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Land verschärft CoV-Maßnahmen

Angesichts der steigenden Zahlen hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitagvormittag umfassende neue Maßnahmen für Niederösterreich präsentiert. So soll es unter anderem Kontrollen der Polizei und Gästelisten in der Gastronomie geben.

Zusätzlich zu den Maßnahmen der Bundesregierung setzte Mikl-Leitner am Freitag eigenständige Schritte für Niederösterreich. „Die aktuelle Lage bleibt weiterhin herausfordernd“, so die Landeshauptfrau und nahm Bezug auf die weiteren niederösterreichischen Bezirke, in denen die Coronavirus-Ampel auf Orange geschaltet wurde. Seit Donnerstagabend sind neun Bezirke und zwei Statutarstädte orange – mehr dazu in Zehn weitere Bezirke orange (news.ORF.at).

Die Maßnahmen sollen in den einzelnen Bezirken unabhängig voneinander in Kraft treten, sobald die Coronavirus-Ampel dort auf Orange oder Rot steht. Das werde jede Woche neu beurteilt, so Mikl-Leitner. „Die rechtliche Grundlage wurde jetzt mit dem Covid-Gesetz geschaffen, das mit 1. Oktober Gültigkeit hat“, erläuterte die Landeshauptfrau in einer Pressekonferenz.

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Corona-Maßnahmen
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Die Maßnahmen im Überblick
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Ab sofort strenge Kontrollen der Polizei

Es gebe noch immer Menschen, die jetzt noch mit dem Virus sorglos umgehen und sich nicht an die Maßnahmen halten würden. „Das halte ich für verantwortungslos. Deshalb haben wir analysiert, wie es gelingen kann, die Zahlen nach unten zu bringen. Ein Ergebnis, das wir in der Analyse fixiert haben, ist, dass wir sofort mit strikten Kontrollen beginnen werden. Ab sofort gibt es strenge Kontrollen der Polizei, was die Einhaltung der Bundesmaßnahmen betrifft“, so Mikl-Leitner.

Kein Publikum bei Sportveranstaltungen

Auch bei Sportveranstaltungen kündigte sie weitere Regeln an, die ab 5. Oktober in Bezirken mit der Ampelfarbe Orange gelten. Denn „besonders von Sportveranstaltungen geht Gefahr aus. Wir wollen aber, dass weiterhin Sportveranstaltungen stattfinden.“ Künftig sollen die Veranstaltungen ohne Publikum über die Bühne gehen.

Ausgenommen davon seien Familienangehörige, „die ihre minderjährigen Kinder begleiten und betreuen und den Shuttledienst machen müssen“, sowie Bundesliga-Veranstaltungen im Freien. Auch hier gelten die Regulative der Bundesebene, so Mikl-Leitner.

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Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner präsentierte am Freitag verschärfte Maßnahmen für Niederösterreich

Verpflichtende Gästelisten in der Gastronomie

In orangefarbenen Bezirken sind zudem deutlich weniger Gäste bei Kulturveranstaltungen zugelassen. Bei Indoor-Veranstaltungen mit zugewiesenen Sitzplätzen sind statt 1.500 nur noch 250 Personen erlaubt. Outdoor wird die Anzahl von 3.000 auf 1.000 reduziert, hieß es. Bei nicht zugewiesenen Plätzen bleibt es laut Mikl-Leitner bei den derzeit gültigen Regeln der Bundesregierung, also zehn Personen im Inneren und 100 bei Veranstaltungen im Freien.

Außerdem gelten verpflichtende Gästelisten zur Dokumentation der Besucher in der Gastronomie, wie es bereits in Wien der Fall ist. Die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) soll in den kommenden Tagen die Vorgaben ausgeben, die auch nach Möglichkeit in Abstimmung mit Wien umgesetzt werden sollen, sagte die Politikerin, „zum Schutz aller“ sowie zur Sicherstellung des Contact-Tracings.

„Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen“ in Kindergärten

In den Kindergärten gelte bei Orange bereits jetzt ein „Betrieb mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen“, so werden etwa hier die Kinder vom Kindergartenpersonal im Eingangsbereich in Empfang genommen. In den Bezirken mit Ampelfarbe Rot würde dann ein eingeschränkter Betrieb eingeführt. „Aber auch hier bleiben die Kindergärten offen, für alle jene, die keine andere Möglichkeit haben“, so Mikl-Leitner.

Darüber hinaus wird in Bezirken mit roter Ampelfarbe die Sperrstunde auf 22.00 Uhr vorverlegt sowie in den Kliniken, Pflegeheimen, Reha- und Kuranstalten die Besuchsrechte eingeschränkt, mit Ausnahme der Geburten-, Kinder- und Palliativstationen, hieß es am Freitag bei der Pressekonferenz.

Im Kampf gegen das Virus wolle man in Niederösterreich „differenzieren zwischen den Regionen mit höheren und denen mit niedrigeren Infektionszahlen“, fuhr die Landeshauptfrau vor. „Niederösterreich ist das größte Bundesland. Da ist es wichtig, nur in jenen Bezirken Maßnahmen zu setzen, wo es notwendig ist, und nicht landesweit.“ Das sei „Neuland in Österreich“, so Mikl-Leitner. Sie appellierte zudem an Unternehmer, Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten zu lassen, um Pendlerbewegungen zu reduzieren. Ziel sei es, in den kommenden Wochen auf „50 Prozent Homeoffice“ zu kommen.

Neue Covid-19-Station in Gmünd eröffnet

Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) ergänzte, dass sich die Zahl der hospitalisierten Menschen innerhalb der letzten Woche verdoppelt habe. Derzeit seien in den Spitälern Melk, Lilienfeld, Neunkirchen, Stockerau, Waidhofen an der Thaya, Mödling und Tulln sowie seit Freitag neu in Gmünd Covid-19-Stationen eingerichtet, informierte er und stellte ein „strengeres Besuchsregime in Landeskliniken und Pflegeheimen“ in Aussicht.

Die Reproduktionszahl liege in Niederösterreich aktuell bei 1,24, sagte Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) im Zuge der Pressekonferenz. „Bei zwei Drittel aller neu positiv Getesteten können wir nachvollziehen, woher die Infektionen kommen.“ Dennoch wolle man mehr und schnellere Test anbieten. Aus diesem Grund sei man in Zukunft mit „35 mobilen Testteams“ unterwegs.

Pulker begrüßte „punktgenaue Maßnahme“

Mario Pulker, der Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, begrüßte die „differenzierte und punktgenaue Maßnahme für Niederösterreich“ seitens der Landesregierung: „Eine Vorverlegung der Sperrstunde wäre für sehr viele unserer Betriebe eine finanzielle Katastrophe. Jedes Mittel, um das zu verhindern, soll uns recht sein.“ Er bedanke sich bei der Landeshauptfrau, dass man hier eine wirtschaftlich verträglichere Variante umsetze.

FPÖ kritisiert Verschärfungen im Land

Die angekündigten Verschärfungen stießen bei den niederösterreichischen Freiheitlichen auf wenig Gegenliebe. Der „schwarze Polizei- und Überwachungsstaat“ werde zur Realität, kritisierte Landes- und Klubobmann Udo Landbauer am Freitag in einer Aussendung. Das sei „unfassbar“.

Die ÖVP wolle „die Menschen zu Hause einsperren, kontrollieren und mit saftigen Strafen belangen. Dass Politiker derart massiv gegen die eigene Bevölkerung arbeiten, ist wohl einzigartig“, so Landbauer. Kritik übte der Freiheitliche auch an den verpflichtenden Gästelisten in der Gastronomie. „Das ist völlig absurd.“ Zudem würden Wirte und Lokalbetreiber mit einem unerträglichen bürokratischen Aufwand schikaniert.

Neos fordert Klarheit

Neos begrüßt zwar, dass nach Bezirken differenziert wird und unterschiedliche Ampelfarben unterschiedliche Maßnahmen zur Folge haben. Allerdings fehle es nach wie vor an Nachvollziehbarkeit und Klarheit für Bürgerinnen und Bürger, was genau wo gilt, sagte Landessprecherin Indra Collini: „Die chaotische Handhabe hat dafür gesorgt, dass sich keiner mehr auskennt und die Maßnahmen deshalb auch nicht von allen akzeptiert werden.“ Problematisch seien zudem die verstärkten Polizeikontrollen. „Ich erwarte mir, dass nicht erneut Strafen ohne rechtliche Grundlage verhängt werden.“

ASKÖ verlangt Sportgipfel, SPÖ 1.500 Euro Entschädigung

Der ASKÖ Niederösterreich bezeichnete die Ankündigung, dass Indoor-Sportveranstaltungen in Niederösterreich bei „Orange“ ohne Zuschauer stattfinden müssen, in einer Aussendung als „Hiobsbotschaft“. Ein Sportgipfel, um über ein Förderpaket für Amateurvereine zu beraten, wurde gefordert. „Wenn nicht rasch geholfen wird, stehen viele der über 2.000 Vereine vor dem finanziellem Aus und könnten von der Sportlandschaft in Niederösterreich verschwinden“, erklärte ASKO-NÖ-Präsident Rupert Dworak.

SPÖ-Klubomann Reinhard Hundsmüller und SPÖ-Sportsprecher Rainer Windholz forderten pro Geisterspiel für Sportvereine eine Entschädigung von 1.500 Euro. Für viele dieser Amateursportvereine „kann der Einnahmenentfall durch das Ausbleiben von Eintritts- und Kantinengeldern das endgültige Aus bedeuten, weil laufende Kosten für die Instandhaltung von Sportplätzen, Mieten für Vereinshäuser, Bezahlung von Schiedsrichtern etc. weiter anfallen“. Daher werde man im Landtag einen Antrag einbringen, dass ein „Heimverein, wenn dieser dazu gezwungen ist, ein Meisterschaftsspiel ohne Zuschauer auszutragen“, 1.500 Euro Entschädigung bekomme.

„Wir wissen nicht, wie wir das überstehen sollen“

Die Aufregung war bei vielen Vereinen groß. Mit Ausnahme aller Bundesligaspiele im Freien sind bei keinen Veranstaltungen Zuschauer erlaubt, wenn die Ampelfarbe im betreffenden Bezirk auf Orange ist. Im Fußball trifft das alle Vereine ab der 2. Liga. Rainer Spenger, Vorstand von Regionalligist SC Wiener Neustadt, kritisierte im Gespräch mit noe.ORF.at die Entscheidung scharf. Sollten die Maßnahmen umgesetzt werden, werde der Verein die Herbstsaison finanziell nicht überleben.

Auch bei Werner Hahn, Manager von Volleyball-Vizemeister Union Waldviertel, war der Schock groß: „Natürlich trifft es uns hart. Wenn wir ohne Publikum spielen müssen, werden wir heuer nicht starten. Ich beschäftige mich seit drei Monaten nur damit, unter welchen Voraussetzungen man spielen kann. Wir wissen nicht, wie wir das überstehen sollen.“

Danninger: „Die Vereine brauchen unsere Unterstützung“

Die am Freitag angekündigte Verordnung im Sportbereich sei notwendig und eine klare Empfehlung der Gesundheitsbehörden, diese Maßnahmen dienen zum Schutz vor einem neuerlichen Lockdown, so Sport- und Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) in einer Aussendung. „Nur mit diesen strengen Maßnahmen ist es möglich, den Sportbetrieb weiter aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die Infektionszahlen zu senken. Natürlich sind Zuschauer sportlich, aber vor allem wirtschaftlich ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Vereins“, so Danninger.

Aus diesem Grund bräuchte man jetzt sehr rasch eine Verlängerung des NPO-Unterstützungsfonds des Bundes bzw. einen wirkungsvollen Schutzschirm für die Sportvereine, wird Danninger in einer Aussendung zitiert. „Wir sind hier bereits im regen Austausch und werden unsere Bemühungen weiter intensivieren, um hier rasch zu einer Lösung zu kommen. Denn eines ist klar: Die Vereine brauchen unsere Unterstützung“, so der Sportlandesrat.