Prozess in St. Pölten
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Chronik

Betrogene Bordellgäste: Prozess gestartet

Weil sie zahlreiche Gäste eines Bordells in der Landeshauptstadt betäubt und betrogen haben sollen, müssen sich am Mittwoch zwei Männer und eine Frau in St. Pölten vor Gericht verantworten. Einer der Beschuldigten ist der ehemalige Betreiber des Bordells.

Dem ehemaligen Betreiber des Bordells, einem Kellner sowie einer im Bordell tätigen Frau werden von der Staatsanwaltschaft zahlreiche Delikte zu Last gelegt. Ihnen wird unter anderem gewerbsmäßiger schwerer Betrug, schwere Erpressung sowie Nötigung vorgeworfen. Fast zwei Jahre lang sollen die Angeklagten immer wieder nach derselben Masche vorgegangen sein und stark betrunkenen, möglicherweise auch betäubten Bordellgästen weit überhöhte Rechnungen gestellt haben – etwa für angebliche Konsumationen und sexuelle Dienstleistungen.

Um die Zahlungsmoral der Gäste zu heben, sollen sie diese mit kompromittierenden Fotos erpresst haben. „Als die Kunden stutzig geworden sind, sind sie massiv unter Druck gesetzt worden und teilweise auch bedroht worden“, führte der Staatsanwalt zu Prozessbeginn aus. Teilweise sollen die Angeklagten die Kunden sogar bei der Polizei angezeigt haben. Auf Grund dieser Anzeigen hatte die Polizei auch die Ermittlungen aufgenommen – mehr dazu in St. Pölten: Bordellgäste betäubt und betrogen (noe.ORF.at; 25.7.2020).

Verteidigung: Vorwürfe sind „schlichtweg falsch“

Vor Gericht bekannten sich am Dienstag alle drei Angeklagten nicht schuldig, lediglich der Erstangeklagte zum Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes. Die Vorwürfe seien „schlichtweg falsch“ führte einer der drei Verteidiger aus. Bei den angeblich betrogenen Kunden habe es sich durchwegs um Männer gehandelt, die mehrmals im Lokal waren, über die Preise Bescheid wussten und teilweise auch Schulden angehäuft hatten. Die Schulden der Kunden würden tatsächlich bestehen, die Leistungen wurden erbracht, so die Verteidigung.

Dass sich zahlreiche angeblich betrogene Kunden gemeldet hatten, führt die Verteidigung auch darauf zurück, dass die Polizei via Medienberichte nach weiteren mutmaßlichen Opfern gesucht hatte. Nicht zuletzt sollen ein paar der angeblichen Opfer wenige Wochen später erneut das Etablissement aufgesucht haben. Man sei im Nahebereich zu Wien, auch in St. Pölten gebe es noch ein weiteres Bordell, „er hätte auch andere Möglichkeiten gehabt“, so der Verteidiger.

Sowohl auf Seite der Angeklagten als auch auf Seite der mutmaßlichen Opfer dürfte jedenfalls viel Alkohol geflossen sein. Der Erstangeklagte, der ehemalige Bordellbetreiber, bestritt während des Prozesses beinahe sämtliche Aussagen, die er bei der Einvernahme der Polizei gemacht hatte. Er habe in der Nacht davor zwei Flaschen Whiskey getrunken und sei nicht in der Lage für eine Aussage gewesen, so der 33-Jährige.

Rechnungen im hohen vierstelligen Bereich

Und auch die Kunden sollen laut Verteidigung dem Alkohol nicht abgeneigt gewesen sein. Einer der angeblich betrogenen Männer sei Alkoholiker, bereits betrunken ins Bordell gekommen, habe dort noch eine Flasche Whiskey getrunken und sei dann mit mehreren Frauen ins Zimmer gegangen, wo er schließlich eingeschlafen war. Dass die Rechnungen, die den Kunden gestellt wurden, oft mehr als 6.000 Euro betrugen, führte der Hauptangeklagte darauf zurück, dass diese oft mehrere Stunden mit mehreren Frauen am Zimmer waren.

Weil in dem Fall zahlreiche Zeugen einvernommen werden müssen, ist der Prozess für zumindest drei Tage anberaumt. Ein Urteil wird es frühestens kommende Woche geben.