Schulbusse in der Früh in St. Pölten
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Verkehr

Busse: Eltern fordern mehr Sitzplätze für Kinder

Direktoren und Eltern kritisierten seit Schulbeginn mehrmals, dass Busse und Züge überfüllt sind und kein Abstand eingehalten werden kann. Die Sorge über mögliche CoV-Infektionen ist groß. Elternvereine wollen nun mit einer Petition mehr Sitzplätze erreichen.

Dicht gedrängt stehen Schülerinnen und Schüler neben Pendlerinnen und Pendlern. Kurz bevor die Bustür schließt, hüpfen noch zwei Volksschulkinder hinein. Abstand halten ist im Bus „12“ in St. Pölten zwischen 7.00 bis 8.00 Uhr nicht möglich. Es ist eine der am stärksten genützten Buslinien in der Stadt, unter anderem hält der Bus beim Gymnasium Josefstraße.

So laufe das in der Früh in vielen Regionen Niederösterreichs ab, wie Elternvertreter sowie die AHS-Direktorensprecherin Isabella Zins bereits Anfang September kritisierten – mehr dazu in CoV: 20 Klassen im Homeschooling (noe.ORF.at; 14.9.2020). Maßnahmen, wie die stündliche Dokumentation der Sitzpläne, Abstand und Maske im Gang in den Schulen würden angesichts der Situation in den Bussen und Zügen absurd erscheinen.

Die Problematik, dass zu Stoßzeiten Pendlerinnen und Pendler sowie Schülerinnen und Schüler dicht gedrängt in Büssen und Zügen stehen, ist jeden Herbst und Winter Thema. Mit der Coronavirus-Pandemie samt Abstands- und Hygieneregeln erscheint die Diskussion aber in einem neuen Licht. Elternvereine forderten zu Schulbeginn als CoV-Sondermaßnahme zusätzliche Busse, damit sich Schülerinnen und Schüler besser aufteilen können. Nun gib es mit einer Petition einen neuen Vorschlag, der das Problem grundsätzlich lösen soll.

Petition: Ein Sitzplatz pro Kind in Omnibussen

Der Österreichischer Verband der Elternvereine startete diese Woche eine Petition: Das Kraftfahrgesetz für den Linienverkehr soll so geändert werden, dass es für jedes Kind einen Sitzplatz geben soll. Denn aktuell zählen Kinder unter sechs Jahren im Linienverkehr nicht als eigenständige Person – für sie muss es keinen eigenen Sitzplatz geben.

Für Kinder unter 14 Jahren muss es pro drei Schüler zwei Sitzplätze geben. „Die Busse können also bis obenhin bepackt werden“, kritisiert der stellvertretende Vorsitzende des niederösterreichischen Landesverbandes der Elternvereine Paul Haschka. „In der Schule muss man Abstandhalten und dann im Bus steht man ganz dicht wie die Sardinen zusammen.“

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Mit einer Petition wollen die Elternverbände Österreich eine Gesetzesänderung und damit mehr Busse erreichen

Für Transportunternehmen sind zusätzliche Busse wirtschaftlich oft nicht tragbar. Zu Stoßzeiten würden sie zwar genützt, aber den restlichen Tag seien sie leer – mehr dazu in Volle Schulbusse: Eltern fordern Lösung (noe.ORF.at; 25.09.2020). Aus diesem Grund streben die Elternvereine nun die rechtliche Änderung an, „um diesen jahrelangen Missstand zu beseitigen“, wie Haschka gegenüber noe.ORF.at sagt. Wenn ein Sitzplatz pro Kind gelte, dann falle auch der Auftrag an die Transportunternehmen, der vom Verkehrsverund Ostregion (VOR) in Absprache mit den Ländern koordiniert wird, finanziell größer aus, hofft Haschka.

VOR: Änderungen nach Fahrgastzählung möglich

Der VOR orientiere sich nicht an dieser rechtlichen Vorgabe im Kraftfahrgesetz, so Sprecher Georg Huemer. „Wir zählen jeden als eine Person.“ Zu überfüllten Bussen komme es deshalb, weil sich Schülerströme jedes Jahr ändern würden. Mit einer Fahrgastzählung erhebe der VOR aktuell den veränderten Bedarf. Diese Zählung führe man jeden Herbst durch, bei einigen Linien gebe es dadurch bereits zusätzliche Busse.

„Diese Verstärkerbusse sind keine Reaktion auf Corona, sondern auf die Nachfrage an sich“, sagt Huemer. In St. Pölten seien beispielsweise zwischen 7.00 bis 8.00 Uhr 31 zusätzliche Verbindungen auf der Strecke des Gymnasium Josefstraße unterwegs. Richtung Dr.-Theodor-Körner-Schulen seien es 16 zusätzliche Verbindungen. Wie viele Busse in Niederösterreich im Auftrag des VOR zusätzlich unterwegs sind, werde nicht erhoben. Durch die Fahrgastzählung könnte es aber noch zu weiteren Änderungen geben, so Huemer.

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Das Platzthema gibt es in Bussen nur vor Schulbeginn und bei Schulschluss
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Der VOR versichert, dass es auf stark betroffenen Strecken „Verstärkerbusse“ gebe. In St. Pölten gebe es zwischen 7.00 bis 8.00 Uhr durchschnittlich alle fünf Minuten einen Bus Richtung Gymnasium Josefstraße
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Untertags finden sich in den Bussen genügend freie Plätze

Die Sinnhaftigkeit, dass es für jedes Kind einen Sitzplatz geben soll, stellt er in Frage. Der Sitzplatz sei vor allem ein „Komfortthema“. „Im Stadtverkehr wenn man vielleicht zehn Minuten fährt, ist das Stehen kein Problem. Selbstverständlich ist es uns bewusst, dass wir in einer sensiblen Phase leben, aber wenn sich Fahrgäste an Vorgaben halten, Maske tragen, dann ist es eine sichere Mobilität.“ Im Vergleich zu vor der Pandemie gebe es im Durchschnitt in den Öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb des VOR um 20 Prozent weniger Fahrgäste. Bei manchen Strecken liege die Auslastung aber bei 110 Prozent. „Es ist also keine automatische Folge, dass die Nutzung wegen der Pandemie zurückgeht.“

Kein nachweisbarer Cluster in Öffis

Die Linie „12“ in St. Pölten ist eine der Strecken, die vom Busunternehmen Dr. Richard befahren wird. Die Pandemie habe zu keinen Unterschieden bei der Auslastung geführt, die Busse seien voll, sagt Karin Zeiler-Fidler, Geschäftsführerin von Dr. Richard in Niederösterreich Im Unterschied zu Schulbeginn gebe es in St. Pölten mittlerweile zu Stoßzeiten in der Früh und bei Schulschluss zwischen 12.00 bis 14.00 Uhr sogenannte „Verstärkerbusse“ auf Linien, die entlang von Schulen liegen. Hier sei die Firma aber an den Auftrag des VOR und der Magistratsabteilung gebunden.

Sie verstehe, dass Eltern Sorgen wegen möglicher Infektionen hätten, aber „die meisten Schüler sind maximal 15 Minuten im Bus, ständig gehen die Türen auf und zu – also gibt es einen Luftaustausch – und es wird Maske getragen.“ Obwohl die Lenker täglich mit diesen vollen Busse unterwegs sind, habe es bislang noch keinen gegeben, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde, sagt Zeiler-Fidler. Dass die öffentlichen Verkehrsmitteln kein Infektionsherd sind, bestätigt auch die AGES gegenüber noe.ORF.at. Bei der Clusteranalyse sei österreichweit kein einziger Cluster jemals auf Öffentliche Verkehrsmittel zurückzuführen gewesen.