Franz Viehböck
ORF/ Kotzmann
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„Ganz Persönlich“

Viehböck: „Es war eine harte Landung damals“

Franz Viehböck ist Österreichs einziger Mann im Weltall. Und er hat berufliche Höhenflüge erlebt: Seit Sommer ist der 60-Jährige Vorstandsvorsitzender der Berndorf AG. Über die Coronavirus-Krise und einen neuerlichen Flug ins Weltall sprach er mit Eva Steinkellner-Klein.

noe.ORF.at: Wir erleben derzeit die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Wie geht es dem Unternehmen Berndorf AG?

Franz Viehböck: Ich glaube, wir werden das gut überstehen. Ich liebe Herausforderungen. Ich bin kein Verwalter, der die Dinge nur administriert. Aber ja, es sind herausfordernde Zeiten, und es sind auch unangenehme Maßnahmen notwendig.

noe.ORF.at: Welche Maßnahmen sind das?

Viehböck: Man muss schauen, dass man die Kosten im Rahmen hält. Die Umsätze brechen zum Teil weg. Das war in manchen Bereichen leider vorhersehbar, das ist nicht nur coronavirus-bedingt. Da muss man auch Mitarbeiter abbauen. Wir haben von unseren rund 2.500 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bis jetzt 100 verloren, global gesehen, also im gesamten Unternehmen (Die Berndorf AG ist weltweit in 20 Ländern tätig, Anm.).

noe.ORF.at: In welchen Bereichen sind die Umsätze weggebrochen? Wo schaut es Ihrer Meinung nach besonders schlimm aus?

Viehböck: Die Automobilbranche ist in der Krise, das hat ja nicht erst seit dem Coronavirus angefangen. Da herrscht schon eine große Verunsicherung, zum Beispiel mit dem Batteriethema. Durch die aktuelle Krise hat die Branche dann noch eine oben drauf bekommen. Da geht es um Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent. Aber seit dem Sommer geht es wieder bergauf. Andere Firmen, wie der Berndorf Band Group, geht es gut. Aber inwieweit die Aufträge in Zukunft wegbrechen, weil der Konsum zurückgeht, ist schwer abzusehen. Wir hoffen, dass es gut weitergeht.

noe.ORF.at: Wann wird sich die Wirtschaft wieder erholen?

Viehböck: Ich glaube, dass es im kommenden Jahr bergauf geht, weil in den nächsten Monaten verschiedene Medikamente auf den Markt kommen werden. Dann wird sich die Wirtschaft schrittweise erholen, aber sicher nicht blitzartig. Es wird auch Branchen geben, die nachhaltig beschädigt sein werden. Ich denke an die Flugbranche. Es wird nächsten Sommer sicher nicht so geflogen wie im Jahr 2019. Die Prognosen sind da eher bis in das Jahr 2025 düster.

Franz Viehböck
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Franz Viehböck im „NÖ heute“-Interview mit Eva Steinkellner-Klein

noe.ORF.at: Ihr neuer Job hat eigentlich gar nichts mit der Raumfahrt zu tun. Konnten Sie trotzdem von ihrer Erfahrung im Weltall profitieren?

Viehböck: Ja, sehr sogar. Weil ich damals sehr viel gelernt habe in Bezug auf Stressmanagement, Teamarbeit und Führung. Das sind alles Themen, die im Weltall sehr wichtig waren. Damals war mir nicht bewusst, dass ich diese Fähigkeiten in meinem späteren Leben anwenden kann. Davon habe ich extrem profitiert.

noe.ORF.at: Wie ist es Ihnen eigentlich ergangen, als Sie erfahren haben, dass Sie tatsächlich ins All fliegen werden? Das wurde ja sehr kurzfristig entschieden.

Viehböck: Eine Grundsatzentscheidung wurde fünf bis sechs Monate vor dem Flug getroffen. Da wurde eine erste und eine zweite Flugmannschaft bestimmt. Wenn alles gut läuft und niemand krank wird, dann fliegt die erste Mannschaft. Aber Gewissheit, ob man wirklich startet, hat man erst kurz vor dem Start, wenn nämlich alle medizinischen Tests absolviert sind.

noe.ORF.at: Überwog die Angst oder die Freude?

Viehböck: Das war ein interessantes Gefühl, weil man auf dieses eine Ziel hinarbeitet. Es war dann aber nicht der Freudensprung, sondern eher das Gegenteil: Das Bewusstsein, jetzt habe ich die Verantwortung, jetzt liegt es an mir. Ich habe dann gespürt, dass die Belastung voll auf mir liegt.

noe.ORF.at: Sie haben ja sehr eng mit ihren Kollegen zusammengearbeitet. Haben Sie sich angefreundet?

Viehböck: Wir haben uns Gott sei Dank gut verstanden. Wir haben ja schon vorher sehr eng miteinander trainiert, auf engsten Raum viel Zeit miteinander verbracht. Da lernt man sich sehr gut kennen. Wir haben wirklich eine tolle Crew gehabt, da ist der Schmäh schon gelaufen, wir haben eine ziemliche Hetz gehabt.

noe.ORF.at: Haben Sie noch Kontakt?

Viehböck: Ja, wir telefonieren regelmäßig – nicht mehr einmal im Monat, aber zum Geburtstag und ähnlichen Anlässen. Im August wollten wir gemeinsam Urlaub in Kroatien machen, aber das ist coronavirus-bedingt nicht gegangen. Das werden wir nächstes Jahr nachholen.

Franz Viehböck
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noe.ORF.at: Nach sieben Tagen, 22 Stunden und zwölf Minuten war das Abenteuer dann vorbei und Sie waren zurück am Boden. Aber dann ging es eigentlich erst richtig los – Sie standen im Zentrum der Öffentlichkeit.

Viehböck: Das war eine harte Landung in das irdische Leben (lacht). Es war ein großer Wechsel, im Mittelpunkt zu stehen. Plötzlich war ich mit roten Teppichen und Blitzlichtgewitter konfrontiert. Ich habe Gott sei Dank realisiert, was da mit mir abgeht und habe rechtzeitig die Handbremse gezogen. Damit konnte ich verhindern, dass ich komplett abhebe, denn die Gefahr besteht in dem Moment, gar keine Frage. Wenn man von Landeshauptmann zu Landeshauptmann und vom Bundeskanzler zum Präsidenten gereicht wird und von einem Empfang zum nächsten hetzt, dann besteht die Gefahr, dass man die Bodenhaftung verliert.

noe.ORF.at: Können Sie sich vorstellen, noch einmal ins Weltall zu fliegen?

Viehböck: Ja, auf alle Fälle. Aber nicht nur, um ins All zu fliegen, sondern es müsste eine weitere Herausforderung dabei sein, etwa ein Weltraumausstieg oder ein Flug zum Mond.

noe.ORF.at: Ist das realistisch?

Viehböck: Naja, die Biologie setzt ein (lacht). Ich werde ja auch älter und nicht jünger. Man kann körperlich nicht mehr das, was man mit 30 konnte. Man ist nicht mehr so fit und spritzig. Das ist das eine, das andere ist, dass sich aus jetziger Sicht keine Gelegenheit abzeichnet. Österreich ist in diesem Bereich ja sehr verhalten. Also, das wird wahrscheinlich ein Traum bleiben.