Ärzte, Pflegepersonal und Patienten im Landesklinikum Melk in Zeiten des Coronavirus
ORF / Bernt Koschuh
ORF/Bernt Koschuh
Coronavirus

CoV-Spital: Optimismus trotz Dauerbelastung

Im Landesklinikum Melk ist man optimistisch, dass Österreich ohne Überlastung des Spitalsystems durch die zweite Welle kommt. Der Lockdown scheine sich allmählich positiv auszuwirken, sagt Primar Harald Stingl. Dennoch bleibt die Situation eine Herausforderung.

Die Zahl der Intensivpatienten ist am Dienstag zwar erstmals auf über 700 gestiegen, dennoch zeigt sich Primarius Harald Stingl im Gespräch mit Ö1-Redakteur Bernt Koschuh optimistisch, dass Österreich dank des Lockdowns ohne Überlastung des Spitalssystems durch die zweite Welle komme. „Wir sehen jetzt so ein bisschen eine Tendenz zu sinkenden Zahlen“, sagt der Facharzt vorsichtig. „Mit etwas Verzögerung werden dann auch die Spitalszahlen sinken und mit weiterer Verzögerung werden dann auch die Zahlen der Intensivpatienten sinken.“

Sowohl am Sonntag als auch am Montag war die Zahl der aktiven Coronavirus-Infektionen in Österreich deutlich zurückgegangen. Aktuell gibt es österreichweit zwar wieder ein leichtes Plus, in Niederösterreich ist die Zahl allerdings weiter rückläufig. 704 Personen brauchen derzeit eine intensivmedizinische Behandlung, 108 sind es in Niederösterreich – mehr dazu in Die Lage in Niederösterreich.

Dass die Zahl der Intensivpatienten erst mit Verzögerung sinken wird, begründet Stingl damit, dass die Patienten, die dort liegen, meistens relativ lange liegen. „Das heißt, das hinkt länger nach. Aber ich bin sicher, dass wir das schaffen, auch in Österreich“, so Stingl, „Jedes Land der Welt kann das schaffen, mit entsprechenden Maßnahmen.“

Covid-19-Patient: „Man weiß nicht, was man tun soll“

Was eine Erkrankung an Covid-19 bedeutet, erlebt derzeit auch Patient Alois Zwettler, der sich mittlerweile auf dem Weg der Besserung befindet. Er ist schon seit 25 Tagen krank und seit zwölf Tagen im Spital. In der schlimmsten Zeit war er emotionslos, resignierend, erzählt er im Gespräch mit Ö1-Redakteur Bernt Koschuh: „Die wenige Luft bringt einen eigentlich dazu, dass man denkt: Eigentlich ist es jetzt egal, ob man stirbt oder nicht – weil man nicht weiß, was man tun soll.“

Der 67-Jährige bekommt nach wie vor Sauerstoff über Röhrchen in die Nasenlöcher und trägt dazu eine sogenannte Nasenbrille. Am Anfang, sagt er, habe er seine Covid-19-Erkrankung unterschätzt, weil er nur 38 Grad Fieber hatte: „Ich hatte kaum Fieber sondern lediglich diese Müdigkeit, Appetitlosigkeit und dieses wirklich zu kämpfen haben und mit sich selbst beschäftigt sein, mit dem Ringen um Luft.“

Ärzte, Pfleger und Patienten im Landesklinikum Melk in Zeiten des Coronavirus
ORF/Bernt Koschuh
Covid-19-Patient Alois Zwettler mit dem Mediziner Michael Wagner im Landesklinikum Melk

Einzelzimmer, um vor Virenlast zu schützen

Zwettler liegt auf einer Bettenstation, die eigentlich auf Diabetes spezialisiert ist, jetzt aber nur Covid-19-Patienten betreut. Die derzeit 36 Covid-19-Patientinnen und -Patienten in Melk liegen fast alle alleine in einem Doppelzimmer, sagt Primar Harald Stingl: „Wir versuchen Patienten nur einzeln ins Zimmer zu legen, denn wenn einer der beiden Patienten sehr viel hustet unter Umständen die Viruslast für den anderen Patienten auch höher wird." Dadurch sei dieser dem Risiko ausgesetzt, dass der Krankheitsverlauf schwerer wird.

Die Einzelbelegung der Zimmer und das Zurückfahren von planbaren Behandlungen seien mit Gründe dafür, dass in Melk derzeit insgesamt nur 77 Patienten liegen, heißt es. Normalerweise sind es laut dem Primar fast doppelt so viele. „Die Gesamtzahl der Patienten im Spital – das ist in den meisten Spitälern so – ist jetzt eher niedriger, weil die Betreuung der Covid-19-Patienten so aufwendig ist, dass das gleiche Personal einfach weniger Patienten betreuen kann."

Zum hohen Aufwand gehört das Anlegen einer FFP3-Maske, einer Schutzbrille, der Schutzkleidung sowie das Anziehen von zwei Paar Gummi-Handschuhen vor dem Betreten der Krankenzimmer. Beim Ablegen der Kleidung müssen die Hände fünfmal desinfiziert werden: zuerst die äußeren Handschuhe, dann die inneren und schließlich mehrmals die Hände. Denn die Patienten und Patientinnen husten und sind noch infektiös.

Ärzte, Pfleger und Patienten im Landesklinikum Melk in Zeiten des Coronavirus
ORF/Bernt Koschuh
Pflegekräfte Monika Kreuziger und Cornelia Elser mit Primarius Harald Stingl, Assistenzarzt Michael Wagner und Ö1-Reporter Bernt Koschuh

Angst nehmen: „Halten in Schutzkleidung Hände“

Zunächst habe sich ihr Mann bei einem Arztbesuch angesteckt, erzählte die 59-jährige Patientin Helga Elser. Seit einer Woche sei sie nun krank und fühle sich schon entkräftet. „Das ist so eine Berg- und Talfahrt. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Da glaubt man, es geht einem besser und dann auf einmal wieder dasselbe. Einmal ein Tag ohne Fieber und in der Nacht schon wieder Schüttelfrost und Fieber. Das Kopfweh bringt man nicht los. Da verzweifelt man schon manchmal.“

Pflegerinnen wie Stationsleiterin Monika Kreuziger und Cornelia Elser sehen es auch als ihre Aufgabe, den Patientinnen und Patienten die Angst zu nehmen. Wer hier versorgt wird, habe nicht nur Angst, was mit ihm passiert, sondern auch Angst um die Angehörigen zu Hause. Da helfe es Beispiele zu bringen, etwa von anderen Patientinnen zu erzählen, die es schon geschafft haben.

Immer wieder motivieren und Mut machen sei das Motto, erzählen sie. Wenn die Patienten die Verzweiflung besiegt haben, dann so die Pflegerinnen, können sie auch die Krankheit besiegen. „Wir halten in Schutzkleidung Hände, reden mit ihnen, wir lassen sie nicht alleine. Trotz Coronavirus – der Mensch steht im Vordergrund.“