Indem sie mit den neuen Medien aktiv arbeiten müssen, wollen wir ihnen die Angst davor nehmen“, so Kaiblinger.

Seit dem Projektstart Anfang April haben schon 140 Männer das Beratungszentrum in Amstetten besucht, 30 schlossen das Programm bereits ab. Viele können zwar nur einen Pflichtschulabschluss vorweisen, trotzdem haben 16 von ihnen mittlerweile einen neuen Beruf gefunden. Darunter ist auch Robert Theuerkauf. Sieben Jahre vor der Pension will er sich noch einmal selbstständig machen – mit einem Handwerks-Express. „Wenn irgendwo eine Fliese fehlt, eine Lampe locker ist oder sich Leute einen Kasten nach Hause liefern lassen, ihn aber selbst nicht aufbauen können, dort biete ich Hilfe an.“

Die Pilotphase der Männerberatungsstelle läuft noch bis Ende des Jahres. Sollte sich das Projekt bewähren, könnte es künftig auch auf andere Standorte in Niederösterreich ausgedehnt werden, kündigt Hergovich an. Theuerkauf erstellt unterdessen seinen Businessplan. Im besten Fall will er seinen Handwerksexpress Anfang nächsten Jahres starten. Doch schon jetzt gibt ihm die neue Perspektive viel Kraft: „Wenn man so lange arbeitslos ist, ist das ja nicht lustig. Ich freue mich deshalb jetzt, weil ich weiß, dass etwas passiert, dass etwas weitergeht und man hat eine Perspektive.“