Verkehr

S8-Genehmigung „praktisch ausgeschlossen“

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren zur geplanten Marchfeld-Schnellstraße (S8) überraschend geschlossen. Davor sprach sich ein Gutachter gegen die geplante Trasse aus. Eine Genehmigung ist laut Gegnern „praktisch ausgeschlossen“.

„Es schaut nicht gut aus für die S8“ – diesen Eindruck hat derzeit sowohl der Sprecher der Umweltorganisation Virus, Wolfgang Rehm, als auch ein Sprecher von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP). Denn die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war eigentlich bis Mittwochmittag angesetzt. Umso überraschender war die Entscheidung, das Verfahren schon am Dienstag zu schließen. Der Richter habe die Entscheidung „mitten in der Beweisaufnahme“ bekannt gegeben, sagt Anwalt Michael Hecht, der das Land vertritt.

Schnellstraße S8
ORF
Die geplante Trasse der S8

Das Gutachten eines Sachverständigen hatte dem Projekt bereits attestiert, nicht mit den Erhaltungszielen des Europaschutzgebiets in Einklang zu stehen, weil die Straße durch das geschützte Brutgebiet des vom Aussterben bedrohten Vogels Triel gebaut werden soll. Zudem gab ein Vertreter der Region nach Ende der Verhandlung eine Erklärung zur Bedeutung des Projekts für die Region ab. „Für alle weiteren Überlegungen muss die schriftliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werden“, sagt Hecht.

Mehrere Möglichkeiten

Das Gericht hat nun mehrere Optionen: Zum einen kann es das Projekt an das Ministerium zurückverwiesen und die Behörde auffordern in bestimmten Bereichen weiter zu ermitteln. Zum anderen kann es das Projekt abweisen, das würde ein vorläufiges Ende bedeuten. Eine Genehmigung der S8 ist nicht möglich, weil davor noch die Kapitel Verkehr, Lärm oder Luftschadstoffe behandelt werden müssten. Aufgrund der Aktenlage ist das „praktisch ausgeschlossen“, sagt Rehm. Eine Entscheidung erwarten die Beteiligten erst in ein paar Wochen.

Das Land Niederösterreich will in den nächsten Tagen jedenfalls mit dem Projektbetreiber ASFINAG über mögliche weitere Schritte sprechen. Sollte das Projekt abgewiesen werden, könnte man die Entscheidung etwa beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen. S8-Gegner Rehm fordert das Land hingegen auf, mit den Planungen für Umfahrungsstraßen für die vom Verkehr geplagten Orte zu beginnen: „Das Land nimmt die Region seit Jahren in Geiselhaft, damit die ASFINAG und nicht das Land dafür zahlen muss.“ Schleritzkos Sprecher kontert darauf: „Die beste Umfahrung ist die S8.“

Kritik und Forderung nach Lösung

„Vielleicht braucht es ein Gutachten, das bestätigt, dass der Bau der S8 für mehr Lebensqualität bei mehr als 50.000 unmittelbar betroffenen Anrainerinnen und Anrainern sorgt, um endlich zu einer positiven Entscheidung zu gelangen“, teilten die Dritte Landtagspräsidentin Karin Renner und Gerhard Razborcan (beide SPÖ) mit. Dieter Dorner (FPÖ) bezeichnete das Gutachten als „realitätsfremd und eine reine Schikane der Landsleute, die jeden Tag unter der massiven Verkehrsbelastung leiden“.

„Nicht ein zu schützender Vogel hat das Projekt vergeigt, sondern die wenig durchdachte Planung der Landesregierung“, hielt hingegen Edith Kollermann von NEOS fest und fordert eine alternative Trassenführung. Der Verkehrssprecher der Grünen, Georg Ecker, betont: „Es braucht die von den Grünen immer geforderte rasche Entlastung der Menschen in der Region mit kleinräumigen Umfahrungen und einen weiteren Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel.“