„Menschen im Blickpunkt“

Tatschl: Gemeinden werden zu Obstgärten

Siegfried Tatschl ist Sozialarbeiter, Psychotherapeut, Supervisor und vor allem auch leidenschaftlicher Gärtner. Seit vielen Jahren setzt er sich für eine „essbare Landschaft“ und eine intakte Natur ein, indem er öffentliche Räume zu Obstgärten macht.

Siegfried Tatschl aus Engelmannsbrunn (Bezirk Tulln) ist überzeugt: Obst, Früchte und ihr Genuss sind nicht nur gesund, sondern verbinden auch Menschen. Er will mit Pflanzen, Früchten, zuhören, reden und gemeinsamem Arbeiten die Menschen zusammenführen.

Tatschl hatte in jungen Jahren die Ausbildung zum Sozialarbeiter gemacht und war jahrelang in Gefängnissen tätig. Als Supervisor arbeitet er weiterhin in diesem Bereich, daneben widmet er sich den etwas anderen sozialen Projekten, den öffentlichen Obstgärten.

„Bin schon als Kind bei den Blumen gesessen“

Wie so oft begann alles ganz früh, in der Kindheit am Hanslberg im Ybbstal. „Es wird erzählt, dass ich schon als Kleinkind bei den Blumen gesessen bin und begeistert war“, sagte Tatschl. „Was mich eben besonders reizt, sind die Früchte, also die Süße und die Möglichkeit des Weitergebens. Das ist das, was tief in mir steckt und ansteckt.“

Siegfried Tatschl
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Siegfried Tatschl hat sich in seinem Zuhause, einer alten Mühle in Engelmannsbrunn, auch schon verwirklicht

Tatschls Projekte wachsen und wachsen. Mit seiner Frau lebt er in einer alten Mühle in Engelmannsbrunn im Weinviertel. Hier legte er seinen ersten Garten an und schrieb in seinem Büro, im ehemaligen Weinkeller, ein Buch über die 555 Obstsorten. Darin erzählt er auch von der „essbaren Gemeinde“ Kirchberg am Wagram (Bezirk Tulln).

Kirchberg als Experimentierzone

„Kirchberg am Wagram ist so die große Experimentierzone, den öffentlichen Raum als Obstgarten zu gestalten“, so Tatschl. „Nicht nur eine Fläche, die dann unsere Naschmeile ist, sondern als Gestaltungsprinzip.“

Es entstanden der essbare Kindergarten, die essbare Schule, der Alchemistenpark mit hunderten oft auch exotischen Obstsorten und ein Gemeinschaftsgefühl aller, die mitmachen, pflanzen, ernten und ihre Erfahrungen weitergeben.

Obstteller auf einem Tisch
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Obst und Früchte sind laut Tatschl nicht nur gesund, sondern verbinden auch die Menschen

Auch in anderen Orten Niederösterreichs ist Siegfried Tatschl mit seiner Idee der „essbaren Landschaft“ erfolgreich. In Herzogenburg (Bezirk St. Pölten) entstand etwa an verschiedensten Plätzen die kostbare Jubiläumsrunde.

„Von Nußdorf ob der Traisen (Bezirk St. Pölten) mit Maulbeergärten bis Königsbrunn, Sieghartskirchen (beide Bezirk Tulln) mit Birnen. Sieben bis acht Gemeinden haben dann öffentliche Obstgärten und es entsteht ein Obstgartentourismus“, so Tatschl.

„Es sind mittlerweile viele Menschen, die mittun und ihre eigenen Projekte entwickeln. Das ist ein schönes Bild für das, was wir in Zukunft brauchen, ein Netzwerk von Menschen, die für die Zukunft und für die Ernährungsgrundlagen sorgen“, so der Entwickler der „Öffentlichen Obstgärten“.