Marie Rötzer im Interview mit Robert Friess
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„Ganz Persönlich“

Marie Rötzer: „Lockdown war ein Schock“

Mit zwei Auszeichnungen beim Nestroy-Preis hat das Landestheater für Aufsehen gesorgt. Im „NÖ heute“-Interview spricht die künstlerische Leiterin Marie Rötzer darüber, welche „große Ehre“ die Preise sind. Sie blickt aber auch auf die Zeit des Lockdowns zurück.

noe.ORF.at: Marie Rötzer, das Landestheater hat gleich zwei Nestroy-Auszeichnungen bekommen – eine für Mathias Spaan als bester Nachwuchsschauspieler und die andere für die „Hamlet“-Inszenierung als beste Produktion aus den Bundesländern. Wie wichtig sind solche Auszeichnungen für Sie als Theatermacherin?

Marie Rötzer: Das ist eine große Freude und vor allem eine große Ehre und natürlich auch eine Anerkennung für die Arbeit, die wir hier leisten. Wir sind natürlich ein finanziell nicht so gut ausgestattetes Haus wie vielleicht andere Theater. Umso mehr kommt es natürlich auf die Künstler an, auf die Schauspieler und natürlich auch auf das ganze Team hinter den Kulissen. Insofern ist das natürlich eine sehr schöne Auszeichnung.

noe.ORF.at: Es war eine eigentlich sehr erfolgreiche Saison mit guter Auslastung, aber dann kam der Lockdown. Sie haben selbst das Landestheater am 12. März geschlossen. Was hat das für Sie damals bedeutet?

Rötzer: Das war ein Schock, muss man schon sagen. Sie müssen wissen, am Theater ist jede kleinste Verschiebung – und sei es nur einer Premiere – ein Tabu. Das findet eigentlich nicht statt, weil wir 400 Zuschauer anrufen oder nach Hause schicken müssten und ein Ersatzprogramm auf die Beine stellen. Unsere Abonnement-Struktur sowie unser Terminkalender würde dabei auseinanderfallen. Insofern waren wir mit solchen Situationen kaum konfrontiert gewesen, das war schon sehr tragisch.

Marie Rötzer
ORF/ Kotzmann

noe.ORF.at. Im Herbst ist der Spielbetrieb wieder aufgenommen worden – unter Coronavirus-Bedingungen. Wie geht es dem Theater damit?

Rötzer: Uns geht es gut damit, weil wir mit den Bedingungen gut umgehen können. Die Sicherheit und vor allem die Gesundheit des Publikums ist uns am wichtigsten, das hat für uns absolute Priorität. Wir spielen, das ist für uns das Wichtigste. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind spielwütig nach dieser langen Pause und das Publikum ist auch sehr dankbar, dass wir spielen.

noe.ORF.at. Dennoch steigen die Infektionszahlen. Was würde für Sie bzw. die Kulturszene ein weiterer Lockdown bedeuten?

Rötzer: Das wäre eine große Herausforderung. Wir können jetzt natürlich schon ein bisschen besser mit der Situation umgehen, weil wir sie kennen. Wir würden natürlich trotzdem versuchen, alternative Möglichkeiten zu finden. Vielleicht müssten wir aus dem Theater hinausgehen und in größeren Hallen spielen. Wir müssten schauen, was möglich ist.

noe.ORF.at: Sie sind in der Nähe von Mistelbach auf einem Bauernhof geboren. Woher kommt die Leidenschaft zum Theater?

Rötzer: Wir hatten eine kulturaffine Atmosphäre bei uns zu Hause. Letztlich war es die Faszination des Theaters, die ich dann für Theaterbesuche hatte.

Marie Rötzer
ORF/ Kotzmann

noe.ORF.at: Sie waren Dramaturgin an mehreren Theatern im deutschsprachigen Raum, unter anderem auch hier in St. Pölten. Seit 2016 sind Sie die künstlerische Leiterin des Landestheaters. War es für Sie so etwas wie ein Zurückkehren nach Hause?

Rötzer: Ja, das war schon eine stimmige Rückkehr, weil ich das Haus sehr, sehr gut kenne und auch sehr schön finde und schätze. Gerade wenn man viele Theaterhäuser kennen gelernt hat, kann man das gut einschätzen. Das Landestheater ist ein besonderes Haus. Es hat eine unglaublich schöne Gründungsgeschichte, denn es ist ja vor 200 Jahren von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt St. Pölten gegründet worden.

noe.ORF.at: Sie haben es schon angesprochen, das Theater feiert heuer seinen 200. Geburtstag. Was würden Sie sich für das Haus wünschen?

Rötzer: Ich wünsche mir natürlich, dass wir jeden Tag spielen können, dass wir die Türen öffnen können und dass das Publikum hier einen Ort der Gemeinsamkeit findet. Ich wünsche mir auch, dass wir einen Geist von Solidarität und Achtsamkeit vermitteln, das ist genau in diesen Tagen besonders wichtig. Und, ich wünsche mir, dass wir weiterhin unsere internationalen Theaterarbeiten und Koproduktionen weiterführen können, um hier ein Stück Europa zu etablieren.