ABD0087_20200312 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ ZU APA0269 VOM 12.3.2020 – Illustration zum Thema "Coronavirus / …ffnungszeiten im Handel / geschlossenes GeschŠft: Die geplanten Kindergarten-und Schulschlie§ungen und dadurch entstehende Betreuungspflichten bringen viele der 400.000 heimischen Handelsangestellten in eine ZwickmŸhle. Die Gewerkschaft fordert nun, dass die …ffnungszeiten im Handel fŸr die Dauer der Schulschlie§ungen auf 08.30 Uhr bis maximal 18.00 Uhr eingeschrŠnkt werden. Im Bild ein geschlossenes GeschŠft, aufgenommen am Donnerstag, 12. MŠrz 2020, in Wien. – FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
APA/Herbert Pfarrhofer
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Politik

Lockdown folgt „alarmierenden Zahlen“

Aufgrund explodierender Infektionszahlen verschärft die Regierung die CoV-Maßnahmen drastisch, ab Dienstag 0.00 Uhr gilt ein harter Lockdown. Landeshauptfrau Mikl-Leitner spricht von „alarmierenden Zahlen“, Mediziner appellieren an die Eigenverantwortung.

Weil die Zahlen mit dem bereits geltenden Lockdown light nicht sinken, mache das eine Verschärfung notwendig, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die Behörden könnten 77 Prozent der Neuansteckungen nicht nachvollziehen. Darum sei der zweite Lockdown „das verlässliche Mittel, dass es funktioniert“, so Kurz. Die neue Verordnung soll ab Dienstagmitternacht bis Sonntag, 6. Dezember, 23.59 Uhr gelten.

Handelsgeschäfte müssen deshalb schließen, ausgenommen sind nur etwa Lebensmittelhandel, Post, Trafiken und Apotheken, der Agrar- und Tierfutterhandel, Tankstellen, Handyshops, Abfallentsorger und Fahrrad- und Kfz-Werkstätten. Die Öffnungszeiten bleiben auf 6.00 bis 19.00 Uhr limitiert.

Jene Geschäfte, die schließen müssen, werden einen Teil des Umsatzverlusts ersetzt bekommen. Allerdings werden nicht so viele Ausfälle wie in der Gastronomie kompensiert, wo man zuletzt 80 Prozent festgelegt hatte. Im Handel werden es je nach Branche zwischen 20 und 60 Prozent sein.

ABD0080_20201114 – WIEN – …STERREICH: (v.l.) Innenminister Karl Nehammer (…VP), Vizekanzler Werner Kogler (GrŸne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (…VP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (GrŸne) am Samstag, 14. November 2020, anlŠsslich einer Pressekonferenz mit dem Thema „Notwendige Ma§nahmen um die †berlastung des Gesundheitssystems zu verhindern“ im Bundeskanzleramt in Wien. – FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
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Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigten am Samstag die verschärften Maßnahmen an (v.l.)

Schulen werden auf Fernunterricht umgestellt

Auch Schulen werden bis inklusive 6. Dezember auf Fernunterricht umstellen, es wird aber eine Betreuung (und keinen Unterricht) in den Schulen geben. Auch in Kindergärten wird es weiterhin eine Betreuungsmöglichkeit geben, für alle, die eine Betreuung brauchen, sagten Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unisono. Kindergärten und Schulen bleiben für die, die sie brauchen, offen“, so Kogler. Am 7. Dezember sollen Pflichtschulen und Handel wieder geöffnet werden, so Kurz – mehr dazu in Regierung verhängt harten Lockdown (news.ORF.at; 14.11.2020).

Abseits der eigenen Haushaltszugehörigen darf man für die Zeit des harten Lockdowns künftig nur noch den Lebenspartner, „einzelne engste“ Angehörige bzw. „einzelne wichtige Bezugspersonen“ treffen. Schließen müssen alle persönlichen Dienstleister. Das betrifft etwa Friseure, Kosmetikerinnen und Masseure. Überall, wo es möglich ist, soll auf Homeoffice umgestellt werden, sagte Kurz.

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Harter Lockdown
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„Alarmierende Zahlen und Bilder aus Kliniken“

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach am Samstag nach der Bekanntgabe des neuen und umfassenden Lockdowns von „alarmierenden Zahlen und Bildern aus unseren Klinken“. Diese würden zeigen, „wie ernst die Lage in diesen Tagen mittlerweile“ sei. „Wir alle tragen Verantwortung und deshalb braucht es jetzt mehr denn je Disziplin, Vorsicht und Zusammenhalt, um das Virus einzudämmen und unser Gesundheitssystem nicht zu überlasten.“

In Niederösterreich stieg die Zahl der aktiv Infizierten am Samstag erstmals über 15.000, laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gibt es 15.175 Infizierte. Diese Situation spürt man auch in den Spitälern. Derzeit müssen 489 Männer und Frauen stationär behandelt werden, 75 davon befinden sich auf einer Intensivstation. Damit sind bereits mehr als 40 Prozent der Intensivbetten mit CoV-Patienten belegt, 107 Betten sind noch verfügbar.

„Spielraum wird immer enger“

„Der Spielraum wird immer enger, weil die Zahlen exorbitant steigen“, sagte Bernhard Jany, Sprecher der Landesgesundheitsagentur. Derzeit sei Personalmanagement gefragt, um Personal austauschen und um eine gute Versorgung weiterhin aufrechterhalten zu können. Laut Jany herrscht in den Kliniken seit 1. März ein Ausnahmezustand: „Zuerst die erste Welle, die dann etwas abgeflacht ist. Über den Sommer hinweg haben wir dann die Operationsprogramme, die neu terminisiert werden mussten, aufgeholt, und jetzt ist die zweite Welle da.“

Susanne Rabady, Allgemeinmedizinerin aus Windigsteig (Bezirk Zwettl) und Mitglied des Expertenstabes im Gesundheitsministerium, hofft, dass „das jetzt wirklich ankommt bei allen. Das ist keine Propaganda, man kann dieses Virus und diese Seuche nicht wegleugnen.“ Die Ärztin appellierte im „NÖ heute“-Interview an die Eigenverantwortung. „Das Virus überträgt sich über die Atemluft. Wenn man konsequent dafür sorgt, dass man nicht die Atemluft von jemand anderem einatmet, dann steckt man sich auch nicht an.“

Susanne Rabady
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Susanne Rabady appellierte im Interview mit „NÖ heute“-Moderator Werner Fetz an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen

noe.ORF.at: Sie haben bei einer Pressekonferenz heute betont, dass das Gesundheitssystem vollkommen ausgelastet sei. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Bevölkerung die neuen, strengeren Maßnahmen einhalten wird?

Susanne Rabady: Ich bin sowieso immer optimistisch, in letzter Zeit mehrfach enttäuscht zugegebenermaßen, aber ich denke, dass schön langsam rüberkommt, dass das keine Propaganda ist, und dass man dieses Virus und diese Seuche nicht wegleugnen kann. Es ist jetzt wirklich eindeutig. Die Zahlen müssen runter, es gibt keine Wahl. Und ich hoffe sehr, dass das jetzt wirklich bei allen ankommt. Das alles ist endlich und wir können was tun.

Das Virus überträgt sich über die Atemluft und wenn man konsequent dafür sorgt, dass man nicht die Atemluft von jemand anderem einatmet, dann steckt man sich auch nicht an. Wenn das alle tun, steckt sich niemand an, so einfach ist es. Wir können uns dagegen wehren, wir können diese Pandemie wieder loswerden und vielleicht motiviert das die Menschen, dass sie sich jetzt auf ein bisschen Verzicht einlassen.

noe.ORF.at: Gerade jetzt im Herbst gibt es auch andere Krankheiten. Wie erkenne ich, ob ich mich verkühlt habe oder ob es sich um eine Corona-Infektion handelt?

Rabady: Sie erkennen es selbst gar nicht, die Symptom-Vielfalt ist irrsinnig breit, sehr viele Leute beginnen mit ganz wenigen Symptomen. Die ersten Ergebnisse einer Studie zeigen, die häufigsten Symptome sind Glieder- und Rückenschmerzen, Kopfweh, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Krankheitsgefühl und erst weit abgeschlagen kommen dann jene, die immer als typisch angesehen werden.

Wann immer Sie Symptome spüren, wo Sie nicht genau wissen, was das ist, woher Sie das haben, kontaktieren Sie bitte den Hausarzt oder die Hausärztin. Wenn die keine andere Ursache finden, ist ein Test notwendig. Zehn Minuten – länger braucht der Test nicht – und Sie wissen Bescheid.

noe.ORF.at: Das Coronavirus ist nicht die einzige Krankheit. Was bedeutet das für Kontrollen, für Routineuntersuchungen?

Rabady: Das ist ganz einfach, weiter wie bisher, vielleicht sogar aufmerksamer als bisher, weil es besonders wichtig ist, dass wir grundsätzlich einmal gesund sind, dass wir nicht Krankheiten verschleppen, bis die Spitalsreife gegeben ist. Das wollen wir vermeiden. Wir wollen die Krankheiten dann zu sehen bekommen, wenn wir sie im niedergelassenen Bereich noch bewältigen können. Und wir wollen sowohl den Patienten als auch den Spitalsangestellten das Krankenhaus ersparen.

noe.ORF.at: Der Lockdown soll zu einer Entlastung des Gesundheitssystems führen. Wann werden wir das merken?

Rabady: Wir wissen, dass wir es mit einer Art Öltanker zu tun haben. Das heißt, frühestens in einer Woche werden die Zahlen zurückgehen, dann wird es eine weitere Woche brauchen, bis wir merken, ob die Hospitalisierungen zurückgehen und erst nach einer weiteren Woche werden wir es wirklich auf den Intensivstationen spüren.

Wir brauchen schon noch einen längeren Atem und jeder Tag, den es länger braucht, ist für die Betroffenen ein Problem. Ich kann es nur noch einmal sagen: Bitte sehen Sie sich vor, nehmen Sie es ernst, man kann etwas tun. Passen Sie auf sich auf und scheuen Sie nicht das Gesundheitssystem, wenn es notwendig ist.