Energieraumplan für Tulln, 2020
Grafik: BOKU/Stadt Tulln
Grafik: BOKU/Stadt Tulln
Politik

Pilotprojekt hilft Gemeinden beim Klimaschutz

Mit dem Pilotprojekt „Energieraumplanung für niederösterreichische Gemeinden“ werden alle 573 Gemeinden dahingehend analysiert, wo sie klimaschonend Siedlungsgebiete bauen können. Die Raumordnung beeinflusse den Energieverbrauch langfristig, heißt es.

Das Projekt des Umweltministeriums, des Landes Niederösterreich und der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) soll Leitfäden für nachhaltige Entwicklungen von Bau- und Infrastrukturprojekten auf kommunaler Ebene liefern. Die BOKU erarbeitet deshalb für alle niederösterreichischen Gemeinden einen sogenannten Energieraumplan. Grob gesagt werden dafür Daten wie die Wohnnutzflächen, Treibhausgasemissionen, Bevölkerungszahl, Mobilität, Energieversorgung und die Arbeitsorte verwendet.

Damit es zu keinen Diskrepanzen mit den realen Gegebenheiten kommt, wird mit den Ortsplanerinnen und -planern der Gemeinden Rücksprache gehalten, so Gernot Stöglehner von der BOKU. „Wir verschränken die allgemeine Datenbasis mit dem lokalen Wissen, daraus ergibt sich dann ein Planungsleitfaden anhand einer Methodik für strategische Entscheidungen“, führte der Wissenschaftler aus. Für jede Gemeinde wird innerhalb eines Jahres ein Planungsleitfaden erarbeitet.

Für die Gemeinden soll damit klar ersichtlich sein, wo umweltschonend gebaut werden kann, auch im Hinblick auf öffentlichen Verkehr, sowie Fahrrad- bzw. Fußwege. Die Gemeinden sollen das etwa in Form von Plänen mit gekennzeichneten Räumen, die eine energieeffiziente Struktur aufweisen, erhalten. Zusätzlich wird es Schulungen für Gemeindebedienstete durch die BOKU geben.

In Tulln bereits Realität

Die Stadt Tulln ließ sich einen solchen Energieraumplan bereits von der BOKU anfertigen. Dabei wurde unter anderem aufgezeigt, wo in der Stadt Hitzeinseln vorliegen und wie diese entsiegelt werden können. So soll etwa der Nibelungenplatz hinter der Donaulände von einem großen, asphaltierten Parkplatz zu einem grünen Erholungsraum umgestaltet werden. Das führe auch zu einer besseren Luftqualität in der Stadt, heißt es.

Energieraumplan für Tulln, 2020
ORF/Pöchhacker
Statt grau soll der Nibelungenplatz in Tulln grün werden – laut dem Energieraumplan ist die Fläche eine große Hitzeinsel

Ein zweiter Aspekt, der aus dem Energieraumplan umgesetzt wird, ist, dass zuerst innerstädtisch gebaut wird. Denn dort gibt es bereits den Anschluss zum öffentlichen Verkehr, außerdem seien die Distanzen zu Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen gering. Es muss also keine zusätzliche Infrastruktur gebaut werden. Bauprojekte rund um die Stadt würden laut Energieraumplan hingegen weitaus klimaschädlicher ausfallen.

„Raumordnung entscheidet über Energieverbrauch“

„Die Energiewende und der Bodenschutz sind wichtige Hebel in der Klimakrise“, betonte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei einem Pressegespräch, in dem das Projekt am Freitag vorgestellt wurde. Die Raumordnung entscheide über den Energieverbrauch. Die Sieldungsstrukturen müssten kompakt sein, durch die Analyse der BOKU werde aufgezeigt, wo Fernwärme- oder Biomassewerke am besten in ein Gebiet integriert werden können, wo es Potential für Fotovoltaik und Windkraft gebe. „Nur so gelingt uns der Ausstieg aus Gas und Öl“, so die Ministerin.

Energieraumplan für Tulln, 2020
ORF/Pöchhacker; Grafik: BOKU/Stadt Tulln
Die Visualisierung des Energieraumplans für Tulln. Aus der Überlagerung der farblichen Flächen ergibt sich, wo klimaschonend gebaut werden kann

Die Kosten von 200.000 Euro werden vom Umweltministerium und vom Land Niederösterreich übernommen. Weil die Raumplanung bei Land und Gemeinden liege, sei das die „zentrale Ebene beim Klimaschutz“. „Wenn eine Schule erneuerbar beheizt wird und zeigt, dass es geht, hat das eine Strahlwirkung auf die Bürger“, so die Umweltministerin. Ortschefs würden darum oftmals als Vorreiter im Klimaschutz fungieren. „Unsere Bürgermeister sind da sehr motiviert“, befand der zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP).

Entscheidungen mit jahrelangen Konsequenzen

Die Gemeinden sind nach dem Raumordnungsgesetz dazu verpflichtet, Energie- und Klimakonzepte zu erstellen. Die Daten des BOKU-Projekts sollen die Grundlage für diese Konzepte sein, so Pernkopf. Zentral sei die Frage, wo was gebaut werde und wo Platz für erneuerbare Energien wie Fotovoltaikanlagen geschaffen werden kann. „Das sind alles langfristige Entscheidungen. Wenn man da Fehler macht, hat das jahrzehntelange, teure Folgen“, so Pernkopf. Außerhalb von Orten große Flächen zu Betriebsgebieten zu versiegeln soll nicht mehr so einfach möglich sein. Es könne nicht jede Gemeinde ihren eigenen Wirtschaftspark haben, es müsse über Gemeindegrenzen kooperiert werden, betont der Landeshauptfrau-Stellvertreter.