Reportage Kulturbetriebe
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Kultur

CoV: Heimische Kulturbranche verunsichert

Mit Vorsicht, aber durchaus positiv, sind die heimischen Kulturhäuser Mitte September in die Saison gestartet. Doch nach nur sechs Wochen bleiben die Bühnen wieder leer. Der neuerliche Lockdown verunsichert die gesamte Branche, viele bangen um das Überleben.

An der Scala in Wien wird derzeit zwar geprobt, Aufführungen gibt es aber keine. Seit fast zehn Tagen steht das Kulturleben wieder still. „Das Schlimmste ist eigentlich, dass man nicht genau disponieren kann. Wir proben Stücke bis zur Premiere. Dann heißt es, dass es drei Tage später wieder einen Lockdown gibt. Es packen also alle wieder zusammen und wir bewegen uns in die Warteschleife“, sagt Bruno Max, Direktor und künstlerischer Leiter der Scala Wien, des Stadttheaters sowie der Sommerspiele Theater im Bunker in Mödling, bei einem Lokalaugenschein von noe.ORF.at. Denn auch die weitere Entwicklung lässt sich derzeit nur schwer bis gar nicht abschätzen.

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27 Veranstaltungen wurden im November in der Kulturszene Kottingbrunn abgesagt

Betriebe stoßen an finanzielle Grenzen

Auch bei der Kulturszene Kottingbrunn (Bezirk Baden) ist die Unsicherheit groß. Plakate mit der Aufschrift „abgesagt“ hängen hier im Eingangsbereich. Insgesamt 27 Veranstaltungen mussten im November abgesagt werden. Langsam stößt der Kulturbetrieb an seine finanziellen Grenzen. „Ich muss ganz ehrlich sagen, jetzt wird schön langsam das Geld knapp. Wir warten ganz dringend auf den Schutzschirm, der ja schon seit einem Monat eigentlich im Gespräch ist“, sagt Kulturszene-Obfrau Irene Künzel.

Ähnlich schwierig ist die Situation derzeit für Künstlerinnen und Künstler. „Für uns Künstler gleicht der Lockdown immer ein bisschen einem Berufsverbot, mehr oder weniger, mit dem wir umgehen müssen“, sagt Werner Auer, Obmann des Theaterfest Niederösterreich. „Das Schlimme ist, es ist kein Datum in Aussicht, ab wann wir wieder arbeiten dürfen.“ Eines seiner vorerst letzten Konzerte fand noch im Musikpavillon im Stadtpark in Krems statt. Sämtliche Weihnachtsshows wurden bereits abgesagt, so Auer.

Beleuchteter Kulturbezirk als „Zeichen der Hoffnung“

Trotz des Lockdowns wollen einige Kulturschaffende ein Zeichen der Hoffnung setzen. Im Kulturbezirk in St. Pölten wird deshalb derzeit abends das Festspielhaus beleuchtet. „Kunst kann Fragen stellen, Kunst kann ein Überlebensraum sein. Kunst kann berühren, heilend und tröstend sein. So möchten wir der Schließung zum Trotz ein freudiges Signal nach draußen schicken: Licht an im Kulturbezirk“, heißt es in einer Aussendung.

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Trotz Lockdowns wollen einige Kulturschaffende ein Zeichen der Hoffnung setzen

Hoffnung will in diesem Zusammenhang auch das Land als „verlässlicher Partner“ geben, wie Paul Gessl, Geschäftsführer der niederösterreichischen Kulturwirtschaft, im „NÖ heute“-Interview sagt. „Wir haben durch das Management gesichert, dass die Betriebe heuer und mittelfristig gesichert sind“, so Gessl. Beginnend mit dem ersten Lockdown seien Hochrechnungen gemacht worden, „wir sind davon ausgegangen, dass eine zweite Welle kommt und dass davon die niederösterreichischen Kulturbetriebe betroffen sein werden. Wir haben das in unser Prognosebudget hineingerechnet“, so Gessl weiter.

Gessl: „Acht Millionen Euro Kartenerlöse fehlen“

Auf das Jahr gerechnet würden alleine im Ausstellungsbereich bis heute fast 350.000 Besucher fehlen. Außerdem „fehlen fast acht Millionen Euro Kartenerlöse durch Lockdown eins und zwei und auch durch die Covid-19-Bedingungen, wo wir gezwungen waren, mit anderen Sitzkapazitäten zum Normalbetrieb überzuleiten“. Zusammengefasst sei das Land „für diese schwierige Zeit bis Ende des Jahres“ vorbereitet.

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Paul Gessl, Geschäftsführer der niederösterreichischen Kulturwirtschaft, im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderator Thomas Birgfellner

Auch mittelfristig sei die Pandemie miteinberechnet worden. „Wir haben eine Mittelfristplanung bis 2024 im Auge, wo wir davon ausgehen, dass frühestens 2024 ein Normalbetrieb für Kunst und Kultur gegeben ist – vergleichbar mit 2019“, erklärt der Geschäftsführer der niederösterreichischen Kulturwirtschaft. „Wir gehen dann von einer Verbesserung zwischen zehn und 20 Prozent der Kartenerlöse und Akzeptanzentwicklungen in den Jahren 2022, 2023 aus.“

Damit sei die Planungssicherheit für die nächsten Jahre gegeben. „Der Kulturbetrieb muss weiter planen und Zeichen der Normalität und Weiterentwicklung setzen.“ Gessl geht davon aus, dass die Betriebe künftig „flexibel sein müssen – aufmachen, zumachen, geringere Kapazitäten spielen, sehr situationselatisch vorgehen“, das sei die Strategie „bis dieser teuflische Virus bekämpft ist“.