Armutsnetzwerk
Uschi Oswald
Uschi Oswald
Soziales

CoV-Krise: Experten warnen vor Armut

Das Armutsnetzwerk Niederösterreich hat nun vor den sozialen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie gewarnt und Hilfsmaßnahmen gefordert. Die anhaltende Krise treibe viele in die Armut – immer öfter auch Menschen aus der Mittelschicht.

Anders als die gesundheitlichen Auswirkungen des Coronavirus, die für alle unmittelbar sichtbar gewesen seien, würden sich die sozialen Auswirkungen erst nach und nach zeigen, sagte Barbara Bühler, die Obfrau des Niederösterreichischen Armutsnetzwerks am Mittwoch. „Die Armut breitet sich aus“, betonte sie. Besonders betroffen seien bereits armutsgefährdete und arme Menschen.

Denn um zuhause bleiben und auf sich und andere schauen zu können, brauche es drei Voraussetzungen, wie betont wurde: ein Zuhause, ein Dach über dem Kopf, Versorgung mit dem Notwendigsten, etwa Lebensmitteln, und die Sicherung existenzieller Bedürfnisse. Deshalb forderte Bühler nicht nur Maßnahmen für die gesundheitlichen, sondern auch für die sozialen Folgen der Krise. „Wir würden uns wünschen, dass soziale Menschenrechte als Verfassungsrechte anerkannt werden“, sagte Bühler.

Krise als „Brandbeschleuniger“ für Armut

Für viele Menschen sei es schon vor der Coronavirus-Krise schwierig gewesen, leistbaren Wohnraum zu finden. Doch die Krise habe die Situation noch weiter verschärft, ergänzte Beate Schneider, Mitarbeiterin der Caritas der Diözese St. Pölten. „Wie zuhause bleiben, wenn es kein Zuhause gibt?“, fragte sie.

Die Krise habe wie „Brandbeschleuniger auf die Armutsspirale, die sich nun für immer mehr Menschen schneller dreht", gewirkt, so Schneider. „Vor Wohnungslosigkeit ist niemand mehr gefeit. Es ist auch die Mittelschicht, die bei uns an die Tür klopft“, berichtete sie. Das bestätigte Martin Litschauer von der Caritas der Erzdiözese Wien. Erfahrungen aus früheren Krisen hätten gezeigt, dass das ganze Ausmaß an Belastungen erst langsam zum Vorschein komme, sagte er.

Zahlungsrückstände und Langzeitsarbeitslosigkeit

Man befürchte nun "steigende Armut und Delogierungen, wenn nicht rechtzeitig geholfen wird“, so Martin Litschauer. Auch, weil "gestundete Mieten und Energiekosten nun immer rigoroser eingefordert werden“. Vor allem die Gruppe der 25- bis 49-Jährigen sei von den wirtschaftlichen Rückgängen stark betroffen, da sie meist nur über geringe Rücklagen verfüge oder hohe Kredite zu begleichen habe und so leicht in Zahlungsrückstand gerate. Er forderte „dringende Hilfe gegen steigende Armut in der Krise“.

Auch die Sicherung existenzieller Bedürfnisse sei für viele in der Krise nicht einfach, hielt Maria Nirnsee von arbeit plus NÖ fest. Denn die Arbeitslosenrate der Langzeitbeschäftigungslosen sei im Vergleich zum Vorjahr um 27,9 Prozent angestiegen. Aufgrund anstehender Kündigungswellen rechnet man seitens des Armutsnetzwerks mit einem weiteren Anstieg an Arbeitslosen. Man müsse deshalb "Bausteine sozialer Sicherheit weiterentwickeln, krisenfest machen und bestehende Lücken schließen“, forderte Obfrau Barbara Bühler.