Modell einer Etrich-Taube vor dem Foto des alten Flughafens
Museum St. Peter / Sperr
Museum St. Peter / Sperr
Kultur

Die „neue“ Stadt in alten Ansichten

Nach der Landesausstellung ist nun die städtische Sammlung Wiener Neustadts in das Museum St. Peter an der Sperr eingezogen. 800 Jahre Stadtgeschichte kann man nun durchstreifen. In der Ausstellung „neuStadt erzählen“ gibt es viel Unbekanntes zu entdecken.

So wie die „Pont Neuf“ in Paris schon seit Jahrhunderten nicht mehr die „neue Brücke“ ist, so ist auch Wiener Neustadt keine neue Stadt mehr, im Gegenteil: Die Statutarstadt kann auf eine lange, höchst vielfältige und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Und doch ist sie auch eine junge, oder sagen wir, „neue“ Stadt. Denn nach den Angaben des ersten Wiener Neustädter Bürgermeisters nach dem Zweiten Weltkrieg, Rudolf Wehrl, gab es nach den Bombenangriffen 1945 nur noch 18 Gebäude in der Stadt ohne Schäden. Danach bekam die Stadt in weiten Teil ein neues Aussehen.

Schon im Mittelalter fügten Brände der Bevölkerung wie auch dem Stadtbild großen Schaden zu. Danach folgten die Eroberung durch den ungarischen König und die Belagerung durch das osmanische Heer im 17. Jahrhundert. Dennoch, am stärksten wirkte sich der große Stadtbrand im Jahr 1834 aus, erklärte Eveline Klein, die Leiterin des Museums St. Peter an der Sperr, gegenüber noe.ORF.at: „Dieser Brand war so einschneidend, dass man in der ganzen Monarchie Lebensmittel, Alltagsgegenstände, aber auch Geld für die Wiener Neustädter gesammelt hat. Diese Feuerkatastrophe hat auch im Stadtleben viel verändert. Die Bürger durften das Holz nicht mehr nahe an den Häusern lagern. Es durften die Gebäude nicht mehr mit Stroh oder Schindeln gedeckt werden und die Straßen wurden mit Granitsteinen gepflastert.“

Corvinusbecher in der Vitrine
Museum St. Peter / Sperr
Der prachtvolle „Corvinusbecher“ und die vielen Fragen rund um ihn

Mythen, Rätsel und Geschichten rund um viele Objekte

Ausgestellt ist zum Beispiel eine wertvolle Lutherbibel, die in Wiener Neustadt gefunden wurde und deren Geschichte völlig unklar ist, zumal die Ausübung des protestantischen Glaubens in Wiener Neustadt über Jahrhunderte verboten blieb. Rätsel gibt auch der kostbare „Corvinusbecher“ auf. Er ist rund einen halben Meter hoch, besteht aus vergoldetem Silber und ist überaus reich verziert. Angeblich soll Matthias Corvinus ihn den Wiener Neustädtern geschenkt haben – wegen der Tapferkeit, die die Bürger zeigten – bei der Verteidigung der Stadt gegen ihn.

Für Julia Schlager, die Leiterin der Kunst- und Kulturvermittlung am Museum St. Peter in der Sperr, ist die Umstände rund um die Statuette der heiligen Elisabeth aus dem Jahr 1430 höchst bemerkenswert: „Die Figur ist zum einen wunderschön und zum anderen hat sie eine interessante Geschichte. Sie war zuerst im Armenhaus in der Wiener Straße aufgestellt und wurde dann ins Bürgerspital übersiedelt. Dort blieb sie sehr lange. Nach der Zerstörung des Hauses durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg konnte die Statuette nahezu unbeschädigt aus den Trümmern geborgen werden.“

Modell einer Etrich-Taube
Museum St. Peter / Sperr
Modell einer Etrich-Taube vor dem Foto des Flugfeldes in Wiener Neustadt

Der erneute Wiederaufbau der Stadt

Wiener Neustadts prosperierende Entwicklung als Handelsstadt ist seiner Lage an der wichtigen Verbindungsroute nach Italien, insbesondere nach Venedig, zu verdanken. Als die Industrie in der Stadt den Ton angab und es bereits die Lokomotivfabrik gab, wollte man sogar eine Eisenbahnlinie nach Griechenland bauen. Dies belegt in der Ausstellung ein Grenzstein mit den eingravierten Buchstaben WSB für Wien-Saloniki-Bahn. Gebaut wurden die Gleise aber nur ein paar Kilometer weit in eines der nächsten Dörfer. Auch der Wiener Neustädter Kanal war nur wenige Jahre ertragreich.

Wirtschaftlich und militärisch höchst erfolgreich entwickelte sich hingegen der Auto-, Motoren und Flugzeugbau. Die Stadt wuchs und wuchs. Doch wurde sie damit zu einem der wichtigsten Ziele alliierter Bombengeschwader. Jener Raum der Ausstellung vermittelt gleich mehrere ergreifende Geschichtsbilder: die Vernichtung der jüdischen Gemeinde, der Mut der Kämpfer und Kämpferinnen des Widerstandes, aber auch die immensen Anstrengungen – vor allem der Frauen Wiener Neustadts – beim Wiederaufbau der Stadt nach 1945 unter schwierigsten Bedingungen.