Gesundheit

CoV: „Kann von Teilimmunität ausgehen“

Wie lange ist man nach einer Coronavirus-Infektion immun? Laut einer Studie der Danube Private University in Krems hatte ein Großteil der Erkrankten auch Monate später noch Antikörper im Blut. „Man kann von einer Teilimmunität ausgehen“, sagt der Studienleiter im Interview.

Weißenkirchen in der Wachau (Bezirk Krems) war im Frühjahr einer der Coronavirus-Hotspots in Niederösterreich. Im Zuge einer Studie wurden deshalb im Juni 884 Einwohner auf Antikörper im Blut untersucht – mit dem Ergebnis, dass 102 Personen – also jeder achte – Antikörper hatte. Nun wurden dieselben Personen erneut untersucht. Das Resultat war durchaus überraschend: 94 Prozent der Weißenkirchner, die bei denen bereits im Juni Langzeit-Antikörper nachgewiesen wurden, haben diese Antikörper nach wie vor im Blut.

Laut Studienleiter Ralf Braun könne „man zwar keine lebenslange Immunität bekommen, aber wenn man infiziert ist, kann man zumindest von einer Teilimmunität ausgehen“. Neben den Antikörpern wurde in Weißenkirchen auch die sogenannte T-Zellen-Immunität untersucht. Dabei handelt es sich um Zellen, die sich an die erste Infektion erinnern und daher bei einer Zweitinfektion die infizierten Zellen abtöten und das Virus bekämpfen können. Die Ergebnisse der Untersuchung stehen laut Braun allerdings noch aus.

Unterschiedliche Studienergebnisse

Eine ähnliche Antikörperstudie gab es in Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen), das im Frühjahr ebenfalls stark von der Pandemie betroffen war. Dort zeigte die Studie, dass von all jenen, die positiv getestet wurden, nur zwei Drittel Antikörper entwickelten. Demnach bedeutet eine Infektion nicht, dass man vor einer Neuansteckung sicher ist, betont Braun im „NÖ heute“-Interview, beim Vergleich von Studien müsse aber immer berücksichtigen werden, unter welchen Voraussetzungen sie durchgeführt wurde.

Die neue Studie in Weißenkirchen lasse jedenfalls darauf schließen, dass Menschen mit Antikörpern für längere Zeit immun sind. Überprüft werden soll das auch mit einer weiteren Studie in der Wachau, die Anfang nächsten Jahres stattfinden soll, erklärt Braun im Interview.

Antikörper Studie Leiter Interview Coronavirus Ralf Braun
ORF
Studienleiter Ralf Braun im Gespräch mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler

noe.ORF.at: 94 Prozent der neuerlich getesteten Personen in Weißenkirchen haben nach wie vor Langzeit-Antikörper im Blut. Wie sicher ist es, dass diese Menschen langfristig immun sind?

Ralf Braun: Wenn Personen langfristig Antikörper haben, kann man davon ausgehen, dass sie bei einer erneuten Infektion weniger stark reagieren, da ein gewisser Schutz vorhanden ist. Ein hundertprozentiger Schutz gegen eine erneute Infektion ist das aber nicht.

noe.ORF.at: Es gibt mittlerweile zahlreiche Antikörper-Studien. Einige Studien sagen, die Immunität lässt nach, Ihre Studie lässt auf das Gegenteil schließen. Wie erklären Sie diesen Unterschied?

Braun: Also auch bei uns ist es so, dass nur die Langzeit-Antikörper stabil bleiben, die Kurzzeit-Antikörper gehen mit der Zeit auch verloren, auch in unserer Studie, die Langzeit-Antikörper bleiben aber erhalten. Wenn man die Studien vergleicht, muss man auch berücksichtigen, welche Bevölkerung untersucht wurde, welche Methoden verwendet wurden – sensitive oder weniger sensitive, all das hat Einfluss auf das Ergebnis. Mit Sicherheit kann man sagen, dass man keine lebenslange Immunität bekommen kann, wenn man infiziert ist, aber zumindest von einer Teilimmunität kann man ausgehen und zumindest für ein paar Monate würde ich sehr optimistisch sein, dass die Immunität erhalten bleibt.

noe.ORF.at: In Weißenkirchen wurde den Menschen ja Blut abgenommen, andere wie in Reichenau setzen auf sogenannte Schnelltests. Kann man diese Ergebnis überhaupt vergleichen?

Braun: Das habe ich zuvor erwähnt, wenn man verschiedene Methoden verwendet, kann es zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Schnelltests haben den Vorteil, dass man – wie es schon der Name sagt – schnell zu Ergebnissen kommt, sehr schnell viele Leute untersuchen kann, allerdings sind diese Tests weniger sensitiv. Das heißt, man erfasst viel weniger Leute, die Antikörper haben, aber nicht ausreichend Antikörper, um vom Schnelltest erfasst zu werden. Wir haben uns entschieden, die aufwendigeren Labortests durchzuführen, in einem zertifizierten Labor, um einen möglichst umfangreichen Antikörperstatus einer Bevölkerungsgruppe zu bekommen.

noe.ORF.at: Es wurden auch die T-Zellen untersucht, also Zellen, die bei einer Zweitinfektion durchaus eine wichtige Rolle spielen können. Die Ergebnisse stehen noch aus, was erhoffen Sie sich da?

Braun: Unser Immunsystem ist sehr komplex, wir haben unterschiedliche Arten von Immunität, die Antikörper-Immunität und die T-Zellen-Immunität, und wir erwarten uns dadurch einen besseren Überblick über die Gesamtimmunität einer Bevölkerungsgruppe zu haben. Deshalb haben wir uns auch die T-Zellen angeschaut, aber wie erwähnt, stehen die Ergebnisse noch aus und ich kann dazu noch nichts sagen.

noe.ORF.at: Wie lange glauben Sie, könnten sich die Langzeit-Antikörper im Blut halten? Wird es da nochmals eine weitere Antikörper-Studie in Weißenkirchen geben?

Braun: Wir planen im Jänner oder Februar eine erneute Studie durchzuführen, um eben die Antikörper und die T-Zellen über einen längeren Zeitraum untersuchen zu können.

noe.ORF.at: Was bedeuten Ihre Erkenntnisse für einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus?

Braun: Also ein Impfstoff soll ja eine Immunantwort auslösen und auch Langzeit-Antikörper sollen da gebildet werden. Ich bin optimistisch, dass wenn ein Impfstoff zu einem hohen Level an Langzeit-Antikörper führt, dass dann der Immunstatus auch für einen längeren Zeitraum erhalten bleibt.