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Umwelt

Sperrbrunnen trocknen Lobau aus

In der oberen Lobau fehlt zunehmend das Wasser. Der Grund sind alte Tanklager in Wien, die nicht saniert werden können und für die Sperrbrunnen errichtet wurden. Diese pumpen laufend Wasser ab, kritisiert man in der Gemeinde Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf).

Der Nationalpark Donau-Auen beginnt in Wien an der „Alten Donau“ und zieht sich bis nach Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) im Osten Niederösterreichs. An der oberen Lobau, dem Grenzgebiet zwischen Wien und Niederösterreich, gleitet beim Lokalaugenschein von noe.ORF.at ein Schwan majestätisch über die glitzernde Wasseroberfläche. Doch die Idylle trügt: Die obere Lobau als Teil des Nationalparks Donau-Auen trocknet offensichtlich immer weiter aus. Die Gemeinderäte der Grünen, die in Groß-Enzersdorf mitregieren, sowie engagierte Bürger schlagen Alarm.

In diesem westlichen Abschnitt des Nationalparks fließt unter den Brücken kein Wasser mehr durch, Schilf macht sich breit, die Flussbette verlanden. Eine einstmals viel genutzte Fischaufstiegshilfe ist verödet und kaum mehr als solche erkennbar. Andreas Vanek (Grüne), Stadtrat für Klimaschutz in Groß-Enzersdorf über den derzeitigen Winterwasserstand: „Wir haben jetzt sogar mehr Wasser als in den Sommermonaten. Messlatten, die jetzt zumindest einen niedrigen Wasserstand anzeigen, sind im vergangenen Sommer völlig im Trockenen gestanden.“

Das sogenannte „Elferl“, ein Teich, ist derzeit so recht und schlecht mit Wasser gefüllt, im Sommer lässt sich hier nicht mehr baden wie einst, erzählen die Groß-Enzersdorfer. Der Bevölkerung schwindet das Naherholungsgebiet unter den Füßen weg, den Tieren die Wasserstellen. „Ich habe auf Plätzen hier in der Nähe meine ersten Hirsche fotografiert. Da war dieser Arm vom linken bis zum rechten Ufer 25 Meter breit unter Wasser. Heute können sie mit Halbschuhen durch das Schilf gehen und es ist kein Tropfen Wasser dort“, schildert Kurt Kracher seine Eindrücke. Kracher ist Berufsfotograf, ein Au-Kenner und Mitbetreiber des Lobau-Museums Wien.

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Die orangen Punkte skizzieren die Grundwassermesspunkte und Sperrbrunnen rund um das Tanklager

160 Liter Wasser pro Sekunde werden abgepumpt

Wesentlich schuld an der Misere, sagen die Groß-Enzersdorfer, sind alte Tanklager auf Wiener Stadtgebiet, die nicht saniert werden können, erklärt Stadtrat Vanek. "Wir haben einen problematischen Nachbarn hier im Nationalpark, sage ich immer, und zwar ist das das Tanklager. Durch Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg ist dort Öl und Treibstoff ausgeflossen. Es ist im Boden versickert und kann technisch nicht entsorgt werden. Darum wurden starke Pumpen in sogenannten Sperrbrunnen errichtet, die laufend Wasser von der Lobau weg pumpen.

2009 wurden rund um das Tanklager Spundwände als Sicherung 20 Meter tief in den Boden getrieben. Eine erfolgreiche Maßnahme, wie das Umweltbundesamt vor Jahren bestätigte. Das Abpumpen von rund 160 Liter Wasser in der Sekunde könnte seit Jahren beendet werden, ärgern sich die Großenzersdorfer. „Da ist Niederösterreich und dort ist Wien. Wir sind aber beim Wasser für die Lobau von den Wiener Entscheidungen abhängig und dass da nichts weiter geht, ist eine Katastrophe“, so Margit Huber (Grüne) aus Groß-Enzersdorf, die sich wundert, dass die Behörden in den vielen Jahren wenig bewegt hätten.

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Kurt Kracher/ Lobaumuseum Wien
Ein ausgetrockneter Altarm der oberen Lobau im Sommer

Der Ball wird hin und her gespielt

Die zuständige MA 45 der Stadt Wien erläuterte auf Anfrage von noe.ORF.at, man habe aus Kosten- und Wartungsgründen lebhaftes Interesse an einem Ende des Abpumpens. Da mehr als 100.000 potenzielle Wasserabnehmer von der Trinkwasserreserve Lobau betroffen seien, liege die Entscheidung aber beim Landwirtschaftsministerium.

Das Landwirtschaftsministerium erklärt in einer schriftlichen Stellungnahme: „Da bisher zur Funktionsfähigkeit der Sicherungsmaßnahmen im Bereich der Altlast Tanklager Lobau kein gesicherter Nachweis gegeben ist, wurde im fachlichen Gutachten gefordert, die Außerbetriebnahme der Sperrbrunnenreihe Lobau durch ein Monitoring zu begleiten. Derzeit ist die Stadt Wien aufgefordert, zum fachlichen Gutachten Stellung zu nehmen.“

Es geht also munter zwischen den Behörden hin und her. In Groß-Enzersdorf geht zudem seit Jahren die Vermutung als Gerücht um, dass man die Lobau austrocknen lasse, weil sich so der umstrittene Lobautunnel leichter graben ließe. Aber solche wilden Spekulationen blühen offenbar, wenn lange nichts geschieht.