Gesundheit

Pilotprojekt: Notarzt hilft per Datenbrille

Das Rote Kreuz setzt seit kurzem auf eine neue Form der Telemedizin. Durch das Pilotprojekt „Telenotarzt“ können Notärzte via Datenbrille für Beratungen beigezogen werden. Die ärztliche Versorgung soll so deutlich beschleunigt werden.

Wenn sich etwa der Gesundheitszustandes eines Patienten drastisch verschlechtert und die Rotkreuz-Sanitäter vor Ort dringend Unterstützung durch einen Notarzt benötigen, dann kann dieser künftig auch zugeschaltet werden – und zwar mittels Datenbrille, wie das Rote Kreuz Niederösterreich am Dienstag in einer Aussendung mitteilte. Durch die an der Spezialbrille montierte Kamera sehe der Arzt alles, was der Sanitäter sieht und könne so seine Expertise einbringen.

Acht Mal war das in den vergangenen Wochen laut Rotem Kreuz bereits passiert. Getestet wurde das Projekt bisher nur im Marchfeld im Weinviertel, konkret am Stützpunkt Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf). Kommendes Jahr soll der Telenotarzt in allen Regionen Niederösterreichs erprobt werden.

Sanitäter und Notarzt
RK NÖ / F. Schodritz
Dank einer Datenbrille, die der Sanitäter vor Ort trägt, sieht der beigezogene Notarzt all das, was dieser auch sieht

„Unser Ziel ist es, bei Bedarf den Patientinnen und Patienten vor Ort noch schneller helfen zu können“, erklärt der Präsident des Roten Kreuzes Niederösterreich, Josef Schmoll, in einer Aussendung. „Mit diesem innovativen Ansatz kann ein Notarzt jederzeit zur Beratung beigezogen werden. Dadurch wird die ärztliche Versorgung in der Notfallrettung deutlich beschleunigt.“

Nicht nur Hilfe, sondern auch Datensicherheit im Fokus

Vor der Zuschaltung des Telenotarztes müssen entweder der Notfallpatient selbst oder dessen Angehörige nach Aufklärung einwilligen. Erst dann werde der Kontakt hergestellt, heißt es, denn da es sich bei den übertragenen Daten um personenbezogene Daten handle, liege ein besonderer Fokus des Projekts auf der Datensicherheit.

Bis dato wurde Telemedizin in Österreich nicht im Bereich des Rettungsdienstes eingesetzt, so die Projektleiter Berndt Schreiner und Christoph Rötzer vom Roten Kreuz Niederösterreich. Deshalb habe man sich dazu entschieden, das System zu testen und gleichzeitig auch Erfahrungen, die man in Deutschland bereits gemacht hatte, zu analysieren. In Aachen gebe es nämlich bereits ein ähnliches Projekt.

„Ziel ist es, dass das nichtärztliche Rettungsdienstpersonal am Einsatzort jederzeit in Echtzeit mit dem Telenotarzt kommunizieren und ihn in den laufenden Versorgungsprozess einbinden kann“, so Schreiner. „Gerade auch die Coronavirus-Pandemie zeigt uns, wie wichtig es ist, die bereits bestehenden innovativen Möglichkeiten zu nutzen, um Menschen bestmöglich versorgen zu können."

DDr. Alexander Hönel (Ethiker), Josef Schmoll (Rotes Kreuz NÖ), Dr Max Wudy (Ärztekammer NÖ), Christof Constantin Chwojka (144 Notruf Niederösterreich), Maria Pechter-Parteder (Patientenanwaltschaft) und Dr. Berndt Schreiner (Rotes Kreuz NÖ)
RK NÖ / F. Schodritz
Für das Pilotprojekt wurde ein eigener Beirat, bestehenden aus zahlreichen Expertinnen und Experten, einberufen. Im Bild: Ethiker Alexander Hönel, Rot-Kreuz-Niederösterreich-Präsident Josef Schmoll, Max Wudy von der Ärztekammer NÖ, Christof Constantin Chwojka, Geschäfsführer von 144 Notruf NÖ, Maria Pechter-Parteder von der NÖ Patientenanwaltschaft und Projektleiter Berndt Schreiner

Derzeit würden unterschiedliche technische Mittel zur audio-visuellen Kommunikation getestet und weiterentwickelt, heißt es. Die Daten würden aber nicht gespeichert. „Wir arbeiten mit internen und externen Juristen ebenso zusammen, wie mit Datenschutz-Experten, um hier alle notwendigen Schritte und Vorgaben erfüllen zu können", so die beiden Projektleiter in der Aussendung.

Für das gesamte Projekt wurde laut Rotem Kreuz ein eigener Beirat, bestehend aus Expertinnen und Experten der Ärztekammer Niederösterreich, der Landesgesundheitsagentur, der Niederösterreichischen Patienten- und Pflegeanwaltschaft, von 144 Notruf Niederösterreich, des Roten Kreuzes Niederösterreich sowie Ethik-Expertinnen und -Experten, einberufen. Außerdem werde das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Schmoll: „Noch viele Fragen zu klären“

Hinzugezogen werden soll der Telenotarzt vorerst vor allem dann, wenn es etwa um die Beratung und Unterstützung der Rettungssanitäter bei nicht kritischen Patientinnen und Patienten geht. Aber auch, wenn sich deren Zustand plötzlich verschlechtert, kann der Telenotarzt bis zum Eintreffen des nachgeforderten Notarztes hinzugezogen werden. In der Pilotierung gebe es „jedenfalls noch viele Fragen zu klären“, betonte Schmoll in der Aussendung abschließend. Der Einsatz innovativer telemedizinischer Techniken stelle aber eine "Verbesserung der präklinischen Notfallversorgung und einen effizienteren Einsatz von damit verbundenen Personal- und Sachressourcen in Aussicht“.