Buchbinderin Christine Weiner
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„Menschen im Blickpunkt“

Buchbinderin: Büchern gehört die Zukunft

Gäbe es keine Buchbinder, dann gäbe es keine Bibliotheken, sagt Christine Weiner. Im Kloster St. Gabriel in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) und Wien betreibt die Buchbinderin zwei Werkstätten. Von der Zukunftsfähigkeit des Mediums ist sie nach wie vor überzeugt.

Die Buchbinderei zählt in Österreich zum immateriellen Kulturerbe – obwohl oder gerade weil es nur noch geschätzte 40 handwerkliche Betriebe dieser Art gibt. Ihre größte Konkurrenz: die industrielle Buchbinderei und das elektronische Buch. Christine Weiner ist Idealistin und Handwerkerin. Sie beherrscht die alte Handwerkskunst mit den vielen mühevollen Einzelschritten. Sie ist überzeugt, dass die Zukunft den Büchern gehört.

„Ich wurde gleich nach der Lehre selbstständig, habe eine Prägeanstalt geführt und dann erst später mit 35 meine Meisterprüfung nachgemacht. Dann wurde mir zufällig angeboten, in St. Gabriel die Werkstatt zu übernehmen. Meine ehemalige Lehrwerkstätte im ersten Bezirk in Wien, in der Augustinerstraße, habe ich auch übernommen. Dort habe ich einen Mitarbeiter, in St. Gabriel habe ich zwei. Sie sind alle begnadete Buchbinder,“ erzählt Weiner.

Buchbinderin Christine Weiner
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Christine Weiner in einer ihrer beiden Werkstätten

Zwischen uralten mechanischen Schreibmaschinen, Landkarten aus Afrikas Kolonialzeit, Holzkästen mit Messinglettern für Goldprägungen, Papierschneidemaschinen und Buchpressen lädt die Buchbindermeisterin lächelnd ein, sich umzusehen. „Wir sind ein reiner Handwerksbetrieb, wir stellen einzelne Bücher her – und wir reparieren alte Bücher“, erklärt Weiner, „ob es nun einzelne Bücher sind, die aus Bibliotheken kommen, oder Jahresbände, die neu gebunden werden. Wir haben Rechtsanwälte und Notare, die ihre Aufzeichnungen gebunden haben möchten. Außerdem haben wir Privatkunden, die ihre Lebensgeschichten oder ihre Malereien in einem Buch zusammengefasst bekommen.“

Besondere Geschichten in der Pandemie

Die Coronavirus-Pandemie hat auch in der Buchbinderei Spuren hinterlassen. Als produzierende Betriebe durften die Buchbinderin und ihre Kollegen zwar auch während der Lockdowns arbeiten, die Aufträge wurden aber weniger und Umsatzeinbußen wurden nicht ersetzt. Aber es gibt auch Positives zu berichten. So erzählt Christine Weiner von Menschen, die in diesen Zeiten ihre alte Bücher durchgeschaut haben, und – wenn es die Bücher gebraucht haben – für ein spezielles „Bücherservice“ zu ihr gekommen sind.

„Es gab da zum Beispiel diesen Großvater, der seiner Enkelin Geschichten geschrieben hat, weil er sie wegen der Pandemie nicht sehen konnte. Diese Geschichten haben wir zu einem Buch gebunden. Das hat er seiner Enkelin dann geschenkt.“ Auch das ist ein Buch-Einzelstück. Die Buchbinderin ist überzeugt, dass das Kulturgut Buch bestehen bleibt – „denn wir sind Menschen, die denken, die schreiben, die lesen. Wir brauchen Bücher ganz einfach.“