Regale mit Kartons in Lagerhalle
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Coronavirus

Impfstoff: Großhändler für Lieferung bereit

Während die ersten Pharmakonzerne die Zulassung ihres Coronavirus-Impfstoffes in der EU beantragt haben, rüsten sich die heimischen Arzneimittelgroßhändler für die ersten Lieferungen. Für den Impfstoff werden extrem niedrige Lagertemperaturen benötigt.

Einer der Impfstoffe, der im Rennen um eine Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelagentur ist, braucht es sehr kalt. In der Pharmalogistik zeigt man sich dafür gerüstet, darunter das in Korneuburg gegründete Unternehmen Kwizda. Derartig extreme Lagertemperaturen würden allerdings sehr selten benötigt, wurde bei einem Lokalaugenschein von noe.ORF.at am Dienstag am Logistikstandort in Leopoldsdorf bei Wien (Bezirk Bruck an der Leitha) betont.

„Temperaturbereiche von minus 70 oder minus 20 Grad Celsius, wie sie jetzt im Gespräch sind, sind für Arzneimittel ungewöhnlich, aber für uns nichts Neues“, sagte Albert Dlaska, Geschäftsführer der Kwizda Pharmadistribution. „Wir haben bereits Arzneimittel in diesen Temperaturbereichen und über die letzten Jahre auch Erfahrung gesammelt, die wir jetzt sehr gut anwenden und skalieren können.“

Kühlkette wird automatisch überwacht

Zentraler Punkt sei die Überwachung der Kühlkette, betonte Dlaska. „Hier sind überall Überwachungssysteme implementiert, die alarmieren, wenn die Temperaturbereiche überschritten werden und entsprechende Signale abgeben, damit man dann Gegenmaßnahmen setzen kann.“ Das betrifft aber ohnehin eher nur die Lieferlogistik. Kurz vor der Impfung genügt eine für Impfstoffe normale Temperatur. „Für alle diese Impfstoffe ist absehbar, dass sie auch für mehrere Tage bei einer Temperatur von plus zwei bis plus acht Grad gelagert werden können“, so der Geschäftsführer der Kwizda Pharmadistribution.

Regale mit Kartons und Stapler in Lagerhalle
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Bei Kwizda zeigt man sich für die Lagerung des CoV-Impfstoffes gerüstet

Wie groß die Hoffnungen auf den Impfstoff und eine rasche Verteilung sind, zeigt wohl auch, dass erst vor ein paar Tagen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der Geschäftsführer von Pfizer Österreich, Robin Rumler, und die Präsidentin des Verbandes der Impfstoffhersteller, Renee Gallo-Daniel, die Logistikdrehscheibe von Kwizda in Leopoldsdorf bei Wien besuchten.

„Jahrhundertsituation“: Branche will gemeinsam agieren

Im 20. Wiener Gemeindebezirk befindet sich der Pharmahandel des Unternehmens. Dessen Geschäftsführer, Thomas Brosch, ist auch Vorstandsmitglied im Verband der österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler PHAGO. Er betonte, dass die gesamte Branche in dieser Frage gemeinsam agieren wolle.

„Das ist eine Jahrhundertsituation. So eine Pandemie hatten wir alle in unserem Leben noch nicht und hoffentlich auch nie wieder. Sämtliche Teilnehmer an diesem ‚Spiel‘ – sei es die pharmazeutische Industrie, sei es die Politik, alle Behörden und natürlich auch der pharmazeutische Großhandel – versuchen gemeinsam aufzutreten und eine möglichst stabile und bestmögliche Distribution anzubieten“, so Brosch. „Unserer Meinung nach ist die bestmögliche Distribution, das gesamte Netz des pharmazeutischen Großhandels mit allen Standorten zu verwenden.“

blaue Behälter fahren über ein Rollband
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Die Branche rechnet mit einer ersten Lieferung Mitte Jänner

Logistiknetz soll ausgebaut werden

Dieses Netz wird derzeit deutlich vergrößert. „Wir haben als gesamte Branche an zehn Standorten Lagerkapazitäten für minus 70, minus 80 Grad“, sagte Brosch. „Wir werden diese Standorte bis Weihnachten bzw. bis Jahresende auf bis zu 24 Standorte ausbauen, um in diesem extremen Temperaturbereich von minus 70 Grad lagern zu können. Wir sind heute bereits bereit, über eine Million Impfdosen in diesem Temperaturbereich zu lagern und werden bis Weihnachten bereit sein, bis zu drei Millionen Impfdosen in diesem Bereich zu lagern.“

Von diesen bis zu 24 Standorten könnte der Impfstoff direkt an die Impfstellen gebracht werden. In der Branche erwartet man den ersten Impfstoff um Mitte Jänner in Österreich. Nach dem US-Pharmakonzern Moderna haben zuletzt auch die deutsche Firma Biontech und der US-Pharmariese Pfizer eine Zulassung ihres Impfstoffes für die EU bei der Europäischen Arzneimittelagentur beantragt.