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Wirtschaft

Debatte um Sortiment: Appell an Solidarität

Während des Lockdowns dürfen Supermärkte und Diskonter laut COVID-19-Notmaßnahmenverordnung „typisches Warensortiment“ anbieten. Spar, Hofer und Lidl wollen das Sortiment aber nicht einschränken. Land und Wirtschaftskammer appellieren an Solidarität.

Haushaltsgeräte, Blumen oder Spielwaren – auf das müssen die Kunden in den Merkurfilialen derzeit verzichten, vor den Regalen kleben Absperrbänder. Laut Mutterkonzern REWE (Billa, Merkur, ADEG, Penny) werden während des Lockdowns nur Lebensmittel des täglichen Bedarfs verkauft. „Wir wollen nicht auf dem Rücken der Händler, die jetzt im zweiten Lockdown wieder geschlossen haben müssen, Umsätze machen“, sagt REWE-Vorstand Marcel Haraszti gegenüber noe.ORF.at: „Zusammenstehen im Handel ist jetzt eine Frage kaufmännischen Anstands.“

Die Wochen vor Weihnachten sind für den Handel die umsatzstärkste Zeit im Jahr. „Und es kann nicht sein, dass wir als Lebensmittelhändler den Branchenkollegen jetzt Umsätze wegnehmen, die sie im Weihnachtsgeschäft dann nicht mehr nachholen können“, so der Rewe-International-Chef. Rewe hat allerdings im Vergleich zu anderen Lebensmittelhändlern einen relativ kleinen Anteil an Non-Food-Artikel.

Kunden Normalität bieten

Anders sieht man das unter anderem bei Spar, dort werden weiterhin alle Produkte verkauft. Laut Spar-Vorstand Alois Huber besteht für den Konzern während des Lockdowns ein Öffnungsgebot und auch ein Versorgungsauftrag, etwa Schreibwaren für Menschen im Homeoffice: „In der Verordnung ist festgeschrieben, das typische Sortiment dieser Betriebsstätte anbieten zu dürfen, und genau das tun wir. Seit Jahren, Jahrzehnten bieten wir dieses Sortiment an, so auch jetzt, um auch den Kunden Normalität widerspiegeln zu können.“

Eine Sortimentsbeschränkung im Lebensmittelhandel wäre zudem gesetzeswidrig, weil der Gesundheitsminister laut COVID-19-Maßnahmengesetz zwar eine Schließung von Geschäften verordnen kann, jedoch keine Ermächtigung habe, bei denen, die geöffnet haben, eine Sortimentsbeschränkung vorzunehmen, argumentieren Spar, Hofer und Lidl. Zudem würden Händler, die nun geschlossen haben, großzügig entschädigt, betont Huber: „Die bekommen 60 Prozent ihres Umsatzes und sie können ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.“

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Bei Spar sind weiterhin alle Produkte erhältlich, die auch vor dem Lockdown angeboten wurden

Rechtslage laut WKNÖ klar

In der Wirtschaftskammer ist man über den Streit zwischen den Mitgliedern nicht erfreut. Die Rechtslage sei aber klar, sagt Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich: „Lebensmittelhändler dürfen ihr typisches Warensortiment des Lebensmittelhandels verkaufen, und es ist ganz klar angeführt, dass Spielwaren oder Elektrogeräte nicht verkauft werden dürfen.“

Ecker fordert Spar, aber auch die Konzerne Hofer, Lidl und Müller, deshalb auf, die Sortimentsbeschränkungen umzusetzen und Solidarität mit den anderen Händlern zu zeigen: „Gerade jetzt sollte man wirklich auf die Tausenden Betriebe Rücksicht nehmen, die genauso das Weihnachtsgeschäft brauchen, und gerade die Lebensmittelkonzerne, und es sind nur ein paar wenige, die machen ihr Geschäft.“ Im Gegensatz dazu würden sich bei Ecker täglich Betrieb melden, die über das Vorgehen der Händlerkollegen verärgert seien.

Juristische Spitzfindigkeiten

Kritik kommt ebenso von Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP). Der Lockdown treffe die Handelsbetriebe Niederösterreichs besonders hart, mehr als die Hälfte der 60.500 Beschäftigten sind vom Lockdown betroffen. Vor allem für kleinere Händler dürften die aktuellen Maßnahmen negative Auswirkungen haben. „Es ist jetzt keine Zeit für juristische Spitzfindigkeiten“, betont Danninger in Bezug auf die unterschiedliche Interpretation der Verordnung: „Der Zweck ist klar und eindeutig.“

Appell an Solidarität im Handel

Laut Verordnung des Gesundheitsministeriums darf während des Lockdowns nur typisches Warensortiment verkauft werden. Einige Lebensmittelkonzerne halten sich aber nicht daran, weil diese Vorgabe verfassungswidrig sei. Heftig kritisiert wird das jetzt vom Land und von der Wirtschaftskammer Niederösterreich, beide appellieren an die Solidarität im Handel.

Lebensmittelhändler sollen sich deshalb auf ihr typisches Warensortiment beschränken und keine Waren verkaufen, deren Händler vom Lockdown betroffen sind, fordert Danninger: „Denn alles was an Spielwaren, Sportartikeln oder Elektrogräten verkauft wird, geht zulasten der vielen kleinen Händler, und dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.“ Vielmehr appelliert auch Danninger „an den Anstand und die Solidarität.“

Darauf angesprochen heißt es bei Spar den Kunden möglichst viel Normalität bieten zu wollen und das Sortiment deshalb auch nicht einzuschränken. Und damit wolle man auch ein Monopol von ausländischen Internet-Giganten verhindern. Wer in dieser Frage tatsächlich Recht behält, könnte somit erst vor Gericht entschieden werden – bis dahin wäre der zweite Lockdown aber lange vorbei.