Frauenhaus
ORF.at/Birgit Hajek
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CHRONIK

Frauenhäuser erwarten mehr Anfragen

Für Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, ist der Lockdown besonders schwierig. Die Zahl der Betretungsverbote stieg 2020 um zehn Prozent an. Auch die Frauenhäuser verzeichneten mehr Anfragen. Nach dem Lockdown könnten es noch mehr werden.

Schon 2019 war die Auslastung im Frauenhaus St. Pölten um zehn Prozent gegenüber den Vorjahren gestiegen. Grund waren damals die vielen tödlichen Gewaltverbrechen an Frauen in Niederösterreich. 2020 verzeichnete man erneut steigendes Interesse. Diesmal war der Grund der erste Lockdown im Frühjahr.

Weil die Menschen notgedrungen viel Zeit gemeinsam zuhause verbringen mussten, stieg auch das Gewaltpotential, heißt es. Doch viele Betroffene meldeten sich erst nach dem Lockdown. „Wir haben bemerkt, dass die Frauen mitunter nicht den Mut haben, in dieser außergewöhnlichen Situation wegzugehen“, erklärt Olinda Albertoni, Leiterin des Frauenhauses St. Pölten.

Viele Betroffene hätten finanzielle Sorgen, Angst vor der Zukunft, aber vor allem hätten sie keine Möglichkeit, unbemerkt wegzukommen, so die Expertin. „Das Problem ist, dass der Mann die ganze Zeit zuhause ist und die Kontrolle über alle Handlungen der Frau hat. Dann fällt es natürlich schwer, einen ungestörten Platz zum Telefonieren zu finden oder sich mit jemandem in Verbindung zu setzen“, weiß Albertoni.

„Wichtig, auch jetzt die Gewalt nicht auszuhalten“

Im Frauenhaus St. Pölten geht man deshalb davon aus, dass die Anfragen nach dem aktuellen Lockdown wieder steigen. Wenn die Verzweiflung zuhause groß ist, sollten Frauen aber auch während des Lockdowns Hilfe in Anspruch nehmen, so der Appell der Frauenhaus-Leiterin. „Wir finden, dass es ganz wichtig ist, auch jetzt diese Gewalt nicht auszuhalten und nicht beim gewalttätigen Partner zu bleiben, sondern sich sehr wohl sofort zu melden“, so Albertoni.

Die Frauenhäuser hätten die Möglichkeit, den Frauen Plätze anzubieten und sie gut zu unterstützen, betont die Leiterin des St. Pöltner Frauenhauses: „Wir möchten die Botschaft an die Frauen senden, dass sie sich wirklich bei uns melden sollen, denn mit der Unterstützung von Expertinnen kann man auch in schwierigen Zeiten, wie jetzt gerade, Möglichkeiten und Perspektiven für die Zukunft finden.“

Rund um die Uhr erreichbar

Die niederösterreichischen Frauenhäuser sind rund um die Uhr erreichbar. Die Mitarbeiterinnen unterstützen und beraten etwa in rechtlichen oder finanziellen Fragen, helfen bei der Arbeits- oder Wohnungssuche und auf Wunsch bei Gerichts- und Behördenwegen. Vor allem aber bieten die Frauenhäuser eine sichere Zuflucht für Frauen und Kinder. Durchschnittlich bleiben Betroffene drei bis sechs Monate.