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Home-Office: Jeder Kilometer zählt

Die Coronavirus-Pandemie hat die Arbeitswelt wohl nachhaltig verändert. Home-Office ist inzwischen ein gängiges Arbeitsmodell. Klima-Experten sehen darin zwar nicht die Lösung zur CO2-Neutralität, aber jeder eingesparte Auto-Kilometer zähle, heißt es.

Zu Jahresbeginn war Home-Office an vielen Arbeitsplätzen des Landes noch eine Arbeitsform für die Minderheit. Vorbehalte gab es sowohl bei Arbeitgebern als auch unter Arbeitnehmern. Mit dem Lockdown im Frühling mussten viele von einem Tag auf den anderen auf Tele-Arbeit umstellen. Die Verkehrszahlen gingen drastisch zurück, weil neben dem Arbeits- auch der Freizeitverkehr durch den Lockdown massiv zurückging.

Inzwischen wurde im Straßenverkehr wieder das Vor-Lockdown-Niveau erreicht, während die Auslastung im öffentlichen Verkehr laut Verkehrsverbund Ostregion bei derzeit 70 bis 80 Prozent liegt. Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich führt das darauf zurück, dass viele öffentliche Pendler möglicherweise auf das private Auto umgestiegen sind.

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Häufigeres Arbeiten im Home-Office kann Verkehrsspitzen verringern und Staus reduzieren.

Das vermehrte Arbeiten im Home-Office habe die Verkehrsspitzen verringert und damit die Staus verkleinert, was möglicherweise den Umstieg auf das Privatauto gefördert haben könnte, so Gratzer. „Straßen sind ähnlich wie Gewässer fließende Behältnisse, sie füllen sich wieder.“ Daher sei es wichtig, öffentliche Verkehrsmittel attraktiv zu halten: „Ich glaube es ist ganz wichtig, dass man auch begleitende Maßnahmen setzt, dass die Unternehmen und Betriebe es den Beschäftigten durch betriebliches Mobilitätsmanagement schmackhaft machen, mit den Öffis oder dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen.“ Eine weitere Möglichkeit wäre, die Anzahl der Firmenparkplätze zu reduzieren, so Gratzer.

Verkehr für ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich

Etwa ein Drittel der österreichischen CO2-Emissionen stammt aus dem Verkehr. Wenn Österreich bis 2040 eine CO2-Neutralität herstellen möchte, dann müssten jährlich knapp vier Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, rechnet Harald Rieder, Klimatologe an der Universität für Bodenkultur vor. Das sei ein „enormer Weg“ und bedeute eine „generelle Änderung unseres Wirtschaftssystems“, so Rieder.

Er fordert eine nachhaltige Entwicklung, sieht aber nach dem Lockdown im Frühling auch Hoffnung: „Vor diesem Shutdown konnten wir uns alle nicht vorstellen, dass wir mehrere Tage im Home-Office verbringen, und dass das Verkehrsaufkommen in so kurzer Zeit so drastisch reduziert werden kann.“ Jetzt gehe es darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Mutter-Erde-Schwerpunkt

Der Mutter-Erde-Schwerpunkt, vom 12.-20. September in allen ORF-Medien, widmet sich dem Thema der menschengemachten globalen Erwärmung. Im Fokus stehen neben dem Status quo die Lösungen und Chancen des Klimaschutzes sowie die Learnings aus der Coronavirus-Krise für die Klimakrise.

Einige Tage Home-Office können ein kleiner Beitrag zur Decarbonisierung der Wirtschaft sein, weil „jeder Kilometer weniger gefahren ist auch weniger Co2-Ausstoß“, so Rieder. Eine Studie in Deutschland habe gezeigt, wenn 40 Prozent der Erwerbstätigen zwei Tage pro Woche nicht ins Büro fahren, sondern Home-Office machen, dann könnten circa fünf Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Für Österreich heruntergebrochen könnten das 500.000 Tonnen sein.

Home-Office Potential liegt bei 46 Prozent

Viele Arbeitgeber und auch Beschäftigte zeigen sich mit den Erfahrungen im Home-Office zufrieden und sprechen sich für zumindest eine tageweise Beibehaltung aus. Im Herbst sollen die Sozialpartner gesetzliche Grundlagen für das Arbeiten von zu Hause verhandeln. Potential ist jedenfalls vorhanden. Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts hat ergeben, dass in Wien knapp die Hälfte aller unselbstständig Beschäftigten ihre Tätigkeit auch Zuhause verrichten könnte, in Niederösterreich sind es etwa 46 Prozent.